Die Europäische Union hat am 30. Mai 2024 neue Vorschriften zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung erlassen. Die Geldwäscheverordnung verpflichtet ab 2027 auch Industrieholdings, sogenannte nichtfinanzielle gemischte Holdinggesellschaften, zur Einhaltung geldwäscherechtlicher Pflichten. Die neuen Anforderungen sorgen für akuten Handlungsbedarf. Was zu beachten ist und wie die Umsetzung gelingt, erfahren Sie hier.
Stellung der Holding innerhalb einer geldwäscherechtlichen Gruppe
Holdinggesellschaften sind Unternehmen, deren Betriebszweck im Erwerb und der Verwaltung von Beteiligungen liegt. Häufig verantwortet die Holding die strategische Steuerung des Konzerns und erbringt zentrale Dienstleistungen für die Unternehmensgruppe. Das operative Geschäft wird zumeist aus der Holding ausgegliedert und an die Tochterunternehmen delegiert. Qua ihrer Funktion stehen Holdings somit regelmäßig an der Spitze von Unternehmensgruppen.
Nach dem Geldwäscherecht muss grundsätzlich jedes Unternehmen seinen geldwäscherechtlichen Pflichten eigenständig nachkommen. Innerhalb einer Unternehmensgruppe gelten für das Mutterunternehmen darüber hinaus zusätzliche, gruppenweite Anforderungen.
Bei einer geldwäscherechtlichen Gruppe handelt es sich um eine Gruppe von Unternehmen, die aus einem Mutterunternehmen und seinen Tochterunternehmen besteht, sowie um Unternehmen, die aufgrund ihrer Verbindung zur Aufstellung eines konsolidierten Abschlusses verpflichtet sind. Unternehmen fallen in den Anwendungsbereich der Verordnung, wenn diese in der Europäischen Union ansässig sind und einer qualifizierenden Katalogtätigkeit (beispielsweise Luxusgüterhändler oder Immobilienmakler) nachkommen. Auch wenn sich der Gruppensitz außerhalb der EU befindet, kann trotzdem eine relevante geldwäscherechtliche (Teil-)Gruppe vorliegen. Hierfür ist erforderlich, dass mindestens zwei Tochterunternehmen Verpflichtete mit Sitz in der EU sind. Eine dieser Töchter:
- darf keinem anderen EU-Unternehmen untergeordnet sein,
- muss eine ausreichende Bedeutung innerhalb der Gruppe haben sowie über ein ausreichendes Verständnis der Tätigkeiten der von ihr überwachten europäischen Töchter verfügen und
- muss mit der Verantwortung für die Umsetzung der gruppenweiten Anforderungen betraut worden sein.
Sonderfall „reine Industrieholdings“
Das Gesetz über das Aufspüren von Gewinnen aus schweren Straftaten (kurz „Geldwäschegesetz“) verpflichtet bereits derzeit Holdings mit Beteiligungen im Finanzsektor, sogenannten Finanzunternehmen, zur Einhaltung geldwäscherechtlicher Vorgaben. Unter den Holdinggesellschaften gibt es aber auch reine Industrieholdings. Diese halten ausschließlich Beteiligungen an Unternehmen außerhalb des Kreditinstituts- Finanzinstituts- und Versicherungssektors und sind über die mit der Verwaltung des Beteiligungsbesitzes verbundenen Aufgaben hinaus nicht unternehmerisch tätig. Sie sind von den aktuellen Regelungen nicht betroffen und unterliegen demnach nicht den aktuell gültigen geldwäscherechtlichen Anforderungen.
Barbara Scheben
Partner, Audit, Regulatory Advisory, Head of Forensic, Head of Data Protection
KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft
Niclas-Andreas Müller
Senior Manager, Audit, Regulatory Advisory, Forensic
KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft
Aufgrund ihrer Tätigkeit verpflichtete Tochtergesellschaften innerhalb einer solchen Unternehmensgruppe mussten ihren geldwäscherechtlichen Pflichten bisher ohne zentrale Steuerung und Kontrolle nachkommen, wodurch sich deren Ausgestaltung innerhalb des Konzerns teils deutlich unterscheiden konnte.
Dies wird sich künftig ändern. Die Geldwäscheverordnung erweitert nämlich den bisherigen Anwendungsbereich um „nichtfinanzielle gemischte Holdinggesellschaften“. Definitionsgemäß handelt es sich hierbei um ein Unternehmen, das keine Beteiligungen im Finanzsektor hält und zu dessen Tochterunternehmen mindestens ein Verpflichteter aus dem Nichtfinanzsektor gehört. Hierzu zählen auch die bisher ausgenommenen reinen Industrieholdings. Deren geldwäscherechtliche Pflichten werden sich zwar in Grenzen halten, da sie kein eigenes operative Geschäft haben. Dennoch müssen sie zukünftig erstmalig gruppenweite Anforderungen erfüllen und damit einhergehende Umsetzungsaufwände berücksichtigen.
Die übereinstimmende Umsetzung gruppenweiter Maßnahmen zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung ist der Schlüssel zu einem robusten und wirksamen Risikomanagement innerhalb einer Gruppe.
Zu diesem Zweck müssen Mutterunternehmen eine gruppenweite Risikoanalyse durchführen, darauf aufbauend gruppenweite Strategien, Verfahren und Kontrollen umsetzen und zu Steuerungszwecken eine Compliance-Funktion auf Gruppenebene einrichten. Die Strategien, Verfahren und Kontrollen erfordern neben dem Einhalten der originären geldwäscherechtlichen Pflichten (unter anderem die Sorgfaltsprüfung von Kunden und die Meldung verdächtiger Transaktionen) auch das Ergreifen von Maßnahmen, die den Informationsaustausch und den Datenschutz innerhalb der Gruppe sicherstellen.
Sofern sich der Gruppensitz in der Union befindet, muss das Mutterunternehmen die Einhaltung dieser Anforderungen auch durch alle Tochterunternehmen in Drittländern sicherstellen.
Die neuen Pflichten gelten ab 10. Juli 2027. Aufgrund des Umfangs und der Komplexität der Anforderungen sollten sich Holdings jedoch frühzeitig damit auseinandersetzen. Insbesondere das erstmalige Durchführen einer gruppenweiten Risikoanalyse und das Zusammenführen von heterogenen Prozess-, IT- und Personalstrukturen sowie von Datenbeständen, die bislang in einzelnen Tochterunternehmen vorgehalten wurden, birgt umfassende Herausforderungen.
Gleichzeitig ergeben sich auch Chancen. Unternehmen, die den Wandel proaktiv und vorausschauend gestalten, können das Vertrauen von Geschäftspartnern und Investoren gewinnen und sich damit langfristig Wettbewerbsvorteile sichern.
Mit unserer langjährigen Prüfungs- und Beratungserfahrung bei zahlreichen geldwäscherechtlich verpflichteten Unternehmen, sind wir Ihnen behilflich, das für Sie angemessene Umsetzungskonzept zu finden. Sprechen Sie unsere Expertinnen und Experten gerne an.