Mindestbemessungsgrundlage in der Umsatzsteuer

VAT Newsletter März 2025

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Generalanwältin, Schlussanträge vom 6. März 2025 – Rs. C-808/23 – Högkullen

Die Generalanwältin Kokott befasst sich mit einem Vorabentscheidungsersuchen des Högsta förvaltningsdomstol (Oberstes Verwaltungsgericht, Schweden) zur Auslegung der Art. 72, 80 der MwStSystRL. Es geht um die entgeltliche, steuerpflichtige Tätigkeit einer beherrschenden Holding, deren Aufwendungen die Einnahmen aus ihrer Tätigkeit für die Tochtergesellschaften um ein Vielfaches überstiegen. In diesem Zusammenhang geht es um die Frage, ob insoweit die Mindestbemessungsgrundlage zwischen verbundenen Unternehmen nach Art. 80 Abs. 1 Buchst. a MwSt-SystRL angewendet werden kann bzw. ob ein Normalwert anhand von Vergleichspreisen für die einzelnen Leistungen nach Art. 72 Abs. 1 MwStSystRL zu bestimmen ist.

Sachverhalt

Die Högkullen AB, eine schwedische Holdinggesellschaft und beherrschende Muttergesellschaft eines Konzerns, erbringt entgeltliche Dienstleistungen an ihre Tochtergesellschaften, die teilweise steuerfreie Tätigkeiten ausüben. Die wirtschaftliche Tätigkeit des Konzerns besteht in der Verwaltung von Immobilien durch die insgesamt 19 Tochtergesellschaften. Die Tätigkeit der Holding beschränkt sich darauf, konzerninterne Leistungen entgeltlich und steuerpflichtig an die von ihr beherrschten Tochtergesellschaften zu erbringen. Dabei handelt es sich um Dienstleistungen der Unternehmensführung, Finanzierung sowie Immobilien‑, IT‑ und Personalverwaltung.

Für ihre Leistungen stellte die Holding ihren Tochtergesellschaften im Streitjahr 2016 insgesamt umgerechnet ca. 210.000 Euro in Rechnung. Sie gab an, diesen Betrag durch Anwendung der sogenannten Kostenaufschlagsmethode (Cost-Plus-Method) – einer Methode, die für das Ertragsteuerrecht und dort insbesondere für die Verrechnungspreise entwickelt worden ist – ermittelt zu haben. Dazu habe sie einen Verteilerschlüssel angewandt, wonach ein bestimmter Anteil ihrer Kosten für Unternehmensführung, Räumlichkeiten, Telefon, IT, Vertretung und Reisetätigkeit den Ausgangsumsätzen zugeordnet wurde.

Im Streitjahr beliefen sich die Gesamtaufwendungen der Holding auf umgerechnet ca. 2,5 Mi. Euro. Hiervon entfiel etwa die Hälfte auf mehrwertsteuerpflichtige Eingangsleistungen. Der Restbetrag entfiel auf mehrwertsteuerfreie Eingangsleistungen und nicht steuerbare Vorgänge wie Lohnzahlungen. Die Holding zog alle angefallenen Vorsteuerbeträge von ihrer Mehrwertsteuerschuld ab. Dies betraf auch Eingangsleistungen, die nicht bei der Bemessung des Entgelts für die Ausgangsleistungen berücksichtigt wurden.

Das schwedische Finanzamt kam bei der Beurteilung des Falls zu dem Ergebnis, dass das von den Tochtergesellschaften gezahlte Entgelt nicht als Bemessungsgrundlage, sondern der Normalwert zugrunde zu legen sei, der anhand der Selbstkosten der Holding festzusetzen sei. Da die Holding sämtliche bei ihr angefallenen Vorsteuerbeträge von ihrer Mehrwertsteuerschuld abgezogen hatte, sah das Finanzamt alle Aufwendungen der Holding als Bemessungsgrundlage für deren Ausgangsumsätze an. Diese Problematik wurde vom schwedischen Gericht im Rahmen einer Vorabentscheidung an den EuGH herangetragen und in diesem Verfahren eine schriftliche Stellungnahme der Generalanwältin eingeholt. 

Rechtliche Würdigung der Generalanwältin

Diese stellt fest, dass die Leistungen der Holding (Unternehmensführung, Finanzierung, Immobilien-, IT- und Personalverwaltung) getrennt zu beurteilen und nicht als einheitliche Leistung anzusehen seien. Der Normalwert sei für jede Dienstleistung separat anhand von Vergleichspreisen zu bestimmen. Wenn keine Vergleichspreise ermittelt werden könnten, seien die Ausgaben der Holding für die Erbringung der Dienstleistung maßgeblich.

Die Art. 72 und 80 der MwSt-
SystRL seien dahin auszulegen, dass die diversen Verwaltungsdienstleistungen, die eine geschäftsführende Holding an ihre Tochtergesellschaften erbringt, nicht immer einheitliche Leistungen darstellen, für die es von vornherein ausgeschlossen sei, einen Vergleichswert zu ermitteln.

Bitte beachten Sie:

Nach der sogenannten Holding-Rechtsprechung (vgl. EuGH-Urteil vom 8. September 2022, C-98/21 mit weiteren Nachweisen) ist eine Muttergesellschaft in Gestalt einer Holding dann eine Steuerpflichtige im Sinne von Art. 9 MwStSystRL, wenn sie ihre Tochtergesellschaften „entgeltlich verwaltet“. „Eingriffe einer Holding in die Verwaltung ihrer Tochtergesellschaft“ sollen nach dieser Rechtsprechung – sofern sie entgeltlich erfolgen – eine wirtschaftliche Tätigkeit darstellen. Hierzu soll unter anderem das Erbringen von administrativen, finanziellen, kaufmännischen und technischen Dienstleistungen zählen. In der Praxis ist darauf zu achten, dass insbesondere auch entsprechende Rechnungen geschrieben werden müssen, damit der Nachweis des Leistungsaustausch auch geführt werden kann.  

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