Globale Zahlungssysteme sind im Umbruch. Während Bargeld an Bedeutung verliert, arbeiten Zentralbanken weltweit an digitalem Zentralbankgeld – nicht nur als technische Innovation, sondern als geopolitisches Werkzeug zur Stärkung finanzieller Souveränität. Für Treasury-Abteilungen stellt sich nicht mehr die Frage ob, sondern wann und wie sich CBDCs auf Liquiditätsmanagement, Zahlungsabwicklung und Bankintermediation auswirken werden. Dieser Beitrag beleuchtet aktuelle Entwicklungen zahlreicher nationaler und internationaler Projekte und Initiativen in den unterschiedlichen Ländern und Regionen. Anschließend beschäftigen wir uns damit, welche relevanten Veränderungen Treasury-Funktionen in den kommenden Jahren erwarten könnten.

In der aktuellen geopolitischen Landschaft, die von starken Gegenwinden gegen die finanzielle Globalisierung geprägt ist, gewinnt das Thema der digitalen Zentralbankwährungen eine besondere Bedeutung. Dabei bemühen sich viele Länder darum, ihre Bankensysteme so zu gestalten, dass sie weniger anfällig für externe Einflüsse sind. So hat Russland mit SPFS eine Alternative zu SWIFT entwickelt, China baut mit CIPS ein eigenes grenzüberschreitendes Zahlungssystem aus, und Indien setzt mit UPI auf eine nationale Lösung, die zunehmend international genutzt wird. In ähnlicher Weise verfolgt die Europäische Union mit dem Projekt des digitalen Euro das Ziel, die „strategische Autonomie und geldpolitische Souveränität Europas“ zu unterstützen und „zur Wettbewerbsfähigkeit und Widerstandsfähigkeit [Europas] Zahlungsverkehrslandschaft gegenüber Zahlungsdienstlern aus dem nichteuropäischen Ausland“ beizutragen.1

Parallel dazu werden dezentrale Finanztechnologien (DeFi) vermehrt als eigenständiger Innovationsbereich erkannt, der neue Möglichkeiten für Finanztransaktionen jenseits traditioneller Infrastrukturen eröffnet. Diese basieren auf Blockchain-Infrastrukturen und ermöglichen Finanztransaktionen ohne zentrale Intermediäre. Insbesondere in geopolitisch sensiblen Kontexten gelten sie als interessante Alternative, da sie grenzüberschreitende Zahlungen ermöglichen, die weitgehend unabhängig von traditionellen Finanzsystemen sind. Gleichzeitig zeigt sich jedoch, dass Stabilität und Wertbeständigkeit weiterhin eine zentrale Rolle spielen, weshalb Stablecoins, die an etablierte Währungen gekoppelt sind, zunehmend an Bedeutung gewinnen und als Brücke zwischen volatilen dezentralen Währungen und stabilen Zahlungsmitteln fungieren.

Internationale Beispiele und Piloten

In diesem Kontext steigt auch das Interesse an digitalen Zentralbankwährungen, was sich in einer zunehmenden Zahl an Pilotprojekten, Studien und internationalen Kooperationen widerspiegelt. Solche digitalen Währungen vereinen das Bestreben nach staatlicher Souveränität mit dem Anspruch technologischer Innovation und Elementen dezentraler Infrastruktur: Sie ermöglichen einen national kontrollierbaren Zahlungsverkehr, der nicht über ausländische Infrastrukturen abgewickelt werden muss, und fördern gleichzeitig die Effizienz, Transparenz und Geschwindigkeit digitaler Zahlungen. Im Jahr 2024 machte Bargeld nur noch 24 % aller alltäglichen Zahlungen im Euroraum aus – gegenüber 40 % im Jahr 2019 –, was die wachsende Bedeutung einer digitalen Alternative zum Bargeld unterstreicht.2 Die Definition und die fachlichen Inhalte von digitalen Zentralbankwährungen haben wir bereits in Ausgabe 134 unseres Newsletters vom 20.07.2023 ausführlich diskutiert. Durch technologische Entwicklungen hat dieses Thema jedoch heute sowohl theoretische als auch praktische Relevanz erlangt.

