Streit um Immobilienwert bei Schenkung
Die Schenkung einer Immobilie kann bei Überschreitung der gesetzlich festgelegten Freibeträge zur Schenkungsteuer führen. Da allerdings bei einer Schenkung kein Kaufpreis existiert, stellt sich die Frage nach dem schenkungsteuerlichen Wert der Immobilie. Ein Urteil des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg vom 18.12.2024 (Az.: 16 K 17071/23) verdeutlicht, dass hierbei erhebliche Schwankungen auftreten können. Während der Steuerpflichtige von einem Wert von etwa 3,6 Millionen Euro ausging, setzte das Finanzamt für das übertragene Mietshaus einen Wert von rund 8,7 Millionen Euro fest.
Grundlage der Bewertung
Wie kommt es zu solchen Abweichungen? Laut Steuerrecht ist die Bemessungsgrundlage der Grundbesitz- oder Bedarfswert. Dieser wird gemäß den Regelungen des Bewertungsgesetzes in einem standardisierten Verfahren mit vielen Typisierungen berechnet. Bei einem Mietshaus wird der Ertragswert ermittelt, indem die Miete über die Nutzungsdauer des Gebäudes mit dem sogenannten Liegenschaftszins kapitalisiert und der Bodenwert hinzugefügt wird.
Jürgen Lindauer
Director, Tax
KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft
Sonderfälle und Gutachten als Mittel zur Wertkorrektur
Dieses Verfahren berücksichtigt jedoch keine Sonderfälle wie fehlende Instandsetzungen, Lärm oder Hanglagen. Das Bewertungsgesetz ermöglicht es dem Steuerpflichtigen, durch ein Gutachten eines Sachverständigen einen niedrigeren Wert als den Steuerwert nachzuweisen. Im vorliegenden Fall hat der Steuerpflichtige ein solches Gutachten erstellen lassen. Es wurde daraufhin darüber gestritten, ob bei der Ermittlung des Wertes für den Grund und Boden die tatsächliche bauliche Nutzung oder die des Bebauungsplans maßgeblich ist.
Wie Bodenrichtwerte zustande kommen
Allgemein wird der Wert für den Grund und Boden aus dem Produkt von Grundstücksfläche und Bodenrichtwert ermittelt. Die Bodenrichtwerte werden von lokalen Gutachterausschüssen flächendeckend ermittelt. Der Gutachterausschuss bildet Richtwertzonen, die Gebiete umfassen, die nach Art und Maß der Nutzung weitgehend übereinstimmen. Für jede Zone wird ein Richtwert pro Quadratmeter für ein Referenzgrundstück mit bestimmten Merkmalen festgelegt. Dabei spielt die Geschossflächenzahl eine entscheidende Rolle. Sie bestimmt vereinfacht gesagt, wie viele Stockwerke auf einem Grundstück gebaut werden dürfen. Je höher die Geschossflächenzahl eines Grundstücks ist, desto höher ist auch der Wert des Bodens. Weicht die Geschossflächenzahl des zu bewertenden Grundstücks von der des Referenzgrundstücks ab, wird der Bodenrichtwert angepasst.
Geschossflächenzahl beeinflusst Bodenwert
Im Urteilsfall ging es darum, ob die tatsächliche Geschossflächenzahl von 4,16 oder die nach dem Bebauungsplan zulässige Geschossflächenzahl von 1,5 maßgeblich ist. Beträgt der Bodenrichtwert bei einer Geschossflächenzahl von 1,5 beispielsweise 1.000 Euro, erhöht sich dieser nach der Berechnungstabelle des Gutachterausschusses bei einer Geschossflächenzahl von 4,16 auf etwa 2.170 Euro – mehr als das Doppelte.
Entscheidung vertagt – Warten auf Revisionsverfahren
Das Finanzgericht Berlin-Brandenburg hat jedoch zu Ungunsten des Steuerpflichtigen entschieden, dass die höhere tatsächlich vorhandene bauliche Nutzung maßgeblich ist und nicht die geringere gemäß dem Bebauungsplan zulässige. Allerdings wurde Revision eingelegt, sodass der Bundesfinanzhof (Az. II R 7/25) hierüber erstmals zu entscheiden hat. Zudem ist auf ein weiteres aktuelles Revisionsverfahren (Az. II R 7/24) gegen das Urteil des Finanzgerichts München in gleicher Sache hinzuweisen. Bei Immobilienschenkungen sollte daher den Bodenrichtwerten und den anzuwendenden Geschossflächenzahlen besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden.