Rahmenwerk für die Sanierung und Abwicklung von CCPs in Kraft

Aufrechterhaltung kritischer Funktionen von zentralen Gegenparteien (CCPs)

Aufrechterhaltung kritischer Funktionen von zentralen Gegenparteien (CCPs)

Per August 2022 ist das zentrale Rahmenwerk für die Sanierung und Abwicklung von zentralen Gegenparteien (CCP-RR-VO), welche für das Clearing von Wertpapier- und Derivatekontrakte eine wesentliche Rolle einnehmen, großteils mittels Verordnung (VO [EU] 2021/23) in Kraft getreten und erweitert damit die seit Februar 2022 gültigen Bestimmungen zur Sanierungsplanung für CCPs.

Die CCP-RR-VO adressiert Kritikpunkte an der European Market Infrastructure Regulation (EMIR), welche der europäische Gesetzgeber 2009 als Reaktion auf die Finanzkrise erlassen hat. Die Finanzkrise 2008 hat aufgezeigt, dass keine adäquaten Instrumente für die Aufrechterhaltung der kritischen Funktionen von CCPs bestehen, sowie keine geeigneten Rahmenbedingungen vorliegen, die eine Zusammenarbeit und Koordinierung von Behörden ermöglichen und somit eine rasche Durchführung der entsprechenden Maßnahmen gewährleisten.

Die EMIR normiert die Zulassung und Beaufsichtigung von CCPs, unabhängig davon, ob diese lediglich Derivate oder auch andere Finanzinstrumente abwickeln. Kritiker haben in diesem Zusammenhang vielfach betont, dass die EMIR lediglich:

  • eine mangelhafte Vorbereitung auf eine Krisensituation durch CCPs und Behörden wahrnimmt;
  • inadäquate Frühinterventionsmaßnahmen definiert;
  • ein ineffizientes Abwicklungsregime einführt.

Durch das Inkrafttreten der CCP-RR-VO soll nun sichergestellt werden, dass die kritischen Funktionen von CCPs und Verbindungen zu anderen Finanzmarktinfrastrukturen (FMIs) jederzeit aufrechterhalten werden können. Dies soll vor allen Dingen ohne eine Beeinträchtigung des Finanzsystems der Europäischen Union (EU), sowie ohne eine Belastung der Steuerzahler innerhalb der EU erfolgen.

Aufgaben der zentralen Gegenparteien

Für ein besseres Verständnis der CCP-RR-VO wird zunächst näher auf die wesentlichen Aufgaben von CCPs eingegangen. CCPs sind Schlüsselkomponenten der globalen Finanzmärkte, da sie für das Clearing diverser Produktklassen wie beispielsweise börsennotierter und außerbörslicher (OTC-)Finanz- und Warenderivate, Barmittelbeteiligungen, Anleihen und andere Produkte verantwortlich sind.

Die zentrale Aufgabe der CCPs ist die Übernahme des Erfüllungs- und Ausfallrisikos einer Transaktion. CCPs treten in die zwischen den Gegenparteien gehandelten Verträge ein und fungieren somit als Käufer für jeden Verkäufer und vice versa. Damit spielen CCPs bei der Verarbeitung von Finanzmarkttransaktionen und der Steuerung von Risken, welche mit diesen Transaktionen behaftet sind, eine fundamentale Rolle.

In der Fachliteratur wird das Konzept der CCPs nicht immer als völlig kritiklos erachtet, da die Installation von CCPs die Ausfallsrisiken verschiedener Parteien an einem Ort konzentriert und daher nicht dafür sorgt, dass systematische Risiken ausgeschalten werden. Deshalb wird des Öfteren behauptet, dass CCPs “too interconnected and too big to fail” sind und somit ein bail-out als realistisch im Krisenfall angesehen wird. Vor diesem Hintergrund ist die Regulierung von Abwicklungsmechanismen für CCPs von zentraler Bedeutung.

In Österreich werden in etwa 99 Prozent aller an der Wiener Börse gehandelten Wertpapiere über die CCP Austria Abwicklungsstelle für Börsengeschäfte (CCP.A, zu jeweils gleichen Teilen von der Wiener Börse sowie der Österreichischen Kontrollbank AG gegründet) nach folgender Schrittfolge gecleart:

  1. Abschluss des Handelsgeschäfts (trade)
  2. Abrechnung durch CCP (clearing)
  3. Erfüllung durch Central Securities Depository (CSD) – Einbuchung von Zahlung und Lieferung (settlement)

Der in diesem Zusammenhang benötigte Ausfallfonds, der Verluste aus der Nichterfüllung von Transaktionen abdecken soll, wird von den Clearingmitgliedern (Wiener Börse und OeKB CSD GmbH) gespeist. Um Verluste zu absorbieren, die über das Volumen des Ausfallfonds hinausgehen, muss die CCP selbst zusätzliche Finanzmittel vorhalten, deren Höhe auf Basis eines simulierten Stress-Szenarios ermittelt wird, unter welchem die beiden größten Mitglieder der CCP ausfallen. Diese zusätzlichen sonstigen Finanzmittel dürfen jedoch nicht zur Deckung der Eigenkapitalanforderungen herangezogen werden.

Instrumente für die Abwicklung von zentralen Gegenparteien

Wie auch die BRRD definiert die CCP-RR-VO das Instrument des Bail-in, das Instrument der Unternehmensveräußerung sowie auch jenes des Brücken-Instituts als mögliche Abwicklungsinstrumente. Darüber hinaus sieht die CCP-RR-VO das Instrument der Positions- und Verlustzuweisung vor, welches der Abwicklungsbehörde ermöglicht, einseitige Verträge mit Clearingmitgliedern zu beendigen, etwaige Gewinne von nicht ausgefallenen Clearingmitgliedern herabzusetzen sowie einen zusätzlichen Barmittelabruf durchzuführen. Dieses Abwicklungsinstrument ist insbesondere dann von Bedeutung, wenn die CCP in der Folge einer Failing-or-Likely-to-Fail (FOLTF) Deklarierung eines Clearingmitglieds selbst als FOLTF klassifiziert wird.

Wesentliche Unterschiede der CCP-RR-VO zur BRRD

Obwohl die CCP-RR-VO wesentliche Konzepte der BRRD aufgreift, so gibt es deutliche Unterschiede zwischen den beiden Regularien:

  • Im Gegensatz zu Kreditinstituten, die zumeist den Bail-in als Preferred Resolution Strategy (PRS) verfolgen, stellt bei CCPs die Positions- und Verlustzuweisung das zentrale Abwicklungsinstrument aufgrund der beschränkten Gläubigeranzahl der CCPs dar.
  • Die CCP-RR-VO schreibt keine Minimum Requirements for Own Funds and Eligible Liabilities (MREL) vor, welche im Zuge der Abwicklung zur Verlustabsorption und Rekapitalisierung verwendet werden können. Stattdessen haben CCPs die zuvor beschriebenen zusätzlichen sonstigen Finanzmittel vorzuhalten.
  • Des Weiteren haben CCPs keinen einheitlichen Abwicklungsfonds (Single Resolution Fund) zu befüllen, sondern lediglich den Ausfallfonds, der durch die Clearingmitglieder gespeist wird.
  • Zuletzt definiert die CCP-RR-VO die Verantwortlichkeiten der Abwicklungsbehörden anders als die BRRD: die Instrumente der Abwicklungsbehörden in der CCP-RR-VO kann die CCP bereits im Zuge der Sanierungsphase selbst einsetzen, wohingegen die BRRD den Abwicklungsbehörden gänzlich neue Instrumente zur Verfügung stellt.

Fazit und Kritik

Von einigen Expert:innen wird die CCP-RR-VO als kritisch angesehen, da argumentiert wird, dass dieses Rahmenwerk zu stark an die BRRD angelehnt ist und somit die Besonderheiten von CCPs keine adäquate Berücksichtigung finden. Allerdings definiert diese Verordnung eine Basis für nationale und transnationale Behörden, um die Finanzstabilität und das Weiterbestehen der kritischen Funktionen von CCPs sicherzustellen. Obwohl nicht alle Risiken sowie Besonderheiten zur Gänze adressiert werden, kann die Verordnung jedenfalls als Fortschritt in die richtige Richtung betrachtet werden.

In der CCP-RR-VO wird ebenso festgehalten, dass kein System von Vorschriften und Verfahren sicherstellen kann, dass die vorhandenen Ressourcen ausreichen, um die mit einem CCP aufgelaufenen Risiken entsprechend zu steuern.

Ob diese Kritiken angemessen sind, wird wohl erst zukünftig evaluiert werden können.

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