Tax News: Im Drittland beigestellte Software als Hinzurechnung des Zollwerts bei der Einfuhr

Im Drittland beigestellte Software als Hinzurechnung de

Der EuGH hatte sich im Urteil vom 10. September 2020, C-509/19, BMW Bayrische Motorenwerke AG, mit der Frage zur Hinzurechnung von „Software“ zum Zollwert zu beschäftigen.

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Esther Freitag

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BMW führte aus diversen Drittstaaten Steuergeräte ein, die in den von BMW hergestellten Fahrzeugen verbaut wurden. Die Geräte steuern mittels einer Software verschiedene Funktionen in den Fahrzeugen. Diese Software entwickelte BMW selbst oder ließ sie von Dienstleistern innerhalb der Europäischen Union entwickeln. BMW war stets Eigentümer der Software und hatte auch keine Lizenzgebühr zu entrichten.

Den Herstellern der Steuergeräte im Drittland stellte BMW die Software kostenlos bei. Diese Drittlands-Lieferanten benutzen die Software, um vor der Auslieferung der Steuergeräte „Funktionstests“ durchzuführen. Ein sogenanntes Testprotokoll stellte fest, ob die Zusammenarbeit von Steuergerät und Software reibungslos funktioniert und zeigt etwaige Fehler umgehend auf. BMW führte also Steuergeräte, auf die der Hersteller im Drittland die Software bereits aufspielte, in die Europäische Union ein und ließ sie zum freien Verkehr abwickeln.

Bei der Einfuhr hat BMW im Rahmen der Zollwert-Anmeldung die Entwicklungskosten der Software - die unstrittig im Unionsgebiet angefallen sind - unberücksichtigt gelassen. Es wurde seitens BMW also (nur) der gezahlte Preis für die Steuergeräte als Zollwert angegeben. Das Hauptzollamt München war der Auffassung, dass die Entwicklungskosten der Software dem Zollwert hinzuzurechnen seien und setzte mit Einfuhrabgabenbescheid eine höhere Zollschuld fest. BMW erhob dagegen Klage beim Finanzgericht München. Das Finanzgericht München hatte Zweifel wie die zollrechtliche Hinzurechnung (Art 71 Abs 1 Buchst. b UZK) auszulegen sei und ob gegebenenfalls zwischen dem Einführer und Hersteller bestehende Vertragsbestimmungen zu berücksichtigen seien.

Die Vorlagefrage stellte daher insbesondere darauf ab, ob Entwicklungskosten für eine Software, die in der EU entwickelt wurde und vom Käufer dem Verkäufer unentgeltlich zur Verfügung gestellt wurde, den Transaktionswert der eingeführten Ware beeinflussen kann.

Im Folgenden ein kurzer Überblick zu den Rechtsgrundlagen zur Ermittlung des Zollwertes: Art 69 – 74 UZK enthält Bestimmungen zum Zollwert, wobei als „primäre“ Methode der „Transaktionswert“ herangezogen wird. Der Transaktionswert ist der „tatsächlich gezahlte“ bzw. „tatsächlich zu zahlende“ Preis einer Ware. Zu diesem Wert kommen gem. Art 71 UZK gewisse „Hinzurechnungen“ hinzu.

Diesbezüglich weist der EuGH in seiner Beurteilung eingangs darauf hin, dass sowohl aus dem Wortlaut von Art 70 und Art 71 UZK sowie aus seiner ständigen Rechtsprechung hervorgeht, dass mit der Zollwertregelung ein gerechtes, einheitliches und neutrales System geschaffen werden soll, das die Anwendung willkürlicher oder fiktiver Zollwerte ausschließt. Der Zollwert soll daher zusammengefasst den tatsächlichen wirtschaftlichen Wert der eingeführten Ware wiederspiegeln. Der tatsächlich gezahlte oder zu zahlende Preis (als Grundregel zur Ermittlung des Zollwertes) muss daher gegebenenfalls berichtigt werden, um fiktive Zollwerte zu verhindern.

Der EuGH führt zudem aus, dass nach Art 71 Abs 1 Buchst. b UZK „Werte“ oder „Leistungen“ dem „Zollwert“ hinzuzurechnen sind, sofern diese Werte nicht im Preis der Waren enthalten sind. Dem Argument von BMW, dass „Software“ nicht in Art 71 Abs 1 Buchst. b Ziffer i bis iv UZK aufgezählt ist und daher der Zollwert nicht gem. Art 71 Abs 3 UZK berichtigt werden kann, folgt der EuGH nicht. Vielmehr ist nach dem EuGH keine Einschränkung auf „materielle“ Güter vorgesehen. Dass auch „immaterielle Werte“ hinzugerechnet werden können, geht nach dem EuGH schon aus dem Wortlaut „Leistungen“ hervor.

Diese Ausführung des EuGH deckt sich auch mit der Schlussfolgerung Nr. 26 des Kompendiums der Zollwerttexte (die von dem in Art 285 des Zollkodex genannten Ausschuss für den Zollkodex stammt). Diese Schlussfolgerungen sind zwar nicht rechtlich verbindlich aber ein wichtiges Hilfsmittel zur Auslegung des UZK. Nach Ansicht des Ausschusses für den Zollkodex fallen solche „immaterielle Bestandteile“ unter Art 71 Abs 1 Buchst. b Ziffer i UZK.

Dem Argument, dass BMW mit dem Drittlands-Lieferanten einen Vertrag über die kostenlose Beistellung hat und somit die Einfuhr der Steuergeräte ohne die Softwarekosten stattfand, folgt der EUGH nicht. Die Berichtigung des Zollwertes einer eingeführten Ware beruhe vielmehr auf „objektiven Kriterien“ und kann nicht durch Vertragsbestimmungen beeinflusst werden.

Es sind daher alle Elemente zu berücksichtigen, die der Ware ihren Wert verleihen. Insofern kommt es darauf an, ob die bei der Einfuhr auf den Steuergeräten aufgespielte Software einen tatsächlichen Wert verleiht, der den Transaktionswert übersteigt. Die Frage ob dies im konkreten Fall vorliegt klärt der EuGH nicht und überlässt dies als Sachverhaltsfrage dem vorlegenden Gericht.

Anmerkung:

Die Auswirkungen des EuGH Urteil (C-509/19, BMW Bayrische Motorenwerke AG) werden wohl nicht auf „Software“ beschränkt sein, vielmehr können grundsätzlich alle immateriellen Güter, davon umfasst sein. Um das Risiko einer „Hinzurechnung“ selbst erstellter und im Drittland beigestellter Software zum Zollwert zu vermeiden, sind die objektiven Kriterien maßgeblich und es ist zu empfehlen bereits vorab eine Abklärung durchzuführen.

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