Differenzbesteuerung im Gebrauchtwagenhandel

VAT Newsletter Februar 2025

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BFH, Beschluss vom 11. Dezember 2024, XI R 15/21

Nach der BFH-Entscheidung geht es zu Lasten des Steuerpflichtigen, der die Anwendung der Differenzbesteuerung begehrt, wenn das Vorliegen der Voraussetzungen des § 25a des Umsatzsteuergesetzes unerwiesen geblieben ist und er nicht alle ihm zur Verfügung stehenden zumutbaren Maßnahmen ergriffen hat, um Unregelmäßigkeiten in Bezug auf seinen jeweiligen Geschäftspartner nachzugehen.

Sachverhalt

Der Kläger, ein Gebrauchtwagenhändler, meldete für das Jahr 2014 nur Umsätze unter Anwendung der Differenzbesteuerung nach § 25a UStG an. Bei einer Außenprüfung stellte das Finanzamt fest, dass der Kläger in 29 Fällen Kraftfahrzeuge von angeblichen "Privatverkäufern" kaufte, die nicht mit den letzten eingetragenen Haltern identisch waren. Zudem gab der Kläger zu 22 weiteren Kraftfahrzeugen falsche Fahrgestellnummern an. Das Finanzamt versagte die Differenzbesteuerung teilweise und setzte die Regelbesteuerung an.

Aus den Entscheidungsgründen

Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die Revision des Klägers gegen das Urteil des Finanzgerichts (FG) Düsseldorf zurück.

Gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG unterliegen Lieferungen und sonstige Leistungen eines Unternehmers im Inland der Umsatzsteuer. Der Umsatz wird nach dem Entgelt bemessen (§ 10 Abs. 1 UStG, Art. 73 MwStSystRL).

Nach § 25a Abs. 1 UStG gilt die Differenzbesteuerung für Lieferungen von beweglichen körperlichen Gegenständen, wenn die in § 25a Abs. 1 Nr. 1 bis 3 UStG bestimmten Voraussetzungen erfüllt sind. Das FG stellte fest, dass das Vorliegen der Tatbestandsmerkmale des § 25a Abs. 1 Nr. 2 UStG unerwiesen geblieben ist. Der Kläger konnte nicht nachweisen, dass die Verkäufer tatsächlich Privatpersonen waren, da in keinem Fall der jeweilige Verkäufer mit dem letzten Halter des Kfz identisch war. Das FG sei zutreffend davon ausgegangen, dass es zu Lasten des Klägers geht, wenn das Vorliegen der Tatbestandsmerkmale unerwiesen bleibt und er nicht alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen hat, um Unregelmäßigkeiten nachzugehen.

Der EuGH schütze den guten Glauben des Steuerpflichtigen nur, wenn dieser alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen hat, um sicherzustellen, dass er nicht an einer Steuerhinterziehung beteiligt ist. Im Streitfall konnte der Kläger nicht nachweisen, dass er in gutem Glauben gehandelt hat. Das FG stellte fest, dass der Kläger bei den Erwerben einmalige Geschäftsbeziehungen mit unbekannten Personen einging und der letzte Halter des Kfz nicht mit dem Verkäufer identisch war. Der Kläger hätte sich zumindest die Verkaufsvollmacht vorlegen lassen müssen. Ein etwaiges Vertrauen des Klägers darauf, dass der Verkäufer Kleinunternehmer oder Unternehmer ist, der die Differenzbesteuerung vorgenommen hat, fand in den Verträgen über Privatverkäufe keine Grundlage. Die Erfüllung der Aufzeichnungspflichten nach § 25a Abs. 6 UStG ersetze nicht den Nachweis der Tatbestandsmerkmale der Differenzbesteuerung.

Der BFH kam daher zu der Schlussfolgerung, dass das Finanzamt die betroffenen Umsätze zu Recht der Regelbesteuerung unterworfen habe.

Bitte beachten Sie:

Unionsrechtliche Grundlage für die Differenzbesteuerung sind Art. 311 ff. MwStSystRL. Nach Art. 313 Abs. 1 MwStSystRL wenden die Mitgliedstaaten auf die Lieferungen von Gebrauchtgegenständen, Kunstgegenständen, Sammlungsstücken und Antiquitäten durch steuerpflichtige Wiederverkäufer eine Sonderregelung zur Besteuerung der von dem steuerpflichtigen Wiederverkäufer erzielten Differenz (Handelsspanne) an. Nach Art. 311 Abs. 1 Nr. 1 MwStSystRL sind Gebrauchtgegenstände bewegliche körperliche Gegenstände, die keine Kunstgegenstände, Sammlungsstücke oder Antiquitäten und keine Edelmetalle oder Edelsteine im Sinne der Definition der Mitgliedstaaten sind und die in ihrem derzeitigen Zustand oder nach Instandsetzung erneut verwendbar sind. Steuerpflichtiger Wiederverkäufer ist nach Art. 311 Abs. 1 Nr. 5 MwStSystRL jeder Steuerpflichtige, der im Rahmen seiner wirtschaftlichen Tätigkeit zum Zwecke des Wiederverkaufs Gebrauchtgegenstände, Kunstgegenstände, Sammlungsstücke oder Antiquitäten kauft, seinem Unternehmen zuordnet oder einführt, gleich, ob er auf eigene Rechnung oder aufgrund eines Einkaufs- oder Verkaufskommissionsvertrags für fremde Rechnung handelt.

Nach früherer Rechtsprechung (BFH-Urteil vom 23. April 2009 V R 52/07) ging man noch davon aus, dass der § 25a UStG das Vertrauen des Käufers auf die Angaben des Verkäufers nicht schützt. Dem ist der EuGH (Urteil vom 18. Mai 2017, C-624/15, Litdana) nicht gefolgt. Während der BFH bei einer den Vorgaben des Art. 314 MwStSystRL nicht genügenden Rechnung seitens des Vorlieferanten dem Erwerber die Differenzbesteuerung versagte, gewährte der EuGH im Jahr 2017 einem erwerbenden Wiederverkäufer selbst dann die Möglichkeit der Differenzbesteuerung, wenn die Rechnung in sich widersprüchlich war und sowohl auf eine Steuerbefreiung (als innergemeinschaftliche Lieferung) als auch auf eine durchgeführte Differenzbesteuerung hinwies, soweit der erwerbende Wiederverkäufer nur gutgläubig sei. Der EuGH-Rechtsprechung kommt der BFH mit seinem vorliegenden Urteil vom 11. Dezember 2024 nunmehr nach; bemerkenswerterweise hat auch die Verwaltung das EuGH-Urteil von 2017 im UStAE nicht erwähnt und damit auch keine Hinweise auf einen Vertrauensschutz bei dem § 25a UStG gegeben.

Der BFH stellt demgegenüber jetzt ausdrücklich fest, dass es in bestimmten Fällen einen Vertrauensschutz auch bei § 25a UStG geben kann. Er lässt es allerdings im Streitfall offen, ob der Vertrauensschutz im Festsetzungsverfahren oder im Billigkeitsverfahren zu gewähren ist, da die Voraussetzungen hierfür dem Grunde nach nicht vorlagen.

Für die Praxis ist es wichtig festzustellen, dass auch beim § 25a UStG ein Vertrauensschutz grundsätzlich möglich sein kann.

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