Liquiditätsrisiken erreichen für den Bankensektor angesichts der digitalen Transformation neue Dimensionen. Die Kundschaft kann ihre Einlagen per App deutlich schneller abziehen als früher. Gerüchte, die sich in den sozialen Medien wie Lauffeuer verbreiten, können somit innerhalb von kürzester Zeit zu Bank Runs führen. Wie gefährlich diese Entwicklung werden kann, hat der Kollaps mehrerer Finanzinstitute im Jahr 2023 gezeigt.
Klar ist: Der technologische Fortschritt macht das Risikomanagement komplexer. Es gilt, strategisch zu adjustieren und soziale Medien als Einflussgröße für die Unternehmensreputation am Markt adäquat mit einzubeziehen. Im englischsprachigen Whitepaper “Bank runs and liquidity contingency planning in the era of social media” zeigen wir kompakt und präzise auf, welche Aspekte im Finanzsektor für eine optimierte, fortwährende Liquiditätssicherung in Notfallsituationen im Fokus stehen sollten.
Unseren Expertinnen und Experten zufolge sind drei grundlegende Schritte maßgeblich, um einer von Social-Media-Beiträgen angeheizten und sich schnell zuspitzenden Liquiditätskrise vorzubeugen. Die Kerninhalte des Whitepapers im Überblick:
Dr. Stefan Markwardt
Partner, Financial Services
KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft
Markus Quick
Partner, Financial Services
KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft
1. Entwickeln und schärfen Sie Strategien zur kontinuierlichen Überwachung der Reputation Ihrer Bank
Ein umfassendes Social-Media-Screening ermöglicht es, potenzielle Reputationsschäden frühzeitig zu ermitteln. Um die Erhebung und Prognosequalität von Social-Media-Aktivitäten zu automatisieren und beschleunigen, bieten sich technologische Lösungen wie Machine Learning oder Predictive Analytics an. Bei der Implementierung relevanter Indikatoren ist aber zu beachten, dass die hohe Volatilität der Beitragszahl auf Social-Media-Plattformen sowie das Fehlen historischer Daten die Auswertung erschweren kann.
Im Whitepaper zeigen wir mit Hilfe einer prototypischen KPMG-Lösung beispielhaft auf, wie ein effizientes Social-Media-Monitoring in der Praxis ablaufen kann.
2. Verzahnen Sie das Reputations-Monitoring eng mit der Liquiditätssteuerung und -notfallplanung
Sobald geeignete Indikatoren etabliert wurden, können festgelegte Schwellenwerte helfen, entstehende externe Reputationsgefahren zu identifizieren und sukzessiv gegenzusteuern. Es ist elementar, dass diese erhobenen Daten den Zuständigen für das Liquiditätsmanagement zur Verfügung stehen und dass die Unternehmenskommunikation in die neu ausgestalteten Prozesse eingebunden wird. Die Überwachung der Reputation sollte mit hoher Frequenz und automatisiert durchgeführt werden. Außerdem sind Eskalationsstufen vorab zu eruieren und allen Stakeholdern mitzuteilen.
3. Planen Sie frühzeitig für eine effiziente Reaktion bei Reputationsschäden
Sind Warnindikatoren zu erkennen oder Schwellenwerte für eine krisenhafte Entwicklung erreicht, sollten nicht erst mögliche Gegenmaßnahmen identifiziert werden müssen. Stattdessen gilt es, schnellstmöglich Stabilisierungsprozesse für die Liquiditätslage in Gang zu setzen, flankiert mit einer inhaltlichen Offensive auf digitalen Plattformen und in „klassischen“ Medien. Das Ziel: Lage entschärfen, Schaden begrenzen, gegebenenfalls Online-Gerüchten mit Fakten begegnen beziehungsweise Falschinformationen berichtigen. Dabei kann das Einbeziehen externer Partner, etwa Marketingagenturen, hilfreich sein. Die Reaktion im Ernstfall sollte zudem regelmäßig und unter Einbindung aller Stakeholder getestet werden.