Ein planmäßiges Zusammenwirken gemeinnütziger, steuerbegünstigter Körperschaften bedarf keiner Regelung in der Satzung der leistungsempfangenden Körperschaft. Mit dem Urteil vom 26. September 2023 hat das Finanzgericht Hamburg (Az.: 5 K 11/23, BeckRS 2023, 31187) diese in der Literatur bereits vorherrschende Auffassung bestätigt. Laut Finanzgericht sei solch ein doppeltes Satzungserfordernis weder aus dem Wortlaut der Norm noch aufgrund sonstiger Auslegung ableitbar.
Bis dato verlangt Finanzverwaltung korrespondierende Satzungen der Kooperationspartner
Der mit dem Jahressteuergesetz 2020 neu eingeführte § 57 Abs. 3 AO regelt das gemeinnützigkeitskonforme planmäßige Zusammenwirken zwischen steuerbegünstigten Körperschaften. Hier heißt es: „Eine Körperschaft verfolgt ihre steuerbegünstigten Zwecke auch dann unmittelbar im Sinne des Absatzes 1 Satz 1, wenn sie satzungsgemäß durch planmäßiges Zusammenwirken mit mindestens einer weiteren Körperschaft, die im Übrigen die Voraussetzungen der §§ 51 bis 68 erfüllt, einen steuerbegünstigten Zweck verwirklicht.“
Nach Auffassung der Finanzverwaltung erfordert dies jeweils korrespondierende Regelungen in den Satzungen der Kooperationspartner. Entsprechend erklärt der Anwendungserlass zur Abgabenordnung (AEAO) Nr. 8 zu § 57 AO hierzu: „Das Zusammenwirken mit anderen Körperschaften zur Verwirklichung des eigenen steuerbegünstigten Satzungszwecks muss in der Satzung als Art der Zweckverwirklichung festgehalten sein. Die Körperschaften, mit denen kooperiert wird, und die Art und Weise der Kooperation müssen in den Satzungen der Beteiligten bezeichnet werden.“
In der Praxis erfordert dies also entsprechende Satzungsanpassungen, was viele Kooperationen zumindest erschwert, wenn nicht sogar verhindert.
Finanzgericht: Keine Grundlage im Gesetz
Dem widerspricht das Urteil des Finanzgerichts. Ein doppeltes Satzungserfordernis gebe es nicht. Es folge weder aus dem Wortlaut selbst noch aus Sinn und Zweck der Gesetzessystematik.
Dabei bezieht sich das Gericht auch auf das Wort „satzungsgemäß“ im oben genannten § 57 Abs. 3 S. 1 AO. Dies beziehe sich schon allein aufgrund seiner Stellung im Satz nur auf die Satzung der leistungserbringenden Körperschaft. Auf die Satzung der leistungsempfangenden Körperschaft komme es damit nicht an. Der Wortlaut verlange von diesen lediglich, dass sie die Voraussetzungen der §§ 51 bis 68 AO erfüllen.
Darüber hinaus sei Sinn und Zweck des Gesetzes die Entbürokratisierung des Ehrenamts. Arbeitsteilige Zusammenarbeit im gemeinnützigen Kontext solle ermöglicht und erleichtert werden. Dem würde es widersprechen, wenn jede Kooperation Satzungsänderungen und damit unter anderem auch Notarkosten und eine Eintragung durch das Registergericht erfordere.
Im Ergebnis bedeutet dies, dass es nunmehr zumindest eine erste Rechtsprechung gibt, die die Lesart des Gesetzes bestätigt, dass Kooperationen ebenso wie Service- und Funktionsleistungen allein in der Satzung der leistungserbringenden Körperschaft zu verankern sind. Eine andere Auslegung erscheint systemwidrig und grammatikalisch fernliegend.
PD Dr. Thorsten Helm
Partner, Tax
KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft
Revision zum Bundesfinanzhof
Obwohl die Auffassung des Finanzgerichts überzeugt, ist der Anwendungserlass zur Abgabenordnung aktuell unverändert und die Finanzverwaltung verwaltungsintern - zumindest vorerst - weiterhin an das doppelte Satzungserfordernis gebunden.
Die Revision zum Bundesfinanzhof ist anhängig (BFH - V R 22/23). Erst der Ausgang dieses Verfahrens wird die Frage des doppelten Satzungserfordernisses abschließend klären können.
Unsere Expert:innen beraten Sie gerne zu allen Fragen rund um das Gemeinnützigkeitsrecht und Kooperationen sowie insbesondere zu Fragen der Satzungsgestaltung.