Tax News: BFG: Liquidationsbesteuerung trotz Fortsetzungsbeschluss

BFG: Liquidationsbesteuerung trotz Fortsetzungsbeschlus

Das Bundesfinanzgericht folgte in seinem Erkenntnis vom 15. Mai 2020 (RV/6100104/2017) der Ansicht der Finanzverwaltung, wonach die in § 19 KStG normierten Sondervorschriften hinsichtlich der Liquidation von Körperschaften für den Besteuerungszeitraum, in dem tatsächlich Liquidationshandlungen gesetzt wurden, auch zur Anwendung kommen, wenn die Liquidation zu einem späteren Zeitpunkt abgebrochen und eine Fortsetzung der Gesellschaft beschlossen wird. Weiters vertritt das BFG die Ansicht, dass sich der Beginn des im Zuge der Liquidation von Körperschaften vorgesehenen besonderen Besteuerungszeitraumes auch bei Fassung eines Auflösungsbeschlusses in ein späteres Wirtschaftsjahr verschieben kann, wenn die zu liquidierende Gesellschaft im Wirtschaftsjahr der Auflösung noch operativ tätig ist und die faktische Abwicklung erst in einem späteren Wirtschaftsjahr beginnt.

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Markus Vaishor

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Nach Ansicht des Bundesfinanzgericht (BFG vom 15. Mai 2020, RV/6100104/2017) kann auch bei abgebrochener Liquidation das steuerliche Sonderregime des § 19 KStG für jene Wirtschaftsjahre zur Anwendung kommen, in dem sich die Gesellschaft in Liquidation befand und diese tatsächlich betrieben wurde. Außerdem hielt das BFG fest, dass für den Beginn des besonderen Liquidationssteuerzeitraums auch der Beginn der tatsächlichen Abwicklung relevant ist.

1. Sachverhalt

Im gegenständlichen Sachverhalt war die Beschwerdeführerin („Bf“), eine Bauprojektgesellschaft, Tochtergesellschaft der B-GmbH (99 %) und B1 GmbH (1 %). Bei allen Gesellschaften fungierte die gleiche Person (Herr D) als Geschäftsführer bzw. Liquidator. Mit Generalversammlungsbeschluss vom 09. Dezember 2013 wurde die Auflösung der Bf beschlossen, die diesbezügliche Eintragung im Firmenbuch erfolgte am 21. Dezember 2013. In Folge wurde eine Ausschüttung aus dem Bilanzgewinn zum 31. Dezember 2013 vorgenommen. Weiters wurden von der BF im Jahr 2014 Zahlungen für die zum damaligen Zeitpunkt insolvenzgefährdete B1 GmbH ohne Rechtsgrund – insbesondere ohne schriftliche Vereinbarung - übernommen und auf die entstehende Forderung anschließend verzichtet. 

Kurz nachdem der steuerliche Vertreter der BF von der Betriebsprüfung über die beabsichtigten Feststellungen und die steuerlichen Konsequenzen der Liquidation informiert wurde beschloss die BF mit Beschluss der Generalversammlung vom 27. Juli 2016 die Liquidation aufzuheben und die Gesellschaft fortzusetzen.

Nach Ansicht der Betriebsprüfung hatte der nunmehrige Fortsetzungsbeschluss vom 27. Juli 2016 nur den Zweck, die dargelegten steuerlichen Konsequenzen zu vermeiden. Somit erfolgte die Aufgabe der Liquidationsabsicht im Juli 2016 aus steuerrechtlichen Überlegungen und wurde in Folge dessen von der Betriebsprüfung nicht anerkannt und als missbräuchlich erachtet.

Die Betriebsprüfung setzte den Beginn des besonderen Liquidationszeitraums mit 1. Jänner 2013 fest und beurteile die vorgenommene Ausschüttung als steuerpflichtigen Liquidationsvorab und die übernommene Zahlungsverpflichtung als verdeckte Ausschüttung. In der Folge erging ein entsprechender Körperschaftsteuerbescheid 2013 bis 2015, der den gesamten besonderen Liquidationszeitraum umfasste. Weiters wurde ein Haftungsbescheid betreffend Kapitalertragsteuer 2013 erlassen.

In den gegen diese Bescheide erhobenen Beschwerden führte die BF aus, dass der Liquidationsbesteuerungszeitraum erst mit Beginn jenes Wirtschaftsjahrs zu laufen beginnt, in welchem mit der tatsächlichen Abwicklung auch begonnen worden ist. In diesem Fall wäre das 2014, womit die Ausschüttung des Bilanzgewinns zum 31. Dezember 2013 als steuerfreier Beteiligungsertrag zu qualifizieren sei. Außerdem wurde auf die VwGH-Judikatur verwiesen, wonach die Anwendung der Liquidationsbesteuerung nach erfolgtem Liquidationsabbruch rechtswidrig sei. Herr D habe außerdem bereits im Jahr 2012 eine Liegenschaft erworben und schon immer überlegt, die BF in die Verwertung dieser einzubeziehen. Somit ist der Liquidationsabbruch keinesfalls ausschließlich auf die drohenden Feststellungen der Betriebsprüfung zurückzuführen. Zusätzlich hielt die BF fest, dass das Veranlagungsjahr dem Kalenderjahr entspreche und es gar keinen Körperschaftsteuerbescheid 2013 – 2015 geben könne. Somit liege auch ein formaler Mangel vor.

