Frühere Steuerpraxis
Gewinne aus der Anschaffung und Veräußerung von Fremdwährungsbeträgen innerhalb der Spekulationsfrist von einem Jahr galten als „sonstige Einkünfte“. Sie unterlagen nach bisheriger Auffassung der Finanzverwaltung dem persönlichen progressiven Steuersatz von bis zu 47,475 Prozent inklusive Soli. Realisierte Gewinne durch den Umtausch von Fremdwährungen nach Ablauf dieser Frist galten als steuerfrei.
Hohe Dunkelziffer bei Fremdwährungsgewinnen
Die steuerpflichtigen Gewinne hätten in der Vergangenheit im Rahmen der persönlichen Steuererklärung gegenüber dem Finanzamt offengelegt werden müssen. Dafür brauchte man in der Praxis bestimmte Informationen von der Bank. Banken haben diese jedoch ohne konkrete Nachfrage teilweise nicht oder nur unzureichend mit ihren Kunden geteilt. Weil vielen von ihnen offenbar auch nicht wussten, dass sie auf Gewinne aus privaten Fremdwährungskonten Steuern zahlen müssen, schätzt man, dass über 90 Prozent dieser Konten in der Vergangenheit nicht gemeldet und daher auch nicht versteuert wurden.
Änderung 2022: Fremdwährungsgewinne unterliegen nun dem Abgeltungsteuersatz
Im Jahr 2022 änderte die Finanzverwaltung rückwirkend ihre Auffassung und beschloss, dass Gewinne aus verzinslichen Fremdwährungsguthaben zu den Einkünften aus Kapitalvermögen gehören sollen. Damit greift im Privatvermögen der niedrigere Abgeltungsteuersatz von 26,375 Prozent inklusive Soli (ohne Kirchensteuer).
Dr. Sophie Henkel
Senior Managerin, Tax
KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft
Erweiterung der Steuerpflicht
Gleichzeitig bedeutet dies aber auch eine deutliche Erweiterung der Steuerpflicht, da bei dieser Einkunftsart die steuerfreie Veräußerung außerhalb der Spekulationsfrist nicht greift. Zudem ist nicht wie früher nur der Gewinn aus dem tatsächlichen Währungstausch, also beispielsweise ein Umtausch von Fremdwährungen in Euro und die Anschaffung anderer Wirtschaftsgüter wie Wertpapiere gegen Fremdwährung, steuerpflichtig – sondern auch sogenannte „veräußerungsähnliche Vorgänge“. Dazu zählt etwa jede Rückzahlung oder auch nur eine bloße Kontoumbuchung.
Keine Steuer auf Zahlungsverkehrs-Fremdwährungen und unverzinsliche Guthaben
Weiterhin nicht von der Besteuerung umfasst sein sollen hingegen Fremdwährungen auf Girokonten oder Kreditkonten, die nur zur Abwicklung des reinen Zahlungsverkehrs dienen, sowie Gewinne aus unverzinslichen Guthaben. Verbriefte Kapitalforderungen, wie eine schlichte Anleihe in Fremdwährung, unterlagen auch bisher unstrittig der Abgeltungsteuer und sind nicht von der Neuerung umfasst.
Vorsicht bei wegfallender Deklarationspflicht
Aufgrund der Einordnung als Kapitaleinkünfte melden deutsche Banken die Steuer auf diese Fremdwährungsgewinne seit diesem Jahr automatisch an das Finanzamt und führen sie ab. Die eigene Deklarationspflicht entfällt damit – aber Vorsicht: Zum einen bleibt die Deklarationspflicht bestehen, soweit derartige Fremdwährungskonten bei ausländischen Banken geführt werden.
Fremdwährungsgewinne prüfen und bei Bedarf Selbstanzeige erwägen
Zum anderen ist damit zu rechnen, dass bisher (versehentlich) unrichtig oder nicht deklarierte Fremdwährungsgewinne aufgrund der gesetzlich verpflichtenden Offenlegung der Banken ab 2025 erkannt werden.
Inhaber von verzinslichen Fremdwährungskonten sollten für 2024 und frühere Jahre die Transaktionen auf ihren Fremdwährungskonten in Bezug auf die Fremdwährungsgewinne nachvollziehen und dokumentieren und mit der zurückliegenden steuerlichen Erfassung abstimmen – und bei nicht deklarierten Währungsgewinnen zeitnah die Einreichung einer Selbstanzeige prüfen.
Die Autorin ist Steuerberaterin bei KPMG.