Einige Länder sind bereits Vorreiter bei der Einführung digitaler Zentralbankwährungen. Beispielsweise bieten die Bahamas seit 2020 den „Sand Dollar“ und Nigeria seit 2021 die „eNaira“ als digitale Währungen an. Diese Projekte liefern wertvolle und lehrreiche Einsichten in die potenziellen Auswirkungen solcher Initiativen. Doch die weltweit bedeutendste Initiative in diesem Bereich ist in China zu beobachten, wo ein solches Projekt für „e-CNY“ seit 2020 in der Testphase ist und schrittweise in mehreren Regionen eingeführt wird.3 Bis Juni 2024 haben die erfolgten Transaktionen der von der Chinesischen Volksbank ausgegebenen digitalen Währung sogar einen Gesamtwert von 7 Billionen Yuan (etwa 982 Milliarden US-Dollar) erreicht4, was nahezu einer Vervierfachung gegenüber dem Stand von Juni 2023 entspricht.5 Es wurden zudem Initiativen vorgenommen, die die Nutzung der digitalen Währung in anderen Ländern für Yuan-Zahlungen ermöglichen, wie z.B. in Vietnam und Kambodscha.6

Um die Akzeptanz und Nutzung des e-CNY zu fördern, verfolgt China eine Vielzahl gezielter Maßnahmen. Dazu zählen staatlich initiierte Pilotprojekte in Großstädten wie Shenzhen, Suzhou und Peking, bei denen Bürger digitale Yuan über Lotterien oder Subventionen erhalten konnten.Der e-CNY wurde zudem in bestehende digitale Ökosysteme integriert, etwa durch Kompatibilität mit weit verbreiteten Zahlungsplattformen wie Alipay und WeChat Pay.8 Darüber hinaus wird der digitale Yuan im öffentlichen Dienst schrittweise als Zahlungsmittel eingeführt, etwa für Löhne, Sozialleistungen oder Steuern.9 Auch im grenzüberschreitenden Kontext fördert China Kooperationen – etwa mit Hongkong oder Ländern in Südostasien –, um die internationale Nutzung des e-CNY zu ermöglichen. Diese Kombination aus technologischer Integration, finanziellen Anreizen und institutioneller Unterstützung soll das Vertrauen in die neue Währungsform stärken und ihre Verbreitung beschleunigen.

Bereits im September 2024 hatten 134 Länder, die 98 % der globalen Wirtschaft repräsentieren, verschiedene Initiativen zur Erforschung des Einsatzes von digitalen Zentralbankwährungen gestartet.10 Es gibt jedoch auch Länder, die digitalen Zentralbankwährungen bislang skeptisch gegenüberstehen oder ihre Haltung in jüngster Zeit grundlegend überdacht haben. Beispielsweise wurde in den Vereinigten Staaten im Januar 2025 den Behörden untersagt, Maßnahmen zur Einführung, Ausgabe oder Förderung digitaler Zentralbankwährungen im Zuständigkeitsbereich der Vereinigten Staaten oder im Ausland zu ergreifen.11 Auch der Fed-Chef Jerome Powell erklärte im Februar 2025, dass die Zentralbank unter seiner Leitung (also bis Mai 2026) keine eigene digitale Währung entwickeln werde.12 Der Erlass ordnete außerdem die sofortige Einstellung aller laufenden CBDC-Programme an und schuf eine "Working Group on Digital Asset Markets", die unter anderem Regelungsentwürfe für digitale Assets und Stablecoins innerhalb von sechs Monaten vorlegen soll. In diesem Zusammenhang ist künftig mit einer zunehmenden Konkurrenz zwischen Stablecoins und digitalen Zentralbankwährungen zu rechnen, deren Entwicklung in den kommenden Jahren aufmerksam verfolgt werden sollte.

Der weltweite Trend rund um die digitalen Zentralbankwährungen hat auch zu einer zunehmenden Zahl von Studien geführt, die sich mit der Interoperabilität digitaler Zentralbankwährungen verschiedener Länder befassen. Ziel dieser Untersuchungen ist es, grenzüberschreitende Zahlungen effizienter, kostengünstiger und schneller zu gestalten, etwa durch gemeinsame technische Standards, abgestimmte rechtliche Rahmenbedingungen und die Entwicklung multilateraler Abwicklungsplattformen.

