In den vergangenen vier Jahren wurde das Thema „unternehmerische Stabilität in Krisenzeiten“ in vielen Vorstandsgremien und Treasury-Komitees zu einem wiederkehrenden Element. Egal ob ganz grundsätzlich die gesamt-unternehmerische Krisenresilienz auf der Agenda stand oder heruntergebrochen auf die Finanzwelt die finanzielle Standhaftigkeit von Unternehmen im Fokus lag, es ging immer darum, Ursachen für denkmögliche Bedrohungsszenarien zu identifizieren und eine vorausschauende Herangehensweise kombiniert mit kurzfristig effektiven Stabilisierungsmaßnahmen zu entwickeln. Heute, vier Jahre nach Beginn der Pandemie, sind die Herausforderungen aufgrund von multiplen Krisensituationen für die meisten Unternehmen sogar noch größer geworden. Öffentliche Kommunikationsräume spiegeln genau diese gestiegene Relevanz der momentan absolut notwendigen Auseinandersetzung mit den wirtschaftlich turbulenten Zeiten wider: 

In unseren Corporate Treasury News haben wir das Thema allein im vergangenen Jahr mehrmals diskutiert (beispielsweise in der März-Ausgabe zur „Treasury Policy“ oder in der November-Ausgabe zu den „Anforderungen an das Treasury in unsicheren Zeiten“). Auch DerTreasurer hat sich regelmäßig mit dem nicht nur gefühlten, sondern auch messbaren Ausnahmezustand beschäftigt: so zählte zu den Ergebnissen des 29. Treasurer-Panels2 im Oktober 2023 unter anderem auch, dass ein ausgearbeiteter Notfallplan speziell für Cyberangriffe für 70% der Treasurer wichtig ist. Konkret mit der Bedrohungslage für Cybersicherheit beschäftigt sich aktuell auch die Bundespolitik. Anfang Februar 2024 hat Bundesinnenministerin Nancy Faeser gemeinsam mit der Präsidentin des Bundesamts für Informationstechnik (BSI) Claudia Plattner ein neues IT-Lagezentrum eröffnet, das für einen sicheren Rahmen für die weitere Digitalisierung in Staat, Wirtschaft und Gesellschaft sorgen soll3. Von vergleichbaren Meldungen finden sich in der jüngsten allgemeinen Berichterstattung noch viele weitere Beispiele, es sei hier aber nur noch auf eine weitere besorgniserregende Meldung hingewiesen: das Magazin FINANCE stellte im November 2023 im Restrukturierungsbarometer4 fest, dass die Anzahl von Restrukturierungsfällen aktuell auf Rekordniveau schwebt.

Kurzum, die aktuelle wirtschaftliche Lage ist offensichtlich geprägt von vielen Unsicherheiten, die zum Teil korrelieren und zum Teil unabhängig voneinander sind. Ausprägungen wie volatile Beschaffungs- und Absatzmärkte, geopolitische Spannungen und das aktuell instabile Zinsumfeld sind sicherlich auch kausal eng miteinander verbunden. Diese ohnehin schon angespannte Lage in der gesamten Weltwirtschaft wird zurzeit noch von gestiegenen Cyber-Risiken sowie von einer technologischen Innovationsgeschwindigkeit in nie dagewesenem Ausmaß begleitet. Unternehmen im Allgemeinen und Treasury-Organisationen im Speziellen stehen also vor der großen Herausforderung, in einem multiplen Krisenumfeld stabil und widerstandsfähig zu bleiben. Und dabei bedeutet Resilienz nicht nur, sich gegenüber transaktionalen Risiken quantifizierbar abzusichern, sondern auch die Fähigkeit zu entwickeln, sich schnell anzupassen und dadurch sogar neue Chancen unmittelbar nutzen zu können.

Diese Gesamtsituation war für uns Anlass, eine dedizierte Studie zur Resilienz von Treasury-Organisationen durchzuführen und damit zu untersuchen, wie sich die aktuelle volatile Wirtschaftslage auf Unternehmen in Deutschland, Österreich und der Schweiz auswirkt.

Im Zeitraum vom September bis Dezember 2023 haben insgesamt mehr als 360 für den Treasury-Bereich verantwortliche Personen aus ca. 250 verschiedenen Unternehmen teilgenommen. Wir haben sechs Kernthesen aufgestellt und konnten diese dank der hohen Anzahl an Antworten mit gängigen Methoden der quantitativen Statistik überprüfen.

Die 6 Hauptthesen der Studie sind die folgenden:

  1. Cash ist King:
    In Krisenzeiten zeigt sich die wahre Bedeutung von Liquidität. Unternehmen mit ausreichenden Cash-Reserven meistern unvorhergesehene Herausforderungen leichter und kommen tendenziell mit weniger operativem Stress durch eine finanziell turbulente Phase.
  2. Krisenbewältigung steigert Resilienz:
    Treasury-Organisationen, die in den letzten fünf Jahren Krisensituationen erlebt und bewältigt haben, sind in der Folge besser auf unvorhergesehene Herausforderungen vorbereitet.
  3. Krisenart bestimmt Maßnahme:
    Die Krisenart, der ein Unternehmen ausgesetzt war, bestimmt auch die Art der Maßnahmen, die es zu ergreifen plant, um sich auf zukünftige Krisen vorzubereiten.
  4. Krisenarten korrelieren mit Branchen:
    Bestimmte Branchen sind von spezifischen Krisenarten stärker betroffen als andere. Treasury-Organisationen müssen diese branchenspezifischen Risiken erkennen und entsprechende Gegenmaßnahmen entwickeln.
  5. Unternehmensgröße vs. Effektivität:
    Die reine Größe eines Unternehmens ist kein Indikator für effektive Krisenbewältigung. Flexibilität und Anpassungsfähigkeit der Treasury-Organisation sind entscheidend.
  6. Zentralisierung steigert Resilienz:
    Zentralisierte Strukturen ermöglichen schnellere Reaktionen und eine bessere Entscheidungsfindung in Krisensituationen. Demnach stärkt ein zentralisiertes Corporate Treasury das Vertrauen der Befragten in die Krisenfestigkeit ihres Unternehmens.

Die Erkenntnisse der Studie werden Ende März 2024 durch uns in einem Whitepaper veröffentlicht. Als Teilnehmende hatten Sie die Möglichkeit, Ihr Interesse an einer direkten Zusendung anzugeben. Für alle anderen, wird es einen kostenlosten Download-Link auf unserer KPMG Finanz- und Treasury Management Website geben.

Das Whitepaper gibt einerseits fundierte Einblicke in die Erfolgsstories von (mehrfach) krisenerprobten Treasury-Organisationen und ordnet andererseits die von den Teilnehmenden genannten Potenziale für weitere Verbesserungen ein. Die vorläufigen Ergebnisse lassen uns absolut überzeugt sein, dass das Whitepaper als Leitfaden dienen kann, um die bestehenden Strategien zu hinterfragen und gegebenenfalls weiterzuentwickeln. Dafür werden wir konkrete Handlungsempfehlungen nennen, die dabei unterstützen können, Ihre Treasury-Funktion widerstandsfähiger und zukunftsorientierter zu gestalten.

Quelle: KPMG Corporate Treasury News, Ausgabe 140, Januar/Februar 2024
Autoren:
Nils Bothe, Partner, Finance and Treasury Management, Corporate Treasury Advisory, KPMG AG
Cornelius Bonz, Manager, Finance and Treasury Management, Corporate Treasury Advisory, KPMG AG

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1 Resilient Treasury. KPMG® Erscheint im März 2024.
2 https://www.dertreasurer.de/fileadmin/PDF/Panels/Treasurer-Panels-01-2023-L.pdf DerTreasurer® (abgerufen am 11.02.2024)
3 https://www.bmi.bund.de/SharedDocs/pressemitteilungen/DE/2024/02/bsi-lagezentrum.html Website des BMI (abgerufen am 14.02.2024)
4 https://www.finance-magazin.de/wp-content/uploads/2023/11/Restrukturierungsbarometer-23-2023-L.pdf FINANCE® in Zusammenarbeit mit Struktur Management Partner® (abgerufen am 11.02.2024)