Nach dem Aus für die Gasumlage wurde am 03.11.2022 die Einführung eines Gaspreis- und Strompreisdeckels durch die Bundesregierung angekündigt. 

Am 29.11.2022 waren dann die Gesetzesentwürfe zur Einführung von Preisbremsen für leitungsgebundenes Erdgas und Wärme sowie zur Einführung einer Strompreisbremse fertig erstellt.

Beabsichtig ist eine Entlastung der Privathaushalte sowie der Unternehmen ab 01.03.2023 bis maximal zum 30. April 2024. Eine Rückwirkung für die Monate Januar sowie Februar 2023 ist in den Gesetzesentwürfen vorgesehen worden. 

Die Gas- und Wärmepreisbremse basiert hierbei im Wesentlichen auf folgenden Eckpfeilern:

  • Für private Haushalte sowie Unternehmen mit einem Gasverbrauch unter 1,5 Mio. kWh im Jahr, sowie Pflegeeinrichtungen, Forschungs- und Bildungseinrichtungen, soll der Gaspreis auf 12 ct/kWh (inkl. aller Steuern, Abgaben, Umlagen und Netzentgelte) begrenzt werden. Gilt für 80% des Vorjahresverbrauchs
  • Für Industriekunden soll der Gaspreis auf 7 ct/kWh (exkl. aller Steuern, Abgaben, Umlagen und Netzentgelte) und für Wärme auf 7,5 ct/kWh begrenzt werden. Gilt für 70% des Vorjahresverbrauchs. 

Die hieraus resultierenden Haushaltsausgaben werden für die Jahre 2023 und 2024 auf ca. 56 Milliarden Euro geschätzt. 

Die Strompreisbremse basiert hingegen auf folgenden Eckpfeilern:

  • Der Strompreis für private Verbraucher sowie Unternehmen (mit einem Stromverbrauch von bis zu 30 000 kWh pro Jahr) wird bei 40 ct/kWh (inkl. aller Steuern, Abgaben, Umlagen und Netzentgelte) begrenzt. Dies gilt für den Basisbedarf von 80% des historischen Verbrauchs 
  • Für Verbraucher mit mehr als 30.000 kWh historischem Jahresverbrauch (vor allem mittlere und große Unternehmen) liegt die Grenze bei 13 ct/kWh (exkl. Steuern, Abgaben und Umlagen) für 70 Prozent des historischen Verbrauchs

Die Finanzierung der Strompreisbremse soll überwiegend durch eine Abschöpfung sogenannter Überschusserlöse stattfinden, wobei angenommen wird, dass eine Zwischenfinanzierung von ca. 43 Milliarden Euro durch den Bundeshaushalt notwendig werden wird.

Unter den Überschusserlösen werden im allgemeinen Sprachgebrauch sogenannte „Zufallsgewinne“ verstanden. Diese „Zufallsgewinne“ fallen bedingt durch die Merit-Order vor allem bei Erzeugern mit geringen Erzeugungskosten an. Somit sieht der Gesetzesentwurf eine Abschöpfung von 90% der Überschusserlöse bei der Energieerzeugung durch Windkraft, Photovoltaik, Wasserkraftanlagen, Abfallverbrennungsanlagen, Kernkraftwerken, Mineralöl und Braunkohlekraftwerken vor. Die genaue Ermittlung des Abschöpfungsbetrages je Erzeugungstechnologie ist komplex und ermöglicht den Erzeugern Effekte aus Terminmarktgeschäften in der Bestimmung der Überschusserlöse zu berücksichtigen. Sinn und Zweck der Berücksichtigung ist es, Erzeuger für eine frühzeitige Absicherung ihrer Vermarktung der zu erzeugenden Energie nicht einseitig zu benachteiligen. Terminmarktgeschäfte zum Zwecke des Eigenhandels können dagegen nicht in die Ermittlung der Überschusserlöse einberechnet werden.

Besonders beachtet werden sollte, ab welcher installierten Leistung einer Erzeugungsanlage eine Abschöpfung vorgesehen ist. Für Erneuerbare-Energien-Anlagen erfolgt eine Abschöpfung bereits ab einer installierten Leistung von 1 Megawatt. Die gleiche Vorgabe besteht auch für Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlagen. Von der Abschöpfung ausgenommen werden hierbei nur Erzeuger, die den Strom ohne Nutzung eines Netzes selber verbrauchen. Diese Regelung wird nach gegenwärtiger Einschätzung dazu führen, dass Unternehmen mit eigener Erzeugung ‒ beispielsweise aus einer Photovoltaikanlage auf den Produktionshallen und einer installierten Leistung größer 1 Megawatt der Überschusserlösabschöpfung unterliegen können. Ursächlich hierfür ist, dass in der Regel eine Nutzung des Netzes erfolgt und nicht eine vollständige Speicherung der Energie in eigenen Batteriespeichern möglich ist.

Da die Abschöpfung rückwirkend ab dem 01.12.2022 vorgesehen ist und der erste Abschöpfungszeitraum vom 01.12.2022 bis zum 31.03.2023 definiert wurde, kann hieraus für die Unternehmen auch eine Pflicht zur Rückstellungsbildung im Abschluss zum 31.12.2022 resultieren.

Abschließend sehen sowohl die Entwürfe für die Gas- und Wärmepreisbremse als auch die Strompreisbremse zahlreiche Prüfungsverpflichtungen der Unternehmen, Energieerzeuger, Energieversorger und der Netzbetreiber vor, für die ein externer Prüfer (beispielsweise eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft) zu bestellen ist. Manche dieser Prüfungen haben erst im Jahr 2024 zu erfolgen, jedoch sehen die Gesetzesentwürfe auch Prüfungen vor, die bis zum 31.07.2023 abgeschlossen sein müssen und einen hohen Prüfaufwand erwarten lassen.

Energiewirtschaftlich betrachtet ist in Bezug auf die Strompreisbremse anzumerken, dass nach unserer Auffassung spezifische Situationen resultieren können, bei denen es für gewisse Erzeugungstechnologien unter Umständen vermieden wird Energie zu erzeugen und ins Stromnetz einzuspeisen, da der Abschöpfungsmechanismus in diesen spezifischen Situationen stark benachteiligend wirkt. Für die Versorgungssicherheit in Deutschland ist dies nicht förderlich. Auch kann es durch den Abschöpfungsmechanismus zu einem asymmetrischen Zahlungsprofil einzelner Stromvermarktungen kommen und diese zukünftig für Erzeuger uninteressant werden.

Ihr Team des Finanz- und Treasury Managements empfiehlt ausdrücklich eine frühzeitige Auseinandersetzung mit den Vorgaben beider Gesetzesentwürfe und der Erstellung einer Auswirkungsanalyse für das jeweilige Unternehmen.

Quelle: KPMG Corporate Treasury News, Ausgabe 128, Dezember 2022
Autoren:
Ralph Schilling, CFA, Partner, Head of Finance and Treasury Management, Treasury Accounting & Commodity Trading, KPMG AG 
Moritz zu Putlitz, Manager, Finance and Treasury Management, Treasury Accounting & Commodity Trading, KPMG AG