Tax News: BFG zu Gebäudeabschreibungen: Kriterien für Gutachten über Restnutzungsdauern

BFG zu Gebäudeabschreibungen: Kriterien für Gutachten ü

Das BFG verlangt für die Anerkennung von Gutachten zum Nachweis einer kürzeren Abschreibungsdauer von Gebäuden die Erfüllung bestimmter Kriterien (zB Aussagen über den Bauzustand, die Bauausführung oder besondere statische Probleme im Zeitpunkt der Anschaffung).

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Markus Vaishor

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KPMG Austria

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Das EStG sieht sowohl im betrieblichen als auch im außerbetrieblichen Bereich gesetzliche Vermutungen für die Nutzungsdauern von Gebäuden vor, die für die Bemessung der Abschreibung dieser heranzuziehen sind, sofern nicht eine kürzere Nutzungsdauer mittels Gutachten nachgewiesen wird.

1. Sachverhalt

In gegenständlichem Fall betreffend die Veranlagung 2011 erzielte die Beschwerdeführerin unter anderem Einkünfte aus der Vermietung von mehreren Eigentumswohnungen, für die eine kürzere Nutzungsdauer als die gesetzlich vermutete Nutzungsdauer im außerbetrieblichen Bereich von 66,6 Jahren durch Ansatz einer entsprechend erhöhten AfA geltend gemacht wurde.

In den Jahren 1996 bis 2010 wurde die erklärte AfA vom Finanzamt anerkannt. Im Rahmen der Veranlagung 2011 ersuchte das Finanzamt jedoch um Vorlage von Gutachten zum Nachweis der erhöhten AfA und berücksichtige nach Vorlage der Gutachten im Einkommensteuerbescheid 2011 lediglich die gesetzliche AfA iHv 1,5%. Dies wurde damit begründet, dass gemäß § 16 Abs 1 Z 8 lit e EStG idF Budgetbegleitgesetz 20111 ohne Nachweis der Nutzungsdauer die gesetzlich vermutete Nutzungsdauer von 66,6 Jahren zugrunde zu legen sei – die vorgelegten Gutachten wurden nicht akzeptiert.

Die Bf erhob gegen den Bescheid Beschwerde und begründete diese damit, dass entsprechend der Judikatur des VwGH bei der Restnutzungsdauer auf Beeinträchtigungen aus verschiedensten Ursachen und auf die Vernachlässigung der notwendigsten Erhaltungsarbeiten Bedacht zu nehmen sei. Außerdem würden bauphysikalische Fragen, insbesondere die Energieeffizienz ein immer größer werdendes Kriterium für die Restnutzungsdauer darstellen, da Objekte mit schlechter Energieeffizienz nicht mehr vermarktbar seien oder einer aufwendigen Sanierung bedürfen. Zudem wurde bemängelt, dass das Finanzamt in den Jahren 1996 bis 2010 die Abschreibungsgrundlagen akzeptiert habe und jetzt ohne Vorhalt davon abweiche.

2. BFG 11.3.2020, RV/7102669/2013

Das BFG hielt fest, dass die gesetzlich vermutete Nutzungsdauer durch Vorlage eines schlüssigen Sachverständigengutachtens über den (technischen) Bauzustand widerlegbar ist. Die Beweislast für das Vorliegen einer kürzeren Nutzungsdauer trifft den Steuerpflichtigen. Vorgelegte Gutachten unterliegen der freien Beweiswürdigung der Behörde, die im Falle des Abgehens vom Gutachten ihre Entscheidung begründen muss, dabei aber nicht verpflichtet ist ein Gegengutachten erstellen zu lassen.

Zu unterscheiden sei, ob ein Gutachten über ein neu errichtetes oder ein erworbenes Gebäude vorliegt. Während für die Gesamtnutzungsdauer eines neu errichteten Wohngebäudes in erster Linie die Bauweise maßgebend ist, hängt die Restnutzungsdauer eines erworbenen Gebäudes vornehmlich auch vom Bauzustand im Zeitpunkt des Erwerbes ab, wobei auch auf Beeinträchtigungen und auf Vernachlässigungen von notwendigen Erhaltungsarbeiten Bedacht zu nehmen ist. Umstände, auf Grund derer laut BFG eine kürzere als die durchschnittliche Nutzungsdauer eines Gebäudes angenommen werden kann, seien etwa ein schlechter Bauzustand, eine schlechte Bauausführung oder besondere statische Probleme. Gutachten, die keine Aussagen über diese Aspekte treffen, würden keine kürzere als die gesetzlich vorgegebene Nutzungsdauer rechtfertigen. Feststellungen über die Energieeffizienz der Wohnungen wurden hingegen nicht berücksichtigt.

Die voraussichtliche Nutzungsdauer ist ab dem sich aus dem Gesetz ergebenden Zeitpunkt (Anschaffungszeitpunkt) zu ermitteln. Ein Gutachten, das von der Nutzungsdauer im Zeitpunkt einer späteren Erstellung des Gutachtens ausgeht, wird vom BFG bereits vom Ansatz her als methodisch verfehlt eingestuft.

Die von der Bf vorgelegten Gutachten enthielten keine der oben angeführten geforderten Angaben betreffend einen schlechten Bauzustand zum Zeitpunkt der Anschaffung der Wohnungen, welche eine Abweichung von der gesetzlich bestimmten Restnutzungsdauer rechtfertigen würden. Der Verweis auf eine nicht mehr zeitgemäße Ausstattung der Wohnungen wurde nicht als Baumangel im Sinne der Rechtsprechung akzeptiert.

Außerdem erachtete das BFG Gutachten, die die Restnutzungsdauer ausgehend von der geschätzten Gesamtnutzungsdauer des Gebäudes nach Abzug der bisherigen Nutzungsdauer berechnen, als nicht taugliche Grundlage für ein schlüssiges Gutachten im Sinne der Judikatur der VwGH.

Hinsichtlich des Einwands der Bf, dass die Höhe der AfA in Vorjahren vom Finanzamt akzeptiert wurde, merkte das BFG an, dass die Behörde verpflichtet ist die Abgaben für jeden einzelnen Veranlagungszeitraum gesetzeskonform zu bemessen; auch dann wenn in Vorjahren die Bemessung anhand der vom Steuerpflichtigen geltend gemachten Höhe der AfA erfolgte.

Im Ergebnis folgte das BFG der Rechtsansicht des Finanzamtes und wies die Beschwerde ab. Das BFG ließ eine ordentliche Revision an den VwGH nicht zu, allerdings ist derzeit eine Beschwerde beim VfGH zu Zahl E 1744/2020  anhängig. Die weitere Rechtsentwicklung bleibt entsprechend abzuwarten.

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