Nachdem der vom IFRS IC verabschiedete Agendabeschluss zu Zweifelsfragen der bilanziellen Abbildung von Reverse-Factoring-Transaktionen („Supply Chain Financing Arrangements-Reverse Factoring“) bereits im Dezember 2020 veröffentlicht wurde, erfolgte im Mai 2023 ergänzend die Veröffentlichung zusätzlicher Anforderungen an Anhangangaben durch das IASB („Supplier Finance Arrangements ‒ Amendments to IAS 7 and IFRS 7“). Diese sind das Ergebnis einer Befragung von Abschlussadressaten durch das IASB und adressieren das Bedürfnis nach mehr Transparenz im Geschäftsbericht.

Bei der Ausarbeitung der Anforderungen hat das IASB verschiedene Arten von Reverse Factoring in Betracht gezogen. Diese sind dadurch gekennzeichnet, dass ein Factor Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen für das Unternehmen gegenüber den Lieferanten begleicht. Je nach Ausgestaltung kann dies ein längeres Zahlungsziel gegenüber dem Factor und/oder einen vorzeitigen Erhalt der Zahlung für den Lieferanten im Vergleich zu den ursprünglichen Zahlungsbedingungen bedeuten. Vom Scope ausgeschlossen sind Vereinbarungen, die lediglich die Kreditwürdigkeit verbessern (zum Beispiel Finanzgarantien) oder direkte Zahlungen an den Lieferanten vornehmen (zum Beispiel Kreditkartenprogramme)2.

Die gezielten Änderungen betreffen den Standard IAS 7 „Statement of Cash Flows“ und IFRS 7 „Financial Instruments: Disclosures“. Diese sollen es Abschlussadressaten ermöglichen, die Auswirkungen von Reverse-Factoring-Vereinbarungen auf den Abschluss eines Unternehmens zu verstehen und mit anderen Unternehmen zu vergleichen. Dies betrifft insbesondere Auswirkungen auf Verbindlichkeiten, Cashflows und das Liquiditätsrisiko. Die Änderungen lassen sich wie folgt zusammenfassen:

Beschreibung der Vertragsbedingungen3
Es ist qualitativ anzugeben, welche wesentlichen Bedingungen ein Reverse-Factoring-Programm beinhaltet und zu welchem Zweck es eingesetzt wird. Dies kann beispielsweise eine Verlängerung von Zahlungszielen oder die Bereitstellung zusätzlicher Sicherheiten beinhalten.

Angabe der Höhe der Verbindlichkeiten4 
Es ist quantitativ jeweils zu Beginn und Ende der Berichtsperiode der Buchwert der Verbindlichkeiten inklusive der Zuordnung zum Bilanzposten anzugeben, der von der Reverse-Factoring-Vereinbarung betroffen ist. Zusätzlich muss der Anteil dargestellt werden, für den bereits Zahlungen durch den Factor an die Lieferanten geleistet wurden.

Angabe der Bandbreite der Zahlungsziele5
Es ist quantitativ jeweils zu Beginn und Ende der Berichtsperiode die Bandbreite der Zahlungsziele für Verbindlichkeiten innerhalb von Reverse-Factoring-Programmen anzugeben. Zusätzlich ist dies zum Vergleich auch für ähnliche Verbindlichkeiten anzugeben, die nicht Bestandteil des Programms sind.

Beschreibung zahlungsunwirksamer Änderungen6
Sollten Verbindlichkeiten im Rahmen der Reverse-Factoring-Vereinbarungen nicht mehr die Anforderungen einer Verbindlichkeit aus Lieferungen und Leistungen erfüllen und in der Folge gemäß IFRS 9 ausgebucht und als Finanzverbindlichkeit eingebucht werden, kann dies zu einem zahlungsunwirksamen Transfer innerhalb der Kapitalflussrechnung führen (operativer Mittelzufluss bei Entstehung der Verbindlichkeit LuL vs. finanzieller Mittelabfluss bei Begleichung der Finanzverbindlichkeit). Dieser Effekt ist im Anhang zu beschreiben, um beispielsweise operative Cashflows richtig analysieren zu können.

Angaben zum Liquiditätsrisikomanagement7
Um die Auswirkungen von Reverse-Factoring-Programmen auf das Liquiditätsrisiko des Unternehmens beurteilen zu können, ist anzugeben, wie das Risiko gesteuert wird. Durch den Einsatz eines Reverse-Factoring-Programms kann ein Teil der Verbindlichkeiten bei einem Factor konzentriert sein, anstelle bei einer Vielzahl von Lieferanten. Sollte es zu einer kurzfristigen Beendigung des Programms durch den Factor kommen, hätte dies Einfluss auf die Liquiditätsplanung und damit gegebenenfalls auf die kurzfristige Zahlungsfähigkeit bei Fälligkeit der Verbindlichkeiten.

Die Angaben sind verpflichtend für Geschäftsjahre, die am oder nach dem 1. Januar 2024 beginnen. Für Unternehmen, die die EU-IFRS anwenden, gilt diese Pflicht erst nach entsprechendem EU Endorsement. In Zwischenabschlüssen im ersten Jahr der Anwendung sind keine Angaben erforderlich. Allgemein stellt das IASB klar, dass die Angaben in aggregierter Form zu erbringen sind und nicht auf Ebene einzelner Programme, sofern diese vergleichbare Konditionen enthalten. Ergänzend wurde durch das IDW für den deutschen Berufsstand jüngst ein Entwurf zur Neufassung des Moduls IAS 1-M1 („IFRS-Modulverlautbarung (IDW RS FAB 50): IAS 1-M1 n.F.: Zweifelsfragen bei der bilanziellen Abbildung von Reverse-Factoring-Transaktionen“) veröffentlicht, der die Änderung des hier dargelegten IASB Amendments berücksichtigt.

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Quelle: KPMG Corporate Treasury News, Ausgabe 144, Juni 2024
Autoren:
Ralph Schilling, CFA, Partner, Head of Finance and Treasury Management, Treasury Accounting & Commodity Trading, KPMG AG 
Jan Frederik Richter, Manager, Finance and Treasury Management, Treasury Accounting & Commodity Trading, KPMG AG

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1 IAS 7.44G
2 IAS 7.44H (a)
3 IAS 7.44H (b) (i)-(ii)
4IAS 7.44H (b) (iii)
5 IAS 7.44H (c)
6 IFRS 7.B11 (j) i.V.m IFRS 7.IG18A (a) (iv)