Ein prominentes Beispiel ist das Projekt mBridge, an dem seit 2021 die Chinesische Volksbank, Hongkongs Währungsamt sowie die Zentralbanken von Thailand, Vereinigten Arabischen Emiraten sowie Saudi-Arabien (seit 2024) gemeinsam arbeiten und viele andere Länder und internationale Organisationen als Beobachtermitglieder teilnehmen13. Ziel dieses Pilotprojekts ist die Schaffung einer gemeinsamen Plattform, über die digitale Zentralbankwährungen dieser Länder in Echtzeit für grenzüberschreitende Zahlungen eingesetzt werden können. Dabei werden Transaktionen direkt zwischen den nationalen CBDCs abgewickelt, ohne dass ein zwischengeschaltetes Korrespondenzbankensystem erforderlich ist. Langfristig können derartige Vernetzungen nationaler CBDCs insbesondere für die Treasury-Abteilungen internationaler Unternehmen zu einer deutlichen Reduzierung der Bankgebühren sowie zu erheblich schnelleren Abwicklungszeiten internationaler Transaktionen führen.

CBDC Technologien

Je nach Land und Projekt kommen bei den CBDC-Projekten unterschiedliche Technologien zum Einsatz, um die technische Umsetzung digitaler Währungen zu ermöglichen. In diesem Kontext lassen sich hauptsächlich drei wesentliche Aspekte unterscheiden: das Operationsmodell, die IT-Infrastruktur und die Benutzerauthentifizierung.14

Das Operationsmodell beschreibt, welche Akteure an der Ausgabe und Verwaltung der digitalen Währung beteiligt sind. Dabei stellt sich die Frage, ob die Zentralbank sämtliche operativen Aufgaben – etwa Kontoführung, Transaktionsabwicklung oder Maßnahmen zur Geldwäscheprävention – selbst übernimmt (direktes Modell) oder diese Aufgaben an Finanzintermediäre wie Geschäftsbanken oder Zahlungsdienstleister delegiert (indirektes Modell). Häufig wird auch ein hybrider Ansatz gewählt, bei dem die Zentralbank die Währung emittiert, während ausgewählte Intermediäre den direkten Kontakt zu den Endnutzern übernehmen.

Hinsichtlich der IT-Infrastruktur kommen sowohl zentralisierte Systeme als auch dezentrale Technologien – etwa Distributed Ledger Technologies (DLT) – zum Einsatz. Während zentrale Systeme eine hohe Effizienz und Kontrollierbarkeit bieten, versprechen DLT-basierte Ansätze mehr Transparenz, Ausfallsicherheit und potenziell größere Resilienz gegen Cyberangriffe. Die konkrete Wahl hängt oft von der angestrebten Skalierbarkeit, Governance-Struktur und nationalen IT-Rahmenbedingungen ab.

Auch bei der Benutzerauthentifizierung existieren unterschiedliche Modelle. Grundsätzlich wird zwischen kontobasierten und tokenbasierten Ansätzen unterschieden. Kontobasierte CBDCs erfordern eine eindeutige Identifikation der Nutzer und eignen sich besonders für eine enge Integration in bestehende Bankeninfrastrukturen. Tokenbasierte Modelle hingegen ermöglichen prinzipiell anonymisierte Transaktionen – vergleichbar mit Bargeld – und könnten so insbesondere für kleinere Zahlungen im Alltag attraktive Eigenschaften bieten. Sie stellen jedoch größere Herausforderungen im Hinblick auf regulatorische Anforderungen wie KYC (Know Your Customer) und AML (Anti-Money Laundering) dar.

Trotz des wachsenden Interesses an digitalen Zentralbankwährungen stellt ihre praktische Umsetzung eine erhebliche Herausforderung dar. Die Entwicklung und Einführung einer CBDC erfordert nicht nur technologische Innovation, sondern auch tiefgreifende regulatorische, ökonomische und gesellschaftliche Anpassungen. In Pilotstudien und Testphasen wird daher an einer Vielzahl komplexer Fragestellungen gearbeitet. Dazu gehören etwa die Gewährleistung von Datenschutz und Cybersicherheit, die Ausgestaltung effizienter Mechanismen zur Geldwäscheprävention und Nutzeridentifikation, die Sicherstellung der Interoperabilität mit bestehenden Zahlungssystemen sowie die Steuerung geldpolitischer Auswirkungen.

Darüber hinaus sind auch Fragen der technologischen Infrastruktur – etwa hinsichtlich Skalierbarkeit, Energieeffizienz und Ausfallsicherheit – sowie der Nutzerakzeptanz und -freundlichkeit von zentraler Bedeutung. Die Wahl der genauen Infrastruktur hat außerdem weitreichende Auswirkungen auf die Privatsphäre der Nutzer. Deshalb beschäftigen sich viele Pilotprojekte intensiv damit, die verschiedenen technischen Optionen hinsichtlich ihrer Folgen für Datenschutz und Nutzerrechte zu evaluieren. Dabei gilt es, einen sensiblen Ausgleich zu finden: Zum einen sollen die Nutzerrechte und die Vertraulichkeit von Transaktionen geschützt werden, zum anderen müssen regulatorische Anforderungen wie die Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung strikt eingehalten werden. 

Eine intensiv diskutierte Lösung besteht darin, anonyme Zahlungen bis zu einem festgelegten Höchstbetrag zuzulassen, um den Schutz der Privatsphäre im Alltag zu gewährleisten, während größere Transaktionen strengeren Identifikations- und Kontrollmechanismen unterliegen.15 Diese Vielzahl an technisch-institutionellen Schnittstellen macht deutlich, dass CBDCs weit mehr sind als ein rein technologisches Projekt – sie berühren fundamentale Aspekte des modernen Finanzsystems.

Stand und Ausblick für den „D€“ (Digitaler Euro)

Auch die Europäische Union arbeitet intensiv an der Entwicklung und Einführung des digitalen Euros (Digital Euro, D€). Die offizielle Vorbereitungsphase wurde bereits im November 2023 eingeleitet16, wobei das übergeordnete Ziel darin besteht, die strategische Autonomie Europas im digitalen Zahlungsverkehr zu stärken17 und eine souveräne digitale Währung bereitzustellen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass außereuropäische Zahlungsdienstleister zurzeit etwa zwei Drittel der Kreditkartentransaktionen im Euroraum abwickeln.18

Im veröffentlichten Zeitplan ist vorgesehen, dass bis Oktober 2025 das sogenannte „Rulebook“ – ein umfassendes Regelwerk zur technischen und regulatorischen Umsetzung – vorgelegt wird19.

Der aktuelle Entwurf des Rulebooks wurde gemeinsam mit Verbraucherverbänden, Banken und Händlern erarbeitet und basiert auf über 2.500 Rückmeldungen. Er enthält Vorgaben dazu, wie Zahlungen mit dem digitalen Euro künftig funktionieren sollen – zum Beispiel bei der Nutzung im Geschäft, online oder zwischen Privatpersonen. Dabei geht es u.a. um einheitliche Regeln für die Nutzerfreundlichkeit, technische Abläufe, Sicherheitsanforderungen und den Schutz vor Betrug. Auch neue Funktionen wie das Bezahlen per QR-Code oder Link sowie die Möglichkeit, den digitalen Euro offline zu nutzen, sind vorgesehen. Diskutiert werden außerdem Kontogrenzen für Privatpersonen und die Rolle der Banken bei der Bereitstellung des digitalen Euros. Die finale Entscheidung über die Einführung trifft der EZB-Rat jedoch erst, wenn die EU-Gesetzgebung abgeschlossen ist.

Die Komplexität und der Umfang des Projekts spiegeln sich auch in den Kosten wider: Für extern vergebene Aufträge wurden bislang Ausgaben in Höhe von rund 1,2 Milliarden Euro veranschlagt, die nicht die Kosten der technischen Infrastruktur beinhalten.20 Diese Summe verdeutlicht den hohen Stellenwert, den die EU diesem Vorhaben beimisst, sowie die umfangreichen technischen, rechtlichen und organisatorischen Herausforderungen, die mit der Einführung eines digitalen Zentralbankgeldes auf EU-Ebene verbunden sind.

In diesem Kontext stellt sich die Frage der Relevanz für Corporates und deren Treasuryfunktion. Denn ein zentraler Bestandteil des digitalen Euros ist das geplante Kontolimit, das eine maximale Obergrenze für Guthaben auf digitalen Euro-Konten festlegt. Die Europäische Zentralbank (EZB) sieht darin ein wichtiges Instrument zur Sicherung der Finanzstabilität21. Hintergrund ist, dass ein unbegrenzter Zufluss von Mitteln aus Geschäftsbanken auf digitale Euro-Konten zu einem schnellen Abzug von Liquidität aus dem Bankensektor führen könnte. Dies würde die Refinanzierungsmöglichkeiten der Banken einschränken und potenziell die Kreditvergabe an Unternehmen und Privatpersonen erschweren. Im Allgemeinen sind Banken laut EZB weiterhin als ein zentraler Bestandteil des Plans vorgesehen, da beaufsichtigte Finanzintermediäre wie Banken eine Schlüsselrolle bei der Verteilung des digitalen Euros übernehmen sollen.22

Derzeit werden zunächst Beträge von lediglich zwischen etwa 500 und 3.000 Euro als mögliche Obergrenze für das Guthaben in einer digitalen Euro-Wallet diskutiert. Zahlungen, die diese Grenze überschreiten, könnten jedoch über ein „Waterfall-System“ abgewickelt werden, bei dem die erforderlichen zusätzlichen Mittel automatisch von einem verknüpften Bankkonto abgebucht werden.23 Endgültige Entscheidungen zu diesen Fragestellungen sind jedoch bislang noch nicht getroffen worden. 

Diese Punkte sind aus Treasury-Sicht wichtig, da sie einen Fokus auf den Endverbraucher darstellen und beeinflussen, inwieweit die digitale Währung für B2B-Tranksaktionen in Frage kommt.24 Der digitale Euro ist bisher primär auf Retail-Transaktionen, B2C und Privatbereich ausgelegt – mit Nutzungsgrenzen, Offline-Funktionalität und Datenschutzmerkmalen, die insbesondere für Privatpersonen entwickelt wurden. In Bezug auf die Zahlungstypen hat sich das Projekt des digitalen Euro bislang auf Person-to-Person-Zahlungen (P2P), Zahlungen am Point of Sale (POS), im E-Commerce sowie auf staatliche Transaktionen (G2X und X2G) einschließlich automatisch auszulösender Zahlungen25. Geschäftszahlungen (B2B) hingegen markieren einen weiteren Entwicklungsschritt, dem die EZB jüngst verstärkt Aufmerksamkeit gewidmet hat26.

Für klassische B2B-Zahlungen mit größeren Volumina oder regelmäßiger Abwicklung bleibt also zunächst offen, ob und wie eine Integration erfolgen kann. Die Integration von B2B-Funktionalitäten würde den digitalen Euro deutlich relevanter für das Treasury großer Unternehmen machen und sein Einsatzpotenzial über den Konsumbereich hinaus erweitern. Treasury-Teams sollten daher prüfen, in welchen Anwendungsfällen CBDCs tatsächlich Relevanz entfalten könnten – z.B. bei Rückerstattungen an Kunden, Bonusprogrammen oder Micropayments in digitalen Geschäftsmodellen, sobald nähere Informationen zu den Plänen von EZB vorliegen. Ab Oktober 2025 soll das veröffentlichte „Rulebook“ voraussichtlich Klarheit über diese und zahlreiche weitere Aspekte des EU-Plans für den digitalen Euro schaffen.

Abbildung 1: Zeitplan für den digitalen Euro (27)

Abbildung 1: Zeitplan für den digitalen Euro

Quelle „EZB/KPMG, 2024; eigene Darstellung“

Gleichzeitig erfolgen umfragebasierte Studien, um die hypothetische Akzeptanz solcher Initiativen in der breiten Bevölkerung zu prüfen. Beispielsweise wurde ausgehend von einer der Deutschen Bundesbank aufgetragenen Studie vom April 2024 dargelegt, dass sich etwa die Hälfte der Befragten positiv äußerten und sich vorstellen können, den digitalen Euro zu nutzen.28 Dieselbe Studie hat zudem gezeigt, dass für viele der Befragten wichtig ist, dass beim Bezahlen mit dem digitalen Euro die Privatsphäre besser geschützt bleibt als bei bestehenden digitalen Zahlungsmitteln.

Die Arbeit der Europäischen Union erfolgt in Zusammenarbeit mit den Zentralbanken der jeweiligen Mitgliedstaaten. 

In den nächsten Jahren wird es entscheidend sein, die Ergebnisse dieser Pilotversuche genau zu verfolgen: Wie verhalten sich technische Umsetzbarkeit, Datenschutz, Interoperabilität, Liquiditätsmanagement und geldpolitischer Einfluss in der Praxis? Nur auf dieser Grundlage lässt sich evaluieren, in welchem Umfang CBDCs das bestehende Finanzsystem ergänzen oder transformieren können – und welche Auswirkungen sich konkret auf Treasury-Abläufe, Bank-Intermediation und globale Liquidität ergeben.

Denkbar ist, dass der digitale Euro in den kommenden Jahren in einer ersten operativen Ausbaustufe live geht. Für Treasury-Verantwortliche entstehen mit dem digitalen Zentralbankgeld neue operative und strategische Spielräume – etwa durch effizientere Zahlungsabwicklungen, ergänzende Zahlungswege oder veränderte Abwicklungsmodelle im grenzüberschreitenden Umfeld, die wenn sie im End-to-end Prozess nahtlos integriert werden, Kosten- und Wettbewerbsvorteile mit sich bringen können.

Gleichzeitig nehmen neue Abhängigkeiten zu: von regulatorischen Obergrenzen, technischer Infrastruktur wie Wallet-Systemen und der künftig vermittelnden Rolle von Banken im digitalen Eurosystem. Langfristig könnte sich die Rolle des Treasury im Zahlungsverkehr strukturell verändern – nicht abrupt, aber mit spürbaren Verschiebungen, etwa im Zusammenspiel von Kontolimits, Interoperabili-tät und der Integration in bestehende Liquiditätssteuerungsprozesse. 

Quelle: KPMG Corporate Treasury News, Ausgabe 155, Juni 2025
Autoren:
Börries Többens, Partner, Finance and Treasury Management, Corporate Treasury Advisory, KPMG AG
Alexander Horn, Senior Manager, Finance and Treasury Management, Corporate Treasury Advisory, KPMG AG

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1 https://www.ecb.europa.eu/euro/digital_euro/why-we-need-it/html/index.de.html
https://www.ecb.europa.eu/press/inter/date/2025/html/ecb.in250228~7c25c90e4d.en.html
3 https://www.atlanticcouncil.org/cbdctracker/
4 https://www.atlanticcouncil.org/cbdctracker/
5 https://www.reuters.com/business/finance/trump-could-spur-central-banks-adopt-digital-coins-peacock-2025-04-24/
6 https://www.reuters.com/world/china/china-ramps-up-global-yuan-push-seizing-retreating-dollar-2025-04-29/
7 https://cbdctracker.hrf.org/currency/china
8 https://cointelegraph.com/news/wechat-integrates-digital-yuan-into-its-payment-platform
9 https://edition.cnn.com/2023/04/24/economy/china-digital-yuan-government-salary-intl-hnk & https://cointelegraph.com/news/residents-of-3-chinese-cities-paying-taxes-and-charges-with-digital-yuan
10 https://www.reuters.com/markets/currencies/central-bank-digital-currency-momentum-growing-study-shows-2024-09-17/
11 https://www.whitehouse.gov/presidential-actions/2025/01/strengthening-american-leadership-in-digital-financial-technology/
12 https://www.cnbc.com/2025/02/11/powell-squashes-the-possibility-that-the-fed-will-develop-its-own-digital-currency.html?&qsearchterm=powell%20cbdc
13 https://www.bis.org/about/bisih/topics/cbdc/mcbdc_bridge.htm
14 https://www.bfdi.bund.de/SharedDocs/Downloads/EN/Berlin-Group/20240613_WP-Cental-Bank-Digital-Currency-EN.pdf?__blob=publicationFile&v=2
15 https://www.bundesbank.de/de/presse/interviews/-der-umgang-mit-den-usa-und-china-wird-rau--948702
16 https://www.ecb.europa.eu/euro/digital_euro/progress/html/index.de.html
17 https://www.ecb.europa.eu/press/key/date/2025/html/ecb.sp250408~40820747ef.de.html
18 https://www.reuters.com/business/finance/trump-could-spur-central-banks-adopt-digital-coins-peacock-2025-04-24/
19 https://www.ecb.europa.eu/euro/digital_euro/progress/html/ecb.deprp202406.en.html#toc4
20 https://www.bundesbank.de/de/presse/interviews/-der-umgang-mit-den-usa-und-china-wird-rau--948702
21 https://www.ecb.europa.eu/euro/digital_euro/how-it-works/html/index.en.html
22 https://www.ecb.europa.eu/euro/digital_euro/faqs/html/ecb.faq_digital_euro.en.html#q6
23 https://www.bundesbank.de/en/press/interviews/only-balances-of-500-allowed-what-the-digital-euro-is-intended-to-deliver-and-what-not-933704
24 https://www.dertreasurer.de/news/cash-management/das-projekt-digitaler-euro-nimmt-fahrt-auf-35847/
25 https://www.ecb.europa.eu/press/intro/news/html/ecb.mipnews240805.en.html
26 https://www.bundesbank.de/en/press/speeches/envisioning-tomorrow-the-role-of-cbdcs-in-europe-s-digital-financial-ecosystem-945654
27 https://klardenker.kpmg.de/financialservices-hub/der-digitale-euro-langsam-wird-es-konkret/
28 https://www.bundesbank.de/de/presse/pressenotizen/bundesbank-umfrage-digitaler-euro-findet-als-bezahl-option-breite-akzeptanz-in-der-bevoelkerung-933320