2. BFG vom 15. Mai 2020 RV/6100104/2017

Das BFG erkannte, dass beide Bescheide zu Recht bestehen und wies die Beschwerden ab.

Das BFG gab der BF insoweit recht als es feststellte, dass es trotz Auflösungsbeschluss zu einem verzögerten Eintritt der Liquidationsbesteuerung kommen kann, sofern mit der tatsächlichen Abwicklung erst in einem späteren Wirtschaftsjahr begonnen wird und die zu liquidierende Gesellschaft vorerst weiterhin operativ tätig ist. Allerdings sei dies im vorliegenden Sachverhalt nicht der Fall gewesen, da die BF nach Ansicht des BFG bereits im Wirtschaftsjahr des Auflösungsbeschlusses – somit 2013 – nicht mehr operativ tätig war und mit der Endabrechnung sämtlicher Bauvorhaben erste Abwicklungsschritte eingeleitet hat. Somit sei der Ansicht des Finanzamts zu folgen, dass der Liquidationszeitraum gem. § 19 Abs 5 KStG mit dem ersten Tag jenes Wirtschaftsjahres beginnt, in dem der Auflösungsbeschluss gefasst wird. In diesem Fall der 1. Jänner 2013.

Das BFG sah es weiters als erwiesen an, dass die BF die Liquidation ernsthaft betrieben hat und im gesamten Liquidationszeitraum nicht mehr operativ tätig war, womit auch bis zum Zeitpunkt des Liquidationsabbruchs keine Scheinliquidation (Auflösungsbeschluss ohne tatsächliche Abwicklung) vorliegen kann und somit nichts gegen die Anwendung von § 19 KStG für den Zeitraum der Liquidation spricht.

Der Besteuerungszeitraum für die Ermittlung des Abwicklungseinkommens beginnt somit
mit dem Ende des Wirtschaftsjahres 2012, das unmittelbar vor dem Wirksamwerden des Auflösungsbeschlusses im Dezember 2013 abgelaufen ist, und endet mit der tatsächlichen Beendigung der Abwicklung, längstens grundsätzlich nach drei Jahren, hier mit Ende des Jahres 2015. Somit ist ein Körperschaftsteuerbescheid für den Zeitraum 2013 bis 2015 zu erlassen. Ein formaler Mangel, wie von der Bf behauptet, liegt demnach nicht vor.

Gegen das Erkenntnis wurde Revision eingebracht, welche jedoch mit Beschluss vom 17. August 2020 zurückgewiesen wurde.

3. Fazit

Das BFG ist der Ansicht, dass der Liquidationsbesteuerungszeitraum erst in jenem Wirtschaftsjahr beginnt in dem tatsächlich mit der Abwicklung der aufgelösten Gesellschaft begonnen wird. Somit kann sich der Beginn des besonderen Besteuerungszeitraums in ein späteres Wirtschaftsjahr verschieben, sofern eine Gesellschaft im Wirtschaftsjahr, in dem ein Auflösungstatbestand gesetzt wird, noch operativ tätig ist und keine Abwicklungshandlungen vorgenommen werden. In der Praxis bedeutet dies, dass es nicht mehr ausreichend sein könnte kurz vor Ende eines Wirtschaftsjahres die Auflösung einer Gesellschaft zu beschließen, um das betreffende Wirtschaftsjahr in den besonderen Liquidationszeitraum miteinbeziehen zu können. Hier ist darauf zu achten, dass auch tatsächlich erste Abwicklungsschritte unternommen und auch entsprechend dokumentiert werden.

Ob in Fällen abgebrochener Liquidationen die Rechtsfolgen des § 19 KStG grundsätzlich von Beginn an nicht zur Anwendung kommen sollen oder erst ab dem Zeitpunkt des offenen oder verdeckten Abbruchs der Liquidation, ist strittig. Das BFG folgte jedenfalls vorerst der Ansicht der Finanz­verwaltung, wonach § 19 KStG jedenfalls bis zum Eintritt der abgebrochenen Liquidation anzuwenden ist, sofern an den Liquidations­handlungen bis dahin keine Zweifel bestehen und keine Scheinliquidation vorliegt (vgl KStR 2013 Rz 1430). Hier bleibt die weitere Rechtsentwicklung abzuwarten.

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