Tax News: Nachträgliche Änderung des Anmelders in der Zollanmeldung im Hinblick auf die Anführung eines indirekten Vertretungsverhältnisses
Nachträgliche Änderung in der Zollanmeldung
Der EuGH hat im Urteil vom 16. Juli 2020, C-97/19, Pfeifer & Langen GmbH & Co. KG, ausgesprochen, dass eine nachträgliche Änderung des Anmelders in der Zollanmeldung möglich ist, wenn nachgewiesen werden kann, dass vor Abgabe der Zollanmeldung eine Vollmacht vorlag. Aus dieser Vollmacht muss im Wesentlichen hervorgehen, dass dem Vollmachtgeber bekannt ist, Anmelder im Sinne des Zollkodex zu werden und dass er sich dazu verpflichtet, sämtliche Kosten zu übernehmen. Zudem darf keine Betrugsgefahr vorliegen.
Eine in Rumänien ansässige Tochtergesellschaft der deutschen Pfeifer & Langen GmbH & Co. KG (im Folgenden kurz: Pfeifer & Langen) (Rs C-97/19) hat gemäß einer Vereinbarung mit Pfeiffer & Langen 45 TSD Tonnen Rohrzucker mit Ursprung Brasilien erworben, welcher im deutschen Werk der Pfeifer & Langen raffiniert und anschließend von der rumänischen Gesellschaft an Pfeifer & Langen verkauft werden sollte.
Im Dezember 2011 erteilten die rumänischen Behörden der rumänischen Gesellschaft eine Lizenz für die Einfuhr dieser Menge an Rohrzucker zu einem ermäßigten Abgabensatz. Die rumänische Gesellschaft erteilte im Februar 2012 Pfeifer & Langen eine Vollmacht zur Vertretung bei der Zollanmeldung für diese Einfuhr von Rohrzucker.
Noch im Februar 2012 meldete Pfeifer & Langen als Bevollmächtigte die Waren zur Überführung in den freien Verkehr an. Sie trat in der Zollanmeldung im eigenen Namen auf, meldete also im Feld 14 nur ihren eigenen Namen an, ohne einen ausdrücklichen Hinweis auf das Vertretungsverhältnis. Die Vollmacht fügte sie jedoch bei und sie bezog sich bei der Anmeldung auf die der rumänischen Vollmachtgeberin erteilten Einfuhrlizenz. Von dieser machten die deutschen Zollbehörden auch Abschreibung und setzten für die Ware ermäßigte Einfuhrabgaben fest.
Nach einem Antrag auf Überprüfung der Zollanmeldung durch Pfeifer & Langen, die Zweifel an der Inanspruchnahme des ermäßigten Zollsatzes hatte, erhob das deutsche Hauptzollamt die Differenz zum üblichen Abgabensatz nach. Dagegen erhob Pfeifer & Langen Einspruch. Das Hauptzollamt wies den Einspruch jedoch mit der Begründung ab, Pfeifer & Langen habe keine Berechtigung zur Nutzung des ermäßigten Steuersatzes gehabt, da sie nicht Inhaber der Einfuhrlizenz sei und die Vertretung in der Zollanmeldung nicht angegeben habe.
Pfeifer & Langen erhob gegen die Entscheidung des Hauptzollamt vom 26. April 2018 Klage beim Finanzgericht Düsseldorf. Sie führte im Wesentlichen folgende Punkte begründend aus:
- Eine Beamtin des Hauptzollamts habe eine unzutreffende Auskunft erteilt, wonach Pfeifer & Langen die Zollanmeldung im eigenen Namen und auf eigene Rechnung abzugeben habe;
- Sie habe die Vertretung durch Vorlage der Kopie der Vollmacht offengelegt;
- Die Ziele des Zollverfahrens seien zu keinem Zeitpunkt gefährdet gewesen;
Das Finanzgericht Düsseldorf verweist darauf, dass nach Rechtsprechung des Gerichtshofs Art 78 Abs 3 ZK (aF) dahingehend auszulegen sei, dass er es grundsätzlich erlaube, von Amts wegen oder auf Antrag des Anmelders eine Zollanmeldung zu überprüfen und zu berichtigen. Die Angaben in der Zollanmeldung zur „Anmelderin“ beruhen auf einem Irrtum bei der Auslegung des anwendbaren Rechts durch Pfeifer & Langen. Außerdem seien die Ziele des betreffenden Zollverfahrens nicht gefährdet.
Da der oberste Gerichtshof der Niederlande und das Finanzgericht Hamburg in jüngeren Urteilen jedoch die Auffassung vertraten, dass die Anwendung des Art 78 ZK (aF) nicht dazu führen dürfe, dass eine andere als die in der Zollanmeldung angegebene Person Anmelder werde, legte das FG Düsseldorf die Frage der Auslegung von Art 78 ZK (aF) dem EuGH vor.
Der EuGH wiederholt eingangs seine ältere Rechtsprechung, wonach Art 78 ZK (aF) ein Verfahren vorsieht, das eine Überprüfung der Zollanmeldung nach der Überlassung der davon erfassten Waren, das heißt nach der Anmeldung, grundsätzlich ermöglicht. Der Grundgedanke des Art 78 ZK (aF) bestehe darin, das Zollverfahren auf die tatsächliche Situation abzustimmen.
Zum Wortlaut des Art. 73 Abs 3 ZK (aF):
„Ergibt die nachträgliche Prüfung der Anmeldung, dass bei der Anwendung der Vorschriften über das betreffende Zollverfahren von unrichtigen oder unvollständigen Grundlagen ausgegangen worden ist, so treffen die Zollbehörden unter Beachtung der gegebenenfalls erlassenen Vorschriften die erforderlichen Maßnahmen, um den Fall unter Berücksichtigung der ihnen bekannten neuen Umstände zu regeln.“
Die Wendung „unrichtige oder unvollständige Grundlagen“ ist nach dem EuGH so zu verstehen, dass sie sich sowohl auf tatsächliche Irrtümer oder Unterlassungen als auch auf Irrtümer bei der Auslegung des anwendbaren Rechts bezieht.
Weiters führt der EuGH aus, dass Art 78 Abs 3 ZK (aF) einzelne Bestandteile der Zollanmeldung, wie eben auch die Person des Anmelders, gerade nicht explizit von einer Änderung ausnimmt. Auch die älteren Fälle des EuGH, in denen die Zollbehörden zur Ablehnung eines solchen Antrages befugt waren, seien nach dem EuGH nicht mit dem vorliegendem Fall vergleichbar. In den vergangenen Fällen ergab sich der „Ablehnungsgrund“ bereits aus dem Verbot des Rechtsmissbrauchs oder die Richtigkeit der geänderten Angaben konnten nicht mehr geprüft werden.
Rechtsmissbrauch kann im vorliegenden Fall jedoch ausgeschlossen werden, da die in der Zollanmeldung gemachten Angaben auch mit der Vollmacht übereinstimmen und da die Vertretungsmacht der Anmelderin kraft dieser Vollmacht beigebracht wurde. Zudem wurde die Ware tatsächlich für die rumänische Inhaberin der Einfuhrlizenz eingeführt.
Auch der Generalanwalt Gerard Hogan führt in seinen Schlussanträgen vom 25. Februar 2020 aus, dass durch die Vertretung kein Vorteil verschafft wurde, der dem Kläger nicht gebührt, sondern lediglich ermöglicht, den Vorteil zu erhalten, den sie hätte beanspruchen können, wenn in der Anmeldung von Anfang an die richtigen Angaben gemacht worden wären.
Weiters spricht gegen eine Betrugsgefahr, dass der Zollschuldbetrag entrichtet oder eine Sicherheit geleistet worden sein muss, bevor die betreffenden Waren dem Anmelder überlassen werden dürfen. Zusammengefasst liegt nach dem EuGH kein Rechtsmissbrauch vor, wenn der Name irrtümlich oder eben aufgrund eines Missverständnisses bei der Zollanmeldung angegeben wurde.
Zum Nachweis eines solchen „Irrtums“ ist nach dem EuGH die Vorlage der Vollmacht ausreichend, wenn aus ihr hervorgeht, dass
- dem Vollmachtgeber tatsächlich bekannt ist, Zollanmelder zu werden und
- der Vollmachtgeber sich zur Tragung sämtlicher Kosten verpflichtet.
Nach Auffassung des EuGH können Zollbehörden daher einem Antrag auf Überprüfung einer Zollanmeldung, der darauf abzielt, dass das Bestehen eines indirekten Vertretungsverhältnisses zwischen einem Bevollmächtigten, der, obwohl er über eine Vollmacht des Inhabers der Einfuhrlizenz verfügte, irrtümlich angegeben hat, ausschließlich in eigenem Namen und für eigene Rechnung zu handeln, und dem Vollmachtgeber, für dessen Rechnung die Anmeldung abgegeben wurde, kenntlich gemacht wird, stattgeben.
Anmerkung:
Die seit dem UZK geltende Regelung in Art 173 Abs 3 UZK ist nach dem Wortlaut enger gefasst als der davor geltende ZK. Bei Vorliegen der durch den EuGH in der behandelten Rechtsprechung aufgestellten Voraussetzungen dürfte auch bei der neuen Rechtslage eine Änderung des Anmelders möglich sein. Entscheidend wird vor allem sein, dass zum Zeitpunkt der Anmeldung eine Vollmacht des Vertretenen und kein Rechtsmissbrauch vorliegt.