Highlights:

  • Der Bundestag hat am 1. Dezember 2022 das „Zweite Gesetz zur effektiven Durchsetzung von Sanktionen“ (SDG II) beschlossen. Der Bundesrat hat das Gesetz am 16. Dezember 2022 gebilligt.

  • Durch das SDG II wird zudem ein neues Stammgesetz geschaffen: Das „Gesetz zur Durchsetzung der vom Rat der Europäischen Union im Bereich der gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik beschlossenen wirtschaftlichen Sanktionsmaßnahmen (Sanktionsdurchsetzungsgesetz - SanktDG)“.

  • Das SDG II schafft einen speziell auf die Sanktionsdurchsetzung abgestimmten Rechtsrahmen und stärkt die Möglichkeiten zur Geldwäschebekämpfung.

  • Kernstück des Gesetzes ist die Schaffung der Zentralstelle für Sanktionsdurchsetzung (ZfSd) als neue Bundesbehörde. Diese wird vorerst im Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) angesiedelt sein und zukünftig in die neu zu errichtende Bundesoberbehörde zur Bekämpfung von Finanzkriminalität überführt werden.

Vor dem Hintergrund des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine und der internationalen Reaktionen hierauf haben Wirtschafts- und Finanzsanktionen als außenpolitisches Instrument wieder an Bedeutung gewonnen. Im Zuge dessen wurden hierzulande jedoch auch signifikante Defizite bei der Sanktionsdurchsetzung offenkundig, die den Gesetzgeber zum Handeln veranlassten. Mitte 2022 trat in diesem Zusammenhang bereits das erste Sanktionsdurchsetzungsgesetz (SDG I) in Kraft, das kurzfristig umsetzbare Maßnahmen enthielt. Für zusätzliche (auch strukturelle) Veränderungen hat der Bundestag am 1. Dezember 2022 das „Zweite Gesetz zur effektiven Durchsetzung von Sanktionen“ (SDG II) beschlossen, das auch Auswirkungen auf die Unternehmenspraxis haben wird. Der Bundesrat hat das Gesetz am 16. Dezember 2022 gebilligt. 

Ein eigener Rechtsrahmen für die Durchsetzung von Sanktionen

Mit dem SDG II soll ein speziell auf die Sanktionsdurchsetzung abgestimmter Rechtsrahmen geschaffen sowie die Geldwäschebekämpfung gestärkt werden. Anders als beim SDG I werden durch das SDG II nicht nur bestehende Gesetze, wie unter anderem das Außenwirtschaftsgesetz (AWG), das Geldwäschegesetz (GwG), das Kreditwesengesetz (KWG) und das Wertpapierhandelsgesetz (WpHG), geändert, sondern es wird darüber hinaus ein neues Stammgesetz geschaffen: Das „Gesetz zur Durchsetzung der vom Rat der Europäischen Union im Bereich der gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik beschlossenen wirtschaftlichen Sanktionsmaßnahmen (Sanktionsdurchsetzungsgesetz  - SanktDG)“.

Schaffung einer Zentralstelle für Sanktionsdurchsetzung

Kernstück des Gesetzes ist die Schaffung der Zentralstelle für Sanktionsdurchsetzung (ZfSd) als neue Bundesbehörde (§ 1 SankDG). Diese soll im Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) angesiedelt werden, um Synergieeffekte zwischen der Sanktionsdurchsetzung und der Geldwäschebekämpfung zu erzielen. Zukünftig soll die ZfSd in die neu zu errichtende Bundesoberbehörde zur Bekämpfung von Finanzkriminalität überführt werden. 

Durch eine Bündelung der Zuständigkeiten soll die ZfSd den einheitlichen Vollzug von Sanktionen gewährleisten. Dabei stehen ihr weitreichende Befugnisse zu (§§ 2 ff. SankDG), wie etwa die Durchsuchung von Geschäfts- oder Wohnräumen sowie die Sicherstellung von Unterlagen und sonstigen Gegenständen. Ferner können gegen juristische Personen und Personengesellschaften auch besondere Überwachungsmaßnahmen angeordnet werden, wenn das jeweilige Unternehmen gegen Bereitstellungs- oder Verfügungsverbote verstoßen hat oder ein solcher Verstoß unmittelbar bevorsteht (§ 9 SankDG). Die ZfSd darf in diesem Zusammenhang insbesondere Auskünfte und Unterlagen verlangen, an Beratungen der Organe des betroffenen Unternehmens teilnehmen und dessen Geschäftsräume betreten.

Weiterhin soll bei der ZfSd eine Hinweisgeberstelle eingerichtet werden, um Meldungen zu Sanktionssachverhalten aus dem In- oder Ausland entgegenzunehmen (§ 15 SankDG).

Möglichkeit zur Einsetzung eines Sonderbeauftragten

Sind Sanktionsverstöße durch ein Unternehmen bereits erfolgt oder stehen diese unmittelbar bevor, kann die ZfSd nach § 9 Abs. 3 SankDG zukünftig auch geeignete, zuverlässige und sachkundige Dritte mit der Durchführung der besonderen Überwachungsmaßnahmen beauftragen. Das können Rechtsanwält:innen, Wirtschaftsprüfer:innen oder Unternehmensberater:innen sein, die über entsprechende sanktionsrechtliche Expertise verfügen und auf Kosten der jeweiligen Unternehmen eingesetzt werden. Dabei werden ihnen dieselben Befugnisse übertragen, wie sie auch der ZfSd im Rahmen der besonderen Überwachungsmaßnahmen zustehen. Die Überwachung durch einen beauftragten Dritten soll dabei gewährleisten, dass Bereitstellungs- und Verfügungsverbote umfassend eingehalten werden. Zudem soll die ZfSd hierdurch alle nötigen Informationen erhalten, um gegebenenfalls weitere Maßnahmen treffen zu können. Die beauftragten Dritten sind der ZfSd gegenüber umfassend auskunftspflichtig.

Unternehmen können auch von sich aus beantragen, dass die ZfSd eine entsprechende Überwachung durch einen Dritten anordnet (§ 9 Abs. 4 SankDG). Dies mag zunächst paradox erscheinen. Der dahinterliegende Gedanke ist jedoch, dass Unternehmen in bestimmten Fällen (zum Beispiel, wenn einer ihrer Minderheitseigner sanktionsgelistet ist) zwar nicht selbst sanktioniert sind, aber aufgrund dieser „Sanktionsnähe“ Schwierigkeiten haben könnten, Geschäftspartner von einer (weiteren) Zusammenarbeit zu überzeugen. Tatsächlich stellt dies in der Praxis einige Unternehmen vor Herausforderungen, da beispielsweise viele Banken lieber auf Nummer sicher gehen, wenn anderenfalls mögliche Sanktionsverstöße im Raum stehen. Ein Sonderbeauftragter, der auf Wunsch des Unternehmens von der Zentralstelle eingesetzt wird, soll den betroffenen Unternehmen und den übrigen Marktteilnehmern in solchen Fällen daher künftig zu mehr Rechtssicherheit verhelfen.

Schaffung eines Registers für Vermögenswerte sanktionierter Personen

Bei der Zentralstelle wird ein elektronisches Register für die Vermögenswerte sanktionierter Personen und Personengesellschaften eingerichtet (§ 14 SankDG). Dieses Register wird zum einen Angaben zu den gelisteten Personen und den von ihnen kontrollierten Vermögenswerten enthalten. Zum anderen werden Vermögenswerte erfasst, die in einem sanktionsbezogenen Vermögensermittlungsverfahren noch nicht eindeutig zugeordnet werden konnten. Das Register soll auf der Homepage der Zentralstelle öffentlich zugänglich sein.

Änderungen in Bezug auf das Transparenzregister

Obwohl in Deutschland jedes Grundstück samt Eigentümern in einem Grundbuch verzeichnet ist, fehlt es an einer hinreichenden Transparenz, insbesondere wenn es um die natürlichen Personen geht, die mittelbare Eigentümer beziehungsweise wirtschaftlich Berechtigte einer Immobilie sind. Dies betrifft vor allem Immobilien, die im unmittelbaren Eigentum einer Gesellschaft stehen, da gesellschaftsrechtliche Veränderungen in den Grundbüchern regelmäßig nicht nachvollzogen werden können. Dies bietet bislang Möglichkeiten zur Verschleierung der wahren Eigentumsverhältnisse in Bezug auf große Vermögenswerte. Um diesem Defizit zu begegnen und mehr Transparenz bei Immobilien zu schaffen, soll für die Zentralstelle zukünftig die Möglichkeit einer elektronischen Abfrage beim bundeseinheitlichen Datenbankgrundbuch der Länder bestehen. Da dieses jedoch auf absehbare Zeit nicht fertiggestellt sein wird, sollen die Immobiliendaten zunächst einmal mit dem Transparenzregister verknüpft werden. 

Das Transparenzregister (§§ 18 ff. GwG) soll Angaben über die wirtschaftlich Berechtigten von Unternehmen zugänglich machen. Künftig sollen nun in das Register auch Angaben über Immobilien aufgenommen werden, die von Unternehmen gehalten werden (§ 19a GwG-neu). Die Immobiliendaten müssen zu diesem Zweck von den Grundbuch- und Katasterämtern an das Transparenzregister übermittelt werden.

Darüber hinaus müssen sich zukünftig auch alle ausländischen Gesellschaften in das Transparenzregister eintragen lassen, die im Inland Immobilien halten. Entsprechende Mitteilungen müssen bis zum 31. Dezember 2023 erfolgen. Aktuell gilt eine solche Mitteilungspflicht für ausländische Gesellschaften nur, wenn sie Immobilien neu erwerben; Bestandsimmobilien waren bislang ausgenommen.

Barzahlungsverbot beim Immobilienerwerb

Die Einführung eines Barzahlungsverbots bei Immobilientransaktionen dürfte  - zumindest in Deutschland  - als rechtliches Novum zu bezeichnen sein. Durch die Einführung von § 16a GwG-neu darf der Kaufpreis einer Immobilie künftig nicht mehr mit Bargeld gezahlt werden. Das Verbot erstreckt sich auch auf Kryptowerte und Rohstoffe. 

Das Barzahlungsverbot soll der Bekämpfung illegaler und intransparenter Immobilienfinanzierungen dienen und damit der hohen Geldwäscheanfälligkeit des deutschen Immobiliensektors Rechnung tragen. Die Einführung eines solchen Verbots war bereits im Koalitionsvertrag der aktuellen Bundesregierung angekündigt und war daher ohnehin zu erwarten. Das SDG II bot nun offenbar eine passende Gelegenheit zur schnellen Umsetzung dieses Vorhabens.

Was folgt daraus für Unternehmen?

Das Gesetz führt dazu, dass es weiterhin viel Bewegung bei der Bekämpfung von Finanzkriminalität gibt. Die Erfolge bei der Sanktionsdurchsetzung dürften in Zukunft zunehmen, ebenso die Entdeckungswahrscheinlichkeit für Sanktionsverstöße. Unternehmen sollten dies zum Anlass nehmen, ihre eigenen Sanktions-, Compliance- und Anti-Geldwäsche-Systeme einer kritischen Prüfung zu unterziehen und erforderliche Anpassungen vorzunehmen. Darüber hinaus sollten die Änderungen in Bezug auf das Transparenzregister beachtet werden, die nach Inkrafttreten des Gesetzes gegebenenfalls Mitteilungspflichten auslösen. Das kann auch ausländische (Konzern-) Gesellschaften mit Bestandsimmobilien in Deutschland betreffen, die bislang noch gar nicht zur Meldung an das Transparenzregister verpflichtet waren.