Ein für viele Unternehmen attraktives Instrument zur Liquiditätsbeschaffung in der Außenfinanzierung, stellen Asset Backed Securities (ABS) Programme dar. Zusammengefasst geht es dabei um die Veräußerung gebündelter Zahlungsansprüche aus Forderungen an eine extra dafür gegründete Zweckgesellschaft und die anschließende Verbriefung. Den Forderungsankauf finanziert die Zweckgesellschaft durch Platzierung von durch die Vermögensmasse besicherten Wertpapiere (beispielsweise Commercial Paper) am Kapital- oder Geldmarkt. Bei den veräußerten Forderungen handelt es sich in der Regel um operative Forderungen aus Lieferungen und Leistungen, Kreditkartenforderungen oder auch Leasingforderungen. Oftmals übernimmt der Veräußerer gegen Entgelt weiterhin das Forderungsinkasso bzw. die Forderungsverwaltung als Service Agent und leitet eingehende Zahlungen der Schuldner an die Zweckgesellschaft bzw. Investoren der Wertpapiere weiter. 

Ökonomisch bietet die Finanzierung durch ABS-Programme dem Veräußerer unmittelbaren Liquiditätszufluss ohne Belastung bestehender Kreditlinien. Die Finanzierungskosten sind nicht von der Unternehmensbonität abhängig, sondern von der Bonität des Forderungsportfolios, die durch externe Ratingagenturen im Rahmen des Programms beurteilt wird. In der Bilanzierung erfolgt eine Optimierung der Bilanzstruktur, sofern die verkauften Forderungen ausgebucht werden und die zusätzliche Liquidität zum Abbau von Verbindlichkeiten genutzt wird. In der Praxis stellt sich regelmäßig die entscheidende Frage: Wie muss ein ABS-Programm ausgestaltet sein, damit die Anforderungen an eine Ausbuchung erfüllt werden und die gewünschte Bilanzierung erreicht wird? 

Anforderungen an die Ausbuchung veräußerter Forderungen

Die Ausbuchungsentscheidung nach IFRS für finanzielle Vermögenswerte regelt sich allgemein in den Anforderungen des IFRS 9 und wird ergänzt durch die Verlautbarung des IDW RS HFA 48 –Einzelfragen der Bilanzierung von Finanzinstrumenten nach IFRS 9, auch vor dem Hintergrund von Besonderheiten bei ABS-Transaktionen. Der Standardsetter gibt unter IFRS 9.B3.21 dem Veräußerer ein Ablaufschema an die Hand, das als Entscheidungsbaum für die Beantwortung der Ausbuchungsentscheidung heranzuziehen ist. Entlang der Verästelung lassen sich im Ergebnis drei mögliche Arten der Bilanzierung ableiten: die verkaufte Forderung ist vollständig auszubuchen, die verkaufte Forderung ist weiterhin vollständig zu bilanzieren oder es erfolgt eine anteilige Bilanzierung der Forderung in Höhe des sogenannten Continuing Involvement. Nachfolgend werden die einzelnen und aufeinander aufbauenden Kriterien spezifisch für ABS-Transaktionen aus Sicht der Veräußerers beleuchtet und eingeordnet.

Zu Beginn findet eine Abgrenzung der zu beurteilenden Transaktion statt. Es ist eine Prüfung auf Konsolidierung der ankaufenden Zweckgesellschaft gemäß IFRS 10 vorzunehmen. Die Ausbuchungsentscheidung nach IFRS findet aus Konzernsicht statt und ein wirksamer Abgang der Forderung kann nur bei einem Transfer an externe Dritte vorliegen. Handelt es sich bei der Zweckgesellschaft um keine konsolidierte Einheit, ist die Transaktion zwischen dem Veräußerer und der Zweckgesellschaft zu untersuchen. Andernfalls stellt die Transaktion mit konzernfremden Investoren in die begebenen Wertpapiere die zu untersuchende Außenkante dar. Die Frage der Konsolidierung ist abhängig nach Ausgestaltung der Zweckgesellschaft (beispielsweise Single-Seller- vs. Multi-Seller bzw. Conduit Konstruktion) und stellt sich oftmals sehr komplex dar, so dass eine detaillierte Einzelfallprüfung unverzichtbar ist. Werden gegebenenfalls nur Anteile an Zahlungsströmen oder Tranchen an Forderungen veräußert, findet die Abgangsprüfung einzeln für den abgrenzbaren Teil statt.

In einem zweiten Schritt ist die zuvor definierte Transaktion auf Art der Übertragung zu untersuchen. So ist zu beurteilen, ob die Zahlungsansprüche des Veräußerers unwiderruflich und unmittelbar an den Käufer übertragen werden (Pass Through Arrangement bzw. True Sale). Das ist in der Regel bei offener oder stiller Zession, mit Recht zur Wandlung in eine offene Zession durch den Käufer, der Fall. Sofern der Veräußerer im Rahmen des ABS-Programms als Service Agent agiert, ist dies nach Abtretung unkritisch, solange keine Möglichkeit besteht, das Inkasso wesentlich und ohne Widerspruch des Käufers zu verändern. Liegt keine direkte Übertragung der Forderungsrechte vor, ist zu prüfen, ob dies indirekt über eine Durchleitungsvereinbarung für aus den Forderungen eingehende Zahlungen erfolgt (Pay Through Arrangement). Eine solche Vereinbarung liegt dann vor, wenn nur eine Verpflichtung zur Weiterleitung ausschließlich eingegangener Zahlungen besteht, die ohne wesentliche Verzögerung weitergeleitet werden müssen und der Veräußerer die Forderungen nicht an Dritte verkaufen oder verpfänden darf. Sofern weder eine wirksame Übertragung der Forderungen noch eine Durchleitungsvereinbarung vorliegt, darf keine Ausbuchung vorgenommen werden.

In einem dritten Schritt ist das Chancen/Risiko Profil des Veräußerers vor und nach Transaktion zu beurteilen. Als relevante Risiken für operative Forderungen im Rahmen von ABS-Transaktionen gelten insbesondere Kreditrisiken, aber auch gegebenenfalls Spätzahlerrisiken und Währungsrisiken, die Einfluss auf die Höhe der erwarteten Zahlungsströme haben. Die Kosten des ABS-Programms richten sich in erster Linie nach der Bonität der verbrieften Forderungen. Die Programme sind so ausgestaltet, dass zusätzliche Besicherungstechniken eingesetzt werden, um die Bonität der zu veräußernden Forderungen zu erhöhen. Eine in der Praxis gängige Form ist die Übersicherung (Overcollateralization). Hierbei handelt es sich um einen Kaufpreisabschlag auf das Forderungsvolumen, zur Deckung eventueller Forderungsausfälle auf Basis historischer Ausfallquoten. Der Abschlag wird auf einem Garantiekonto einbehalten und steht dem Käufer bei tatsächlichen Ausfällen zur Verfügung. Ein nicht in Anspruch genommener Saldo geht an den Verkäufer und determiniert den endgültigen Kaufpreis der Forderungen. Darüber hinaus sind auch Barsicherheiten oder die Bildung von Tranchen nach Bonität mit Nachrangigkeitsverhältnis denkbar. Im Ergebnis verbleiben durch diese Maßnahmen Teile des Kreditrisikos beim Verkäufer.

Eine Ausbuchung ist nur dann vorzunehmen, wenn im Wesentlichen alle Chancen und Risiken vollständig übertragen worden sind. Um dies nachweisen zu können, muss in der Regel eine quantitative Analyse des Forderungsportfolios vor und nach Übertragung durchgeführt werden. Als Maßstab ist die Variabilität in Höhe und Zeitpunkt der erwarteten Zahlungsströme heranzuziehen. Der Standard macht keine konkreten Vorgaben für die Berechnung, allerdings findet sich im HFA 48 Tz. 81f. ein Berechnungsbeispiel, das auf Basis von Barwerten für wahrscheinlichkeitsgewichtete Cashflows einen solchen Nachweis illustriert. Zeigt die Analyse, dass im Wesentlichen alle Chancen und Risiken nicht übertragen werden, darf keine Ausbuchung erfolgen und die Transaktion ist als besicherter Kredit zu bilanzieren. Liegt weder ein Zurückbehalt noch ein Übertrag der Chancen und Risiken nach Transaktion vor, kann eine Ausbuchung nur noch erfolgen, sofern der Käufer jederzeit und ohne Zustimmung des Verkäufers, die Forderung an Dritte veräußern kann. In diesem Fall ist die Kontrolle übergegangen und eine Ausbuchung der Forderung zulässig. In allen anderen Fällen ist die Forderung weiterhin in dem Ausmaß zu bilanzieren, in dem der Verkäufer den Chancen und Risiken ausgesetzt ist (Continuing Involvement).

Fazit

Um sicherzustellen, dass der gewünschten Effekt in der Bilanzierung erzielt werden kann, muss im Detail analysiert werden, ob die Ausgestaltung des Programms die oben dargestellten Bedingungen an eine Ausbuchung erfüllen kann. Von zentraler Bedeutung ist dabei die Art der Forderungsübertragung und das Chancen/Risiko-Profil, das nach der Transaktion unter Berücksichtigung von Besicherungstechniken beim Veräußerer verbleibt.

Unsere Experten des Finanz- und Treasury Management Teams stehen Ihnen für Fragen rund um die Bilanzierung von ABS-Programmen gerne zur Verfügung.

Quelle: KPMG Corporate Treasury News, Ausgabe 135, August 2023
Autoren:
Ralph Schilling, CFA, Partner, Head of Finance and Treasury Management, Treasury Accounting & Commodity Trading, KPMG AG 
Frederik Richter, Manager, Finance and Treasury Management, Treasury Accounting & Commodity Trading, KPMG AG