• Dominique Gottret, Partner |
  • Evgin Yildiz, Expert |

Gesetzliche Vorkaufsrechte an Immobilien sind weit verbreitet und können bei Immobilientransaktionen ein Hindernis darstellen. Zunehemend an Bedeutung gewinnen gesetzliche Vorkaufsrechte von Gemeinden, welche den Wohnungsmangel bekämpfen und bezahlbaren Wohnraum sicherstellen sollen.

Hintergrund

Die heutige Ausprägung gesetzlicher Vorkaufsrechte an Immobilien ist vielseitig. Zunehmend an Bedeutung gewinnen kantonale Vorkaufsrechte, welche die Bekämpfung von Wohnungsnot, Förderung von bezahlbarem Wohnraum oder Erfüllung sonstiger öffentlicher Interessen zum Gegenstand haben. Die Politik hat diese Thematik schon seit geraumer Zeit aufgegriffen. Am 15. Januar 2014 gab der Bundesrat die Prüfung eines Vorkaufsrechts für Gemeinden in Auftrag und hat seither bei diversen politischen Vorstössen auf diesen Bericht verwiesen (vgl. Volksinitiative «Mehr bezahlbare Wohnungen» vom 18. Oktober 2016). Erst am 13. Februar 2024 wurde der «Aktionsplan gegen Wohnungsknappheit» veröffentlicht, worin das Vorkaufsrecht für Gemeinden als Massnahme erneut aufgegriffen wurde. Auf Bundesebene wurde die Thematik bis dato nicht weiterverfolgt, da u.a. die Kantone bereits die Kompetenz zur Einführung solcher Vorkaufsrechte besitzen, ein Mehraufwand für die Gemeinden resultieren und Grundstückgeschäfte erschwert würden. Einige Kantone haben gehandelt und solche Vorkaufsrechte eingeführt (z.B. Genf oder Waadt).

Problematik bei Transaktionen

Diese kantonalen Vorkaufsrechte können bei Immobilientransaktionen zu Komplikationen, Verzögerungen und Unsicherheiten führen. In der Praxis sollte diese Thematik stets möglichst frühzeitig aufgenommen werden, damit Transaktionen nicht länger als nötig in einem rechtlichen Schwebezustand verharren. Bei Transaktionen mit mehreren Immobilien in verschiedenen Kantonen kann sich diese Thematik sogar verschärfen. Von Umgehungsgeschäften ist prinzipiell abzuraten, da Rechtsgeschäfte, welche wirtschaftlich einem Verkauf gleichzusetzen sind, den Vorkaufsfall ebenfalls auslösen können. Die Überraschung dürfte spätestens bei der Grundbuchanmeldung folgen, da Grundbuchverwalter beim Vollzug solcher Gesetze mitzuwirken und den zuständigen Behörden eine Meldung zu erstatten haben. Aus unser Sicht ist ein aktiver Austausch mit den zuständigen Behörden vorzuziehen, weil dieser Klarheit und Sicherheit für eine Transaktion schaffen kann.

Bedingungen des Vorkaufsrechts

Als Grundsatz gilt, dass der Vorkaufsberechtigte das Vorkaufsrecht zu den gleichen Bedingungen ausüben kann wie der Dritte. In den kantonalen Regelungen werden teilweise auch die Bedigungen für die Ausübung des Vorkaufsrecht festgelegt (z.B. zum Selbstkostenpreis). Bei grösseren Immobilientransaktionen kommt es immer wieder vor, dass der Kaufpreis nicht nur durch eine Cash-Komponente beglichen wird. Unserer Erfahrung nach bildet eine solche Vereinbarung fast immer einen wesentlichen Bestandteil der Transaktion. Gelten die Bedigungen des Dritten, kann das vorkaufsberechtigte Gemeinwesen diese unter Umständen nicht erfüllen. Unserer Ansicht nach hat das vorkaufsberechtigte Gemeinwesen diesfalls auch keinen Anspruch darauf, dass der Kaufpreis abweichend von der Vereinbarung der Parteien beglichen werden kann. Wenn hingegen im Gesetz bereits die Bedingungen für die Ausübung des Vorkaufsrechts festgelegt werden, dürfte sich das vorkaufsberechtigte Gemeinwesen auf diese berufen. Hierzu ist das Gemeinwesen auch nicht von einer Anmerkung des gesetzlichen Vorkaufsrechts im Grundbuch abhängig. Diese dient lediglich der Kundbarmachung, hat aber keine Auswirkung auf den rechtlichen Bestand des Vorkaufsrechts. Ein Austausch mit den zuständigen Behörden kann auch hier helfen, um Klarheit und Sicherheit für eine Transaktion zu schaffen.

Lösungsansätze

Bei Vorliegen eines Vorkaufsfalles kann der Vertrag zwar unterzeichnet werden, jedoch ist der Vollzug sinnvollerweise aufzuschieben und unter gewisse Bedingungen zu stellen (z.B. Vorliegen einer Verzichtserklärung des Gemeinwesens). Unserer Erfahrung nach sind die Parteien bei komplexeren Transaktionen gut beraten, wenn sie bei Vorliegen gesetzlicher Vorkaufsrechte im Vertrag noch weitere Vorkehrungen treffen. Beispielsweise wird bei der Veräusserung von Immobilienportfolios regelmässig ein Portfoliozuschlag vereinbart, da die Immobilien als Paket gewisse Synergien mit sich bringen können und entsprechend wertvoller sind als wenn man nur die einzelnen Liegenschaften betrachtet. Welche Folgen ergeben sich für eine Transaktion, wenn das Vorkaufsrecht nur an einzelnen Immobilien aus einem Portfolio ausgeübt wird? Will der Erwerber nur das Portfolio als Ganzes erwerben, kann dies zur Rückabwicklung der gesamten Transaktion führen. Ist der Erwerber bereit, auch nur einen Teil des Portfolios zu erwerben, dann sollten die Parteien einen Mechanismus für die Anpassung des Kaufpreises definieren.

Ausblick

Unserer Ansicht nach lag der Bundesrat mit seiner Einschätzung richtig, dass die Einführung gesetzlicher Vorkaufsrechten für Gemeinden zur Erschwerung von Grundstückgeschäften führen wird. Die aktuelle Leerwohnungsquote vom 1. Juni 2023 liegt bei 1.15% und damit noch leicht über dem Stand im Jahr 2014. Es bleibt abzuwarten, wie sich diese Thematik in Zukunft auf kantonaler und gesamtschweizerischer Ebene weiterentwickelt.

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