Damit Mitarbeitende ein hohes Interesse am Unternehmenserfolg haben, werden sie daran finanziell beteiligt. Indem eine mögliche Wertsteigerung an den Unternehmenswert geknüpft wird, können Unternehmen Interessenkonflikten zwischen Investoren und Management vorbeugen.
Managementbeteiligungen werfen allerdings steuerrechtliche Fragen auf. Insbesondere war bislang nicht klar, ob Rückflüsse und Veräußerungsgewinne aus der Beteiligung den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit oder den Kapitaleinkünften zuzurechnen sind. Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit unterliegen dem progressiven Steuersatz. Das kann zu Grenzsteuerbelastungen von 45 Prozent führen (zzgl. Solidaritätszuschlag und ggf. Kirchensteuer). Kapitaleinkünfte unterliegen hingegen in der Regel der Abgeltungsteuer in Höhe von 25 Prozent (zzgl. Solidaritätszuschlag und ggf. Kirchensteuer).
Aktuelle Entscheidungen des BFH
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit zwei Urteilen vom 14. Dezember 2023 (Az. VI R 1/21 und Az. VI R 2/21) entschieden, dass der Gewinn aus der marktüblichen Veräußerung einer Mitarbeiterbeteiligung kein lohnsteuerbarer Vorteil ist. Das sei auch dann nicht der Fall, wenn der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin die Beteiligung zuvor verbilligt erworben hatte. Ein lohnsteuerbarer Vorteil könne nur insoweit vorliegen, als der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin aus der Veräußerung der Mitarbeiterbeteiligung einen durch das Arbeitsverhältnis veranlassten marktunüblichen Überpreis erzielt.
Geklagt hatte jeweils ein leitender Angestellter, der an einem Managementbeteiligungsprogramm teilgenommen hatte. Das Programm hatte ihm die Möglichkeit gegeben, im Zuge eines geplanten Börsengangs Anteile an einer sogenannten Manager KG zu erwerben. Nach erfolgreicher Börsenplatzierung erhielt der Kläger Aktien dieser Kapitalgesellschaft, die er mit hohen Gewinnen veräußerte. Das Finanzamt behandelte die Differenz zwischen dem erzielten Verkaufspreis und dem Kapitaleinsatz des Klägers als steuerpflichtigen Arbeitslohn. Zu Unrecht, wie der BFH nun entschied.
Abgrenzung von Arbeitslohn und Sonderrechtsverhältnis erforderlich
Die Begründung des BFH lautet: Für die Annahme von Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit müsse eine Veranlassung durch das individuelle Dienstverhältnis erkennbar sein. Dagegen liege kein Arbeitslohn vor, wenn die Zuwendung auf einem selbständig neben dem Arbeitsverhältnis bestehenden Sonderrechtsverhältnis beruhe. Voraussetzung für ein Sonderrechtsverhältnis sei allerdings, dass die Mitarbeiterbeteiligung zivilrechtlich wirksam vereinbart und tatsächlich durchgeführt wurde. Die Mitarbeiterbeteiligung stelle dann eine eigenständige, vom Arbeitsverhältnis unabhängige Erwerbsgrundlage dar. Etwaige Erträge in Form von Gewinnausschüttungen oder Veräußerungsgewinnen seien in diesem Fall nicht nach § 19 EStG, sondern allein nach den insoweit einschlägigen Tatbeständen des Einkommensteuergesetzes zu versteuern. Vertraglich vereinbarte Leaver-Klauseln, die den Fortbestand des Beteiligungsverhältnisses an den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses knüpfen, stünden der steuerlichen Anerkennung der Mitarbeiterbeteiligung als Sonderrechtsverhältnis nicht entgegen.
Carmen Egermann
Senior Managerin, Tax, Global Mobility Services
KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft
Ines Brunotte
Partner, Financial Services
KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft
Verbilligter Erwerb der Kapitalbeteiligung unbeachtlich
Für die steuerliche Beurteilung des Veräußerungserlöses sei es auch unerheblich, ob der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin die Kapitalbeteiligung zuvor verbilligt erworben hat. Zu beachten ist allerdings: Ein verbilligter Erwerb ist ein zu versteuernder geldwerter Vorteil. Die Vergünstigung fällt somit unter den Arbeitslohn. Erwerb und Veräußerung seien nach dem BFH jedoch getrennt zu betrachten. Ein vergünstigter Erwerb der Beteiligung führe nicht dazu, dass auch der Veräußerungsgewinn dem Arbeitslohn zuzurechnen ist.
Ausnahme bei marktunüblichem Überpreis
Eine Ausnahme hat der BFH allerdings genannt: Erzielt der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin bei Veräußerung der Beteiligung einen marktunüblichen Überpreis, könne dieser auch bei Bestehen eines Sonderrechtsverhältnisses durch das Arbeitsverhältnis veranlasst sein. Der über den Marktpreis hinausgehende Betrag sei dann als Arbeitslohn zu versteuern.
Die steuerliche Behandlung bleibt einzelfallabhängig
Die Rechtsprechung des BFH ist zu begrüßen. Gleichwohl bleibt die steuerliche Behandlung einzelfallabhängig. Insbesondere die Herangehensweise einiger Finanzämter und Finanzgerichte ist weiterhin schwer einschätzbar, auch weil derzeit keine Stellungnahme des Bundesfinanzministeriums vorliegt. Deshalb sollten Unternehmen das Aufsetzen einer Managementbeteiligung weiterhin sorgfältig strukturieren.
Nicht nur bei Arbeitnehmer:innen, sondern auch bei Vorständen und Geschäftsführung sind Kapitalbeteiligungen ein häufiges Vergütungsinstrument. Auch hier sollte der Aufsichtsrat bei der Ausgestaltung die Argumentation des BFH berücksichtigen.