Tax Flash: Begutachtungsentwurf COVID-19-Verlustberücksichtigungsverordnung
Begutachtungsentwurf COVID-19
Mit der als Begutachtungsentwurf vorliegenden COVID-19-Verlustberücksichtigungsverordnung sollen die Regelungen des neu geschaffenen Verlustrücktrags (vgl Tax Flash 10/2020 und Tax News 06/2020) konkretisiert werden. Dabei werden insbesondere Details zur Geltendmachung und Wirkung des vorzeitigen Rücktrages von Verlusten des Jahres 2020 in das Jahr 2019 als „COVID-19-Rücklage“, die Voraussetzungen für den Verlustrücktrag bei der Veranlagung 2019 und 2018, die verlustrücktragsbedingte Möglichkeit der Herabsetzung von ESt-/KöSt-Vorauszahlungen und die Auswirkungen von Umgründungen und anderen Übertragungen auf den Verlustrücktrag geregelt.
A. COVID-19-Rücklage als vorzeitiger Verlustrücktrag
Voraussichtliche betriebliche Verluste 2020 können im Rahmen der Veranlagung 2019 durch Bildung eines besonderen Abzugspostens („COVID-19-Rücklage“) berücksichtigt werden. Die Höhe der betrieblichen Einkünfte des Jahres 2020 bleibt davon unberührt, sodass sich zB keine Auswirkungen auf die Bemessung der Sozialversicherungsbeiträge ergeben. Die COVID-19-Rücklage wirkt daher quasi wie eine eigenständige außerbetriebliche Einkunftsart. Bei Mitunternehmerschaften ist die COVID-19-Rücklage im Rahmen der Veranlagung der Mitunternehmer zu berücksichtigen. Das Feststellungsverfahren gemäß § 188 BAO bleibt somit vom Verlustrücktrag unberührt.
Die Höhe der COVID-19-Rücklage hängt davon ab, ob die voraussichtlichen betrieblichen Verluste 2020 bereits abschätzbar sind und daher iSd § 1 Abs 1 Z 3 lit b COVID-19-Verlustberücksichtigungsverordnung glaubhaft gemacht werden können. Dabei gilt als Gesamtbetrag der betrieblichen Einkünfte der Saldo der Gewinne und Verluste aus Wirtschaftsjahren, die im jeweiligen Kalenderjahr enden, wobei im Wege einer Vollpauschalierung ermittelte Einkünfte unberücksichtigt bleiben müssen.
Liegt eine sorgfältige Schätzung der voraussichtlichen betrieblichen Verluste 2020 vor, ist der vorzeitige Verlustrücktrag dreifach gedeckelt: (1) mit dem voraussichtlichen betrieblichen Verlust 2020; (2) mit maximal 60 % des positiven Gesamtbetrags der betrieblichen Einkünfte 2019; (3) mit dem Betrag von EUR 5.000.000,00. Können die betrieblichen Verluste 2020 nicht abgeschätzt oder glaubhaft gemacht werden, kann dennoch und ohne Nachweis ein vorzeitiger Verlustrücktrag bis zu 30 % des positiven Gesamtbetrags der betrieblichen Einkünfte 2019 bzw maximal EUR 5.000.000,00 geltend gemacht werden. Voraussetzung ist in diesem Fall aber, dass die Vorauszahlungen aufgrund der COVID-19-Pandemie für 2020 auf Null bzw auf die Höhe der Mindestkörperschaftsteuer herabgesetzt wurde.
B. Unternehmensgruppen
Bei Unternehmensgruppen iSd § 9 KStG kann ausschließlich der Gruppenträger eine COVID-19-Rücklage bilden. Die betragliche Grenze von EUR 5.000.000,00 ist dabei allerdings mit der Anzahl der beschränkt und unbeschränkt steuerpflichtigen Gruppenmitglieder (inklusive des Gruppenträgers) zu multiplizieren. Die prozentuelle Grenze (bei Glaubhaftmachung: 60 % / ohne Glaubhaftmachung: 30 %, jeweils bezogen auf den positiven Gesamtbetrag der betrieblichen Einkünfte 2019) bezieht sich dabei auf das zusammengefasste Gruppenergebnis.
C. Hinzurechnung
Die bei der Veranlagung 2019 geltend gemachte COVID-19-Rücklage ist korrespondierend bei der Veranlagung 2020 hinzuzurechnen. Damit wird der in 2019 berücksichtigte vorzeitige Verlustrücktrag in 2020 neutralisiert. Anders als die Wirkung der COVID-19-Rücklage im Jahr 2019 ist die korrespondierende Hinzurechnung im Jahr 2020 bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der betrieblichen Einkünfte anzusetzen. Während der Abzug der COVID-19-Rücklage im Jahr 2019 quasi wie eine eigene außerbetriebliche Einkunftsart wirkt, erhöht die Hinzurechnung der COVID-19-Rücklage im Jahr 2020 den Gesamtbetrags der betrieblichen Einkünfte.
D. Abweichende Wirtschaftsjahre
Bei abweichenden Wirtschaftsjahres besteht ein Wahlrecht, die COVID-19-Rücklage statt vom voraussichtlichen negativen Gesamtbetrag der betrieblichen Einkünfte des Jahres 2020 von jenem des Jahres 2021 zu bilden. Damit wird dem Umstand Rechnung getragen, dass sich die COVID-19-Pandemie bei abweichenden Wirtschaftsjahren häufig erst in der Veranlagung 2021 auswirkt.
E. Formale Geltendmachung
Um eine COVID-19-Rücklage bilden zu können, ist ein gesonderter Antrag unter Verwendung des dafür vorgesehenen amtlichen Formulars bzw über FinanzOnline zu stellen. Wurde das Jahr, in dem die COVID-19-Rücklage gebildet werden soll, bereits rechtskräftig veranlagt, gilt der Antrag als rückwirkendes Ereignis iSd § 295a BAO, sodass eine neuerliche Veranlagung zu erfolgen hat.
F. Nachträgliche Reduktion der Vorauszahlungen 2019
Vorauszahlungen an Einkommen- oder Körperschaftsteuer für das Jahr 2019 können mittels Antrags nachträglich herabgesetzt werden, wenn die Voraussetzungen für die Berücksichtigung einer COVID-19-Rücklage erfüllt sind. Dies ist insofern nachvollziehbar, als sich unter Berücksichtigung der COVID-19-Rücklage eine geringere Steuer für das Jahr 2019 ergibt, sodass geringere Vorauