Mit dem neuen finanzpolitischen Kurs hat die Bundesregierung den Weg für eine umfassende Modernisierung öffentlicher Infrastrukturen geebnet. Neben klassischen Handlungsfeldern wie Mobilität, Energie und Digitalisierung treten zunehmend Anforderungen in den Fokus, die sich aus sicherheitspolitischen und geopolitischen Entwicklungen ergeben.
Für öffentliche Träger – von Kommunen über Landesbehörden bis zu Bundesinstitutionen – entstehen neue Gestaltungsspielräume. Gleichzeitig steigen die Anforderungen an Planungssicherheit, Umsetzungsgeschwindigkeit und rechtliche Compliance.
Unsere 10 Fragen und Antworten geben Orientierung im Spannungsfeld zwischen Modernisierung, Sicherheit und Zukunftsfähigkeit.
Mathias Oberndörfer
Bereichsvorstand Öffentlicher Sektor & Law
KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft
Im Fokus
10 Fragen und Antworten für den öffentlichen Sektor
Im Zentrum stehen umfangreiche Modernisierungsmaßnahmen in sicherheitskritischen und zukunftsrelevanten Bereichen. Dazu zählen insbesondere die Sanierung von Verkehrswegen, die Ertüchtigung von Brücken, der Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs, der Aufbau digitaler Verwaltungsinfrastrukturen sowie Investitionen in Energieeffizienz und Versorgungssicherheit. Auch die Resilienz kritischer Infrastrukturen – etwa im Gesundheitswesen, in der Wasser- oder Stromversorgung – rückt verstärkt in den Fokus.
Das Sondervermögen gemäß Artikel 143h GG eröffnet neue finanzielle Spielräume für Investitionen, die bisher durch Haushaltsgrenzen gebremst wurden. Es ist ausschließlich für zusätzliche Maßnahmen vorgesehen – also für Projekte, die bislang weder geplant noch finanziert waren. Öffentliche Träger können nun gezielter in Transformations-, Digitalisierungs- und Infrastrukturprojekte investieren, sofern sie förderfähig und strategisch eingebettet sind. Gleichzeitig sind weiterhin wirtschaftliche Plausibilität und konforme Ausgestaltung nach Haushalts-, Vergabe- und Beihilferecht gefordert.
Digitalisierung ist ein zentraler Hebel zur Effizienzsteigerung und zur Entlastung der Verwaltung. Digitale Genehmigungsprozesse, automatisierte Workflows, zentrale Portale und cloudbasierte Fachverfahren ermöglichen schlankere und schnellere Abläufe. Ziel ist es, Bearbeitungszeiten deutlich zu verkürzen, Transparenz zu erhöhen und gleichzeitig die Qualität der Umsetzung zu verbessern. Initiativen wie der „Deutschland-Stack“ oder die eID-Wallet bilden hierfür den technologischen Rahmen.
Viele Programme auf Bundesebene – etwa im Rahmen des DigitalPakts, der Klimainvestitionsoffensive oder der Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) – richten sich explizit an Länder und Kommunen. Auch im Sondervermögen sind 100 Milliarden Euro für Investitionen von Ländern und Kommunen vorgesehen. Voraussetzung ist in der Regel ein qualifizierter Projektantrag mit klarer Zieldefinition, Finanzierungsstruktur und Nutzenargumentation. Frühzeitige Projektentwicklung, Plausibilisierung und Vergabestrategie sind entscheidend für den Fördererfolg.
Infrastrukturprojekte werden zunehmend auch unter sicherheitsbezogenen Gesichtspunkten bewertet. Dazu zählen beispielsweise die Tragfähigkeit von Brücken für militärische Transporte, die Kennzeichnung von Marschrouten mit MLC-Schildern, die Erweiterung von Rastplätzen entlang strategischer Verkehrsachsen oder Anforderungen an Notstromversorgung, Cybersicherheit und redundante Kommunikation. Diese Vorgaben fließen nicht nur in die technische Ausgestaltung ein, sondern können auch Auswirkungen auf Förderfähigkeit und Planungspriorität haben.
Das öffentliche Vergaberecht bleibt zentraler Rahmen für Transparenz, Gleichbehandlung und Wirtschaftlichkeit. Gleichzeitig werden digitale Vergabeplattformen (z. B. e-Vergabe, DTVP) und neue Instrumente wie Innovationspartnerschaften verstärkt genutzt. Es gibt Bestrebungen, Verfahren bei strategischen Großprojekten zu vereinfachen – etwa durch Anerkennung gleichwertiger internationaler Zertifizierungen oder durch Erleichterungen bei Dringlichkeit und Systemrelevanz. Dennoch gilt: Eine sorgfältige und rechtssichere Verfahrensgestaltung bleibt essenziell.
ÖPP-Modelle können gerade bei komplexen Projekten im Bereich Verkehr, Bildung oder IT-Infrastruktur Effizienzpotenziale heben. Die frühzeitige Einbindung privater Expertise, Technologien und Finanzierungsmodelle ermöglicht eine wirtschaftliche Umsetzung und eine risikobewusste Projektstruktur. Voraussetzung ist eine fundierte Wirtschaftlichkeitsuntersuchung, klare Governance-Strukturen und eine langfristige Vertragsgestaltung, die sowohl Steuerbarkeit als auch Flexibilität sicherstellt.
Technische Interoperabilität, offene Schnittstellen und die Kompatibilität mit europäischen und nationalen Standards sind entscheidend für nachhaltige Investitionen. Dies gilt besonders für digitale Verwaltungsplattformen, Cloud-Infrastrukturen, Sicherheitssysteme oder KI-Anwendungen. Normierungsinitiativen wie Gaia-X, der EU AI-Act oder Standardisierungsvorgaben im Bereich IT-Sicherheit bieten dabei Orientierung. Wer zukunftsfähige Projekte realisieren möchte, sollte diese Standards frühzeitig berücksichtigen.
Die Umsetzung der Investitionsoffensive erfordert neue Kompetenzen – in Technik, Projektmanagement, Vergaberecht und digitaler Transformation. Der Bund und viele Länder fördern gezielt Qualifizierungsmaßnahmen, u. a. über Verwaltungsakademien, E-Learning-Plattformen und Kooperationen mit Hochschulen. Auch der Aufbau interdisziplinärer Projektteams, die Einrichtung von Transformationsbüros oder das Onboarding externer Expertise kann den Kompetenzaufbau unterstützen.
Gerade bei ressortübergreifenden Themen wie Klimaanpassung, Digitalisierung oder Sicherheitsvorsorge ist eine enge Zusammenarbeit zwischen Bund, Ländern und Kommunen entscheidend. Gemeinsame Steuerungsgremien, abgestimmte Planungsansätze und zentrale Plattformen zur Projektverfolgung sorgen für Synergien und verhindern Reibungsverluste. Fördermittel werden zunehmend auch an Kooperationsbereitschaft und integrierte Planungsansätze geknüpft.