Tax News: VwGH zur Bildung von Drohverlustrückstellungen

VwGH zur Bildung von Drohverlustrückstellungen

Bei unternehmensrechtlich gebildeten Drohverlustrückstellungen für Sicherungsgeschäfte stellt sich in der Praxis die Frage nach deren steuerlicher Abzugsfähigkeit. Der VwGH verneinte in seiner Entscheidung vom 27. April 2020 (Ra 2020/15/0014) die zulässige Bildung einer Drohverlustrückstellung iZm einem Zins-Swap mit Verweis auf den von Beginn an bestehenden Verpflichtungsüberhang zugunsten des Sicherungsgebers und dem Hinweis, dass der aus dem Sicherungsgeschäft resultierende und rückgestellte Verlust im Prinzip jenem entspricht, der zugunsten der Planungssicherheit vom Sicherungsnehmer bereits von vorhinein einkalkuliert wurde. Nach Ansicht des VwGH kann die Bildung einer Drohverlustrückstellung nicht darauf gestützt werden, dass eine bewusst gewählte langfristig vereinbarte Fixverzinsung zu höheren Zinszahlungen führt als es bei einer variablen Verzinsung der Fall gewesen wäre, sofern sich die Zinssätze nicht marktunüblich entwickeln.

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Für den Inhalt verantwortlich

Markus Vaishor

Partner, Tax

KPMG Austria

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1.  Zur Wiederholung

Unternehmensrechtlich sind gem. § 198 Abs. 8 Z 1 UGB Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten und für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften zu bilden, die am Abschlussstichtag wahrscheinlich oder sicher, aber hinsichtlich ihrer Höhe oder des Zeitpunkts ihres Eintritts unbestimmt sind.

Die Bildung von Rückstellungen für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften ist auch aus steuerrechtlicher Sicht gem. § 9 Abs 1 Z 4 EStG zulässig, sofern konkrete Umstände nachgewiesen werden können, nach denen im jeweiligen Einzelfall mit dem Vorliegen oder dem Entstehen einer Verbindlichkeit (eines Verlustes) ernsthaft zu rechnen ist.

Für Unternehmen, die ihren Gewinn gem. § 5 Abs 1 EStG ermitteln ist in diesem Zusammenhang auch auf das Maßgeblichkeitsprinzip hinzuweisen, wonach unternehmensrechtliche Ansätze für steuerliche Zwecke beizubehalten sind sofern nicht zwingende steuerliche Vorschriften dem entgegenstehen.

In jüngster Vergangenheit haben sich die Bundesfinanzgerichte und der VwGH bereits öfters mit der Frage beschäftigt, in wie weit die Bildung von Drohverlustrückstellungen in Zusammenhang mit Sicherungsgeschäften (zB Interest Rate Swaps, Cross Currency Swaps, Devisenoptionsgeschäfte) zulässig sind (vgl. Tax News 1-2/2016).

Für die Frage der Zulässigkeit war vor allem entscheidend, in wie weit konkrete Anhaltspunkte für das Eintreten eines Verlusts am Bilanzstichtag vorliegen und in wie weit Grundgeschäft und Sicherungsgeschäft eine Bewertungseinheit bilden, da es in diesem Fall nicht zur Bildung einer Drohverlustrückstellung kommen kann sofern saldiert betrachtet ein positives Gesamtergebnis aus Grund- und Sicherungsgeschäft vorliegt.

Der VwGH (29.3.2017, Ra 2016/15/0005, vgl. Tax News 7-8/2017) hielt bereits fest das Drohverlust­rückstellungen iZm Sicherungsgeschäften anzusetzen sind, wenn aus konkreten Geschäftsfällen ein Verpflichtungsüberhang droht. Ein allgemeines Geschäftsrisiko, das allenfalls aus Schwankungen des Zinsenniveaus auf dem Kapitalmarkt resultiert, kann jedoch nicht im Wege einer Rückstellungs­bildung berücksichtigt werden.

2. VwGH 27.April 2020, Ra 2020/15/0014

Im gegenständlichen Fall nahm eine Gesellschaft (Gruppenmitglied einer österreichischen Steuergruppe) einen variabel verzinsten Kredit auf, zu deren Absicherung sie mit der finanzierenden Bank eine Swap-Vereinbarung abschloss. De facto entstand dadurch ein fixverzinster Kredit. Als Folge des sinkenden Markzinsniveaus wären ohne Abschluss der Swap-Vereinbarung niedrigere Zinszahlungen zu erwarten gewesen, wodurch aus dem Absicherungsgeschäft ein Verlust zu erwarten war. Auf Basis der von der Bank mitgeteilten Verluste wurde eine Drohverlustrückstellung gebildet, deren Dotierung im Zuge einer Außenprüfung mangels Nachweises konkreter Umstände, die zur Dotierung berechtigen würden, als nicht zulässig erachtet wurde.

Im Beschwerdeverfahren gegen den in Folge ergangenen neuen Gruppenfeststellungsbescheid gab das BFG der Beschwerde statt. Das BFG begründete dies mit dem Umstand, dass ohne Abschluss des Swap-Geschäfts niedrigere Zinszahlungen zu erwarten gewesen wären und die von der Bank mitgeteilten Verluste somit zu Recht als Drohverlustrückstellung im Rahmen der Gewinnermittlung angesetzt worden wären. Der Kreditvertrag und das Zinssicherungsgeschäft seien im vorliegenden Fall als Bewertungseinheit zu behandeln und wirtschaftlich so zu verstehen, als hätte die Mitbeteiligte Fremdmittel zu den sich aus dem Interest Rate Swap ergebenden Konditionen aufgenommen. Ein Rückstellungsbedarf bestehe insoweit, als der Gesellschaft infolge des sinkenden Marktzinsniveaus nach Abschluss der genannten Verträge Verluste aus den Zinsaufwendungen des Swap-Geschäftes erwachsen. Außerdem schlussfolgerte das BFG, dass es auch bei direktem Abschluss eines Kreditvertrages mit einer Fixzinsvereinbarung bei Absinken des Marktzinsniveaus zu einer Überverzinslichkeit gekommen, für die unternehmensrechtlich in Höhe des Barwerts der Mehrzinsen eine Rückstellung für drohende Verluste zu bilden gewesen wäre. Auch steuerrechtlich seien Verbindlichkeiten sodann mit einem höheren Teilwert anzusetzen gewesen, der auch die unternehmensrechtlich zu bildende Rückstellung für drohende Verluste beinalten hätte müssen.

Gegen das Erkenntnis des BFG legte das Finanzamt Revision ein.

Der VwGH kam zur Ansicht, dass die Zinsswap-Vereinbarung der Absicherung gegen das Risiko einer Zinssatzänderung und somit der Planungssicherheit diente und dass aus der Zinsswap-Vereinbarung bereits zum Zeitpunkt des Abschlusses der Vereinbarung statisch und isoliert betrachtet ein deutlicher Zins-Überhang zugunsten des Sicherungsgebers bestand. Damit war für den VwGH das Zinsswap-Geschäft (bei isolierter Betrachtung) von vornherein ein Geschäft, aus dem sich ein Verlust für den Sicherungsnehmer ergeben würde. Der Verpflichtungsüberhang zu Gunsten der Bank sei mit der dadurch erlangten Planungssicherheit des Sicherungsnehmers zu erklären, für die dieser den Verlust aus dem Sicherungsgeschäft von Anfang an in Kauf nahm. Dies ergibt sich schon dadurch, dass fix verzinste Kredite üblicherweise im Allgemeinen höhere Zinssätze aufweisen als variable.

Eine Drohverlustrückstellung kann nach Ansicht des VwGH jedoch nicht darauf gestützt werden, dass eine - bewusst gewählte - langfristig vereinbarte Fixverzinsung zu höheren Zinszahlungen führt als es bei einer variablen Verzinsung der Fall gewesen wäre. Auch bei einheitlicher Betrachtungsweise beider Geschäfte wäre, die mittels Sicherungsgeschäft erreichte langfristige Fixverzinsung, nicht marktunüblich geworden. Der von der Bank mitgeteilte Verlust sei somit lediglich als Verpflichtungsüberhang aus dem (isoliert) betrachteten Zinsswap-Vertrag zu verstehen.

Der VwGH hob das angefochtene Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts auf.

3. Fazit

Die recht uneinheitliche und teilweise kasuistische Rechtsprechung zu Drohverlustrückstellungen für Sicherungsgeschäfte ist eine Facette reicher. Es wird daher weiterhin auf die konkrete Beurteilung des Einzelfalls ankommen.

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