Angesichts zunehmender Cyberangriffe und eines anhaltenden Mangels an Fachkräften kann der Einsatz von künstlicher Intelligenz (KI) dazu führen, dass produzierende Unternehmen widerstandsfähiger und zukunftsorientierter werden. Die fortschreitende Vernetzung industrieller Anlagen – im Kontext der sogenannten Operational Technology (OT) – erhöht jedoch zugleich die Gefahr von netzwerkbedingten Produktionsausfällen und Cyberangriffen. Während für IT-Systeme über Jahrzehnte hinweg Sicherheitsmaßnahmen etabliert wurden, ist das Sicherheitsniveau von OT-Systemen vielfach unzureichend. Die Kombination aus veralteten Betriebssystemen und Steuerungskomponenten sowie der zunehmende Vernetzungsdruck führen dazu, dass industrielle Systeme immer anfälliger für Cyberangriffe werden und herkömmliche Sicherheitsmaßnahmen nicht mehr ausreichen, um Bedrohungen effektiv abzuwehren. Dies gefährdet nicht nur die IT-Infrastruktur, sondern auch Produktionsqualität und Betriebskontinuität.
KI als virtueller Security-Mitarbeiter
Der Mangel an qualifizierten Fachkräften stellt eine zunehmende Herausforderung für den Betrieb von Cybersicherheitsstrukturen dar. KI-basierte Lösungen bieten hier einen konkreten Ansatz zur Entlastung: Sie automatisieren Routineaufgaben, entlasten Sicherheitsteams und schaffen Freiräume für komplexe und strategisch relevante Aufgaben.
Ein zentrales Einsatzfeld von KI liegt im automatisierten Erkennen vernetzter Systeme. Für das Unternehmensmanagement bedeutet das: vollständige Transparenz über kritische IT- und OT-Strukturen. Auf Basis der Kommunikation von Maschinen und Systemen kann KI eine nahezu vollständige und stets aktuelle Übersicht über die IT- und OT-Infrastruktur erstellen – ein wesentlicher Schritt, da viele Unternehmen nur über eine lückenhafte oder veraltete Systemdokumentation verfügen.
Durch die kontinuierliche Analyse dieser Kommunikationsmuster identifiziert die KI wesentliche Informationen der vorhandenen Systeme, wie Hersteller, Software und Kommunikationsbeziehungen. So entsteht ein zentrales und laufend aktualisiertes Asset-Inventar. Gleichzeitig erkennt die KI potenzielle Sicherheitslücken und bewertet, welche Gegenmaßnahmen den größten Sicherheitsgewinn versprechen.
Ein weiterer Anwendungsbereich: die Echtzeit-Erkennung von Anomalien im Netzwerkverkehr. Die KI kann das normale Betriebsverhalten lernen und in Echtzeit verdächtige Abweichungen erkennen, die auf Cyberangriffe oder interne Sicherheitsvorfälle hindeuten.
Alexander Hauke
Senior Manager, Consulting
KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft
KI gegen fortschrittliche Bedrohungen
Nicht nur Unternehmen setzen auf KI – auch Cyberkriminelle nutzen maschinelles Lernen und KI-Techniken, um ihre Angriffe zu optimieren. Automatisierte Malware-Generierung, KI-gesteuerte Phishing-Kampagnen und adaptive Angriffsstrategien machen herkömmliche Sicherheitsansätze zunehmend ineffektiv.
Besonders in industriellen Umgebungen, in denen Cyberangriffe nicht nur finanzielle, sondern auch physische Schäden verursachen können, ist eine vorausschauende Sicherheitsstrategie essenziell. KI-basierte Cybersecurity spielt hier eine entscheidende Rolle: Durch den Einsatz von selbstlernenden Algorithmen kann sich das System in Echtzeit an neue Bedrohungen anpassen, Angriffe bereits in der Planungsphase identifizieren und bisher unbekannte Angriffsmuster erkennen.
Erfolgsfaktoren für den Einsatz in der Cybersecurity
Der erfolgreiche Einsatz von KI – und damit auch eine Steigerung von Effizienz und Reifegrad in der Cybersicherheit – hängt maßgeblich von den richtigen Rahmenbedingungen ab. Wie beschrieben, spielt KI insbesondere in den Bereichen Asset-Erkennung und -Visualisierung, Risikobewertung sowie Identifikation von Anomalien eine zunehmend zentrale Rolle. Ihr volles Potenzial entfaltet sie jedoch nur unter bestimmten Voraussetzungen:
Datenqualität und -verfügbarkeit
KI-Modelle benötigen hochwertige Daten, um zuverlässig Systeme und Bedrohungen zu erkennen. Dafür sollten Security-Logs, Netzwerk- und Sensordaten umfassend und kontinuierlich erfasst werden.
Integration in bestehende Security-Strukturen
Governance
Der Einsatz von KI und zugehörigen Tools erfordert klare Zuständigkeiten und ein regelmäßiges Überprüfen der Systeme. Ohne strukturelle Verankerung besteht die Gefahr, dass die entstandenen Vorteile ungenutzt bleiben, Systeme veralten und Fehlentscheidungen getroffen werden.
Fazit: KI gegen steigende Cyberbedrohungen
Die wachsenen Anforderungen an die Cybersecurity und der Mangel an qualifizierten Fachkräften machen eine Automatisierung unumgänglich. KI kann Unternehmen dabei unterstützen, Bedrohungen effizienter zu erkennen, schneller darauf zu reagieren und ihre Resilienz zu stärken. Entscheidend ist dabei die richtige Balance: Wer KI als intelligente Ergänzung und nicht als alleinige Lösung betrachtet, wird langfristig mehr Erfolg haben. Unternehmen, die den Einsatz KI-gestützter Sicherheitslösungen gezielt vorantreiben, schaffen die Voraussetzungen für ein höheres Schutzniveau – eine lohnende Investition in Sicherheit und Qualität.