Die Reise zur Einführung eines Treasury Management Systems (TMS) ist eine spannende und herausfordernde Zeit, die mit der sorgfältigen Auswahl des richtigen Systems beginnt. Im ersten Artikel wurde die Notwendigkeit eines TMS beleuchtet, das den komplexen Anforderungen der modernen Treasury-Funktion gerecht wird. Die Auswahlphase war geprägt von der Analyse funktionaler und nicht-funktionaler Anforderungen, der Einbindung relevanter Stakeholder und der Priorisierung von Kriterien, die den Weg zu einem maßgeschneiderten System ebnen. Diese Schritte sind entscheidend, um ein System zu wählen, das nicht nur den aktuellen Anforderungen entspricht, sondern auch zukünftige Entwicklungen berücksichtigt.

Mit der Entscheidung für ein TMS beginnt die spannende Phase der Implementierung. Diese Phase ist mehr als nur ein technischer Prozess; sie ist eine Transformation, die das Unternehmen auf eine neue Ebene der Effizienz und Sicherheit hebt. Eine sorgfältige Planung und Organisation sind unerlässlich, um die Rahmenbedingungen für ein effektives und effizientes Projekt zu schaffen. Die Wahl des Projektmanagement-Ansatzes, sei es agil oder traditionell, und die Integration in die bestehende IT-Landschaft sind zentrale Elemente, die den Erfolg der Implementierung maßgeblich beeinflussen. Ein gut strukturiertes Testmanagement und die frühzeitige Einbindung aller relevanten Stakeholder sind essenziell, um die Systemeinführung erfolgreich zu gestalten, die Akzeptanz bei allen zukünftigen Nutzern zu gewährleisten und die Grundlage für einen stabilen Betrieb zu schaffen.

Folgende Grafik ordnet die beiden Phasen in den Gesamtlebenszyklus ein:

Abbildung 1: Eigene Darstellung: Der TMS-Lebenszyklus

Abbildung 1: Eigene Darstellung: Der TMS-Lebenszyklus

Quelle: KPMG AG

Erfolgreich implementieren – So gelingt die Einführung eines TMS

Wenn Sie sich für das passende TMS entschieden haben, gilt es im nächsten Schritt dieses zu implementieren. Eine erfolgreiche Systemeinführung erfordert eine sorgfältige Planung, eine klare Projektorganisation und die Einbindung aller relevanten Stakeholder. Eine gut strukturierte Projektorganisation schafft die Grundlage für eine effektive Zusammenarbeit und Kommunikation. Gleichzeitig ist es wichtig, die Bedürfnisse und Erwartungen der Stakeholder zu identifizieren und sicherzustellen, dass sie während des gesamten Projekts berücksichtigt werden.

Ein weiterer wesentlicher Aspekt ist die Wahl des Projektmanagement-Ansatzes auf Basis der spezifischen Projektanforderungen. Dieser bildet die Grundlage und setzt gleichzeitig die Rahmenbedingungen für den gesamten Projektverlauf. Während Agilität Flexibilität und schnelle Anpassungen ermöglicht, bietet der Wasserfall-Ansatz klare Phasen und Struktur. Ein ausschlaggebender Punkt in der Entscheidung ist die unternehmenseigene Vorgehensweise, die auch in einer Hybridlösung bestehen kann. 

Sobald die Rahmenparameter definiert sind, kann auf Basis der Anforderungen die Erstellung von Fachkonzepten beginnen, in denen die Zielprozesse klar und ausführlich beschrieben sind. Hier helfen Schaubilder zur Illustration und zur Schaffung eines tiefgehenden Verständnisses. Es ist essenziell sich damit auseinander zu setzen, in welcher Art und Weise die Prozesse abgebildet werden sollen. Dabei bietet sich die große Chance, Arbeitsabläufe zu verschlanken und auf Best Practice Ansätze zu wechseln. Häufig muss nicht jeder Schritt 1:1 übernommen werden. 

Im Anschluss wird in einem technischen Konzept durch den Systemintegrator beschrieben, wie die Anforderungen durch das Customizing der Software abgedeckt werden. Fachbereich und Systemintegrator sollten aufgrund der Interdependenz zwischen Anforderung und Umsetzung eng zusammenarbeiten, da in manchen Systemen Standardprozesse mehr oder weniger out-of-the Box mitgeliefert werden. Dadurch besteht die Möglichkeit sowohl Implementierungs- als auch spätere Wartungskosten zu reduzieren.

Sowohl für die Definition der fachlichen als auch technischen Konzepte ist es von großer Wichtigkeit eine Abgrenzung zu den Anforderungen vorzunehmen, die nicht Teil der Implementierung sind, um einen realistischen und realisierbaren Aufgabenkatalog auf Basis des angesetzten Projektzeitraums festzulegen. Eine effiziente Methode, um eine Priorisierung und Kategorisierung aller Anforderungen auf Basis von Wichtigkeit und Auswirkung durchzuführen ist auch hier, wie bei der vorherigen Systemauswahl, die MSCW-Methode. Durch den Einbezug der beteiligten Stakeholder und der kollaborativen Einordnung in die entsprechenden Kategorien, entsteht eine gemeinsame und transparente Erwartungshaltung an das Projekt. Anforderungen, die nachträglich während des Implementierungszeitraums als projektrelevant eingestuft werden, sollten der gleichen Priorisierung unterzogen werden und haben gegebenenfalls zusätzliche Aufwände – sowohl ressourcen- als auch kostentechnisch – zur Folge. 

Auf die erfolgreiche Abgrenzung der Projektaktivitäten folgt die tatsächliche Umsetzung und Einführung des Systems. Erfahrungsgemäß stellen sich Unternehmen an dieser Stelle die Frage nach dem richtigen Testvorgehen. Die Notwendigkeit eines dedizierten Testmanagements und der zugehörigen Dokumentation ist unumstritten. Projektverzögerungen wirken sich oft negativ auf die Testphase aus. Unzureichendes Testen kann zu schwerwiegenden Problemen führen, wie etwa falschen Buchungen, fehlerhaften Bewertungen, Zahlungsunfähigkeit oder Verstößen gegen Compliance-Richtlinien. Diese Beispiele zeigen, wie wichtig gründliches Testen ist, um große Auswirkungen zu vermeiden. Das moderne Testmanagement gilt als Möglichkeit, den bekannten Herausforderungen einer Systemimplementierung vorwegzugreifen, indem die bereits während des RfP festgelegten Anforderungen frühzeitig aufgegriffen und mit relevanten KPIs kombiniert werden, um maximale Transparenz zu schaffen.1 Dieses Vorgehen ermöglicht eine detaillierte sowie präzise Aufwandsschätzung für den Testdurchlauf. Ein Testmanagement-Tool ermöglicht darüber hinaus ein übersichtliches Fortschrittstracking, ein adressatengerechtes Reporting und dient gleichzeitig als Steuerungsgrundlage. Es ist zu empfehlen, das Vorgehen möglichst früh zu planen, um bei der folgenden Jahresabschlussprüfung ein umfängliches und auditkonformes Vorgehen nachweisen zu können, denn TMS-Systeme liefern wichtige Daten für ERP-Systeme und beeinflussen dadurch die Bilanzierung. Diese Relevanz sollte bei der Implementierungsplanung und der Audit-Compliance stets berücksichtigt werden. Eine projektbegleitende Prüfung (nach ISAE3000-Standard) kann Ihnen dabei helfen, Probleme frühzeitig zu erkennen, diesen vorzubeugen und den Projekterfolg zu sichern.

Ein klassischer Aufwandstreiber in Implementierungsprojekten sind die Schnittstellen zu anderen Systemen – intern (z.B. Accounting) sowie extern (z.B. Zahlungsverkehr). Aus diesem Grund ist es wichtig, die bestehende IT-Architektur zu berücksichtigen und betroffene Abteilungen frühestmöglich in das Projekt einzubeziehen. Auch für die spätere Überführung in den Regelbetrieb ist es wichtig, die Verantwortlichkeiten insbesondere mit der IT-Abteilung zu klären, denn eine klare Aufteilung der Verantwortlichkeiten und Zuständigkeiten ist notwendig, um den Betrieb effizient zu gestalten und Missverständnisse zu vermeiden.

Zusätzlich zur technischen und organisatorischen Planung ist auch das Change-Management ein zentraler Erfolgsfaktor. „Klare Rollenverteilungen und Kommunikationswege sorgen für eine effektive Umsetzung. Neben Fachwissen sind für die Teammitglieder Soft Skills wie Kommunikation und Problemlösungskompetenz entscheidend.“2 Dabei ist es sinnvoll, bestehende Mitarbeiter, Fähigkeiten, Rollenkonzepte und Verantwortlichkeiten zu integrieren und Wissen, insbesondere in Bezug auf das neue System und potenziell damit einhergehende Prozessänderungen, aufzubauen. Ein weiterer wesentlicher Aspekt ist die frühzeitige Einbindung aller zukünftigen Nutzer. Durch gezieltes Testing und Training werden die Nutzer mit dem neuen System vertraut gemacht. Eine umfassende Kommunikation ist entscheidend, um die Akzeptanz zu fördern und mögliche Widerstände zu adressieren. Diese methodische Herangehensweise gewährleistet nicht nur die technische Implementierung, sondern auch die nachhaltige Integration des Systems in die bestehenden Arbeitsprozesse.

Nach erfolgreichem Test und der Freigabe durch die relevanten Stakeholder ist es in Vorbereitung auf den Go Live des neuen TMS ratsam, diesen Prozess im Rahmen eines „Dress Rehearsals“ in einer Testumgebung durchzuführen, sodass die Zeitplanung überprüft sowie potenzielle Inkonsistenzen im Ablauf oder bei der Ausübung manueller Tätigkeiten aufgedeckt und behoben werden können. Des Weiteren sind alle Themen zu dokumentieren, die bis zu diesem Zeitpunkt nicht abgeschlossen werden können und nicht Go Live-relevant sind. Eine strukturierte Übergabe der offenen Punkte ermöglicht im Nachgang einen reibungslosen Betrieb bzw. priorisierte Abarbeitung dieser verbliebenen offenen Punkte. Dabei sollten Sie darauf achten, ein Umsetzungsdatum festzulegen, um eine vollständige und zeitnahe Durchführung zu gewährleisten.

Nach der Einführung – Stabilisierung und effektiver Betrieb

Nach der Übergabe der offenen Punkte aus der Implementierung und einer erfolgreichen Produktivnahme des TMS folgt die sogenannte Hypercare-Phase. In dieser Phase werden unter realen Nutzungsbedingungen gezielte Maßnahmen ergriffen, um falls notwendig das Systemverhalten zu stabilisieren und eine fehlerfreie Funktionalität zu gewährleisten. Bei einer Systemneueinführung empfiehlt es sich, einen Zeitraum von etwa zwei Wochen – bzw. je nach Umfang der Funktionalität des eingeführten TMS über den ersten Monatsabschluss hinaus – zu definieren, in dem alle beteiligten Parteien, ähnlich wie in der Testphase, in engem Austausch miteinander stehen und somit entsprechende Verfügbarkeiten gewährleistet sind, mögliche auftretende Probleme gemeinsam zu adressieren und lösen. Diese Phase ist entscheidend, da mögliche Probleme – sei es prozessual, systemisch, funktional oder bei Schnittstellen – frühzeitig erkannt und gelöst werden können. Durch eine intensive Überwachung und schnelle Reaktion auf auftretende Probleme wird die Stabilität des Systems sichergestellt.

Um die Grundsteine für einen erfolgreichen Betrieb zu legen, ist es darüber hinaus wichtig, einen klar definierten Change-Request-Prozess zwischen der Fachabteilung, der IT-Abteilung und dem Softwarehersteller zu etablieren. Dieser Prozess dient der effizienten Umsetzung von Anpassungen. Für die Bewertung der Kritikalität und Notwendigkeit einer Anpassung sollten unter anderem Kriterien wie der Änderungsgrund, die Auswirkungen und die Risiken berücksichtigt werden. Durch dieses Vorgehen wird eine gemeinsame Basis geschaffen und das gegenseitige Verständnis für die Beweggründe der beteiligten Parteien verstärkt. Eine angemessene Dokumentation sichert die Nachvollziehbarkeit z.B. im Revisionsprozess und schützt vor einer Erosion des Wissens, das im Kontext einer Veränderung aufgebaut wurde.

Die kurze Hypercare-Phase endet mit der finalen Übergabe aller Themen in den laufenden Betrieb und gilt gleichzeitig als Abschluss des Implementierungsprojekts. Ab diesem Zeitpunkt treten alle vorher definierten Prozesse, Arbeits- und Vorgehensweisen in Kraft. Dem Regelbetrieb im neuen TMS sollte nun nichts mehr im Weg stehen. Jetzt beginnt die längste Phase und es ist an der Zeit, die Früchte der harten Arbeit zu ernten, jedoch endet der TMS-Lebenszyklus hier noch nicht.

Ausblick

Während die Implementierung und Hypercare-Phase den Grundstein für den Betrieb des TMS legen, ist der Blick in die Zukunft ebenso wichtig. Im letzten Artikel werden wir den Fokus auf den laufenden Betrieb und die Auslaufphase des TMS legen. Hierbei geht es darum, wie das System kontinuierlich optimiert und sofern sinnvoll oder notwendig - letztlich durch ein neues System ersetzt werden kann, um den sich wandelnden Anforderungen gerecht zu werden. Die Leser können sich auf eine detaillierte Betrachtung der langfristigen Nutzung und Anpassung des TMS freuen, um sicherzustellen, dass es den hohen Ansprüchen des Unternehmens dauerhaft gerecht wird. Regelmäßige Überprüfungen und Anpassungen sind notwendig, um die Leistungsfähigkeit des Systems gemessen an den sich unter Umständen ändernden Anforderungen oder technischen Möglichkeiten aufrecht zu erhalten und den sich verändernden regulatorischen Anforderungen gerecht zu werden. Diese Phase bietet die Gelegenheit, aus den Erfahrungen der Implementierung zu lernen und die gewonnenen Erkenntnisse in die kontinuierliche Verbesserung des Systems einfließen zu lassen.

Quelle: KPMG Corporate Treasury News, Ausgabe 155, Juni 2025
Autoren:
Nils Bothe, Partner, Finance and Treasury Management, Corporate Treasury Advisory, KPMG AG
Philipp Knuth, Senior Manager, Finance and Treasury Management, Corporate Treasury Advisory, KPMG AG

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1 KPMG Corporate Treasury Advisory Newsletter Nr. 121, Mai 2022, Artikel “Modernes Testmanagement im Rahmen von TMS Veränderungen”
2 VdT, Treasury Bulletin 1-2025, S. 3, https://www.vdtev.de/artikel?/media/treasury-bulletin-12025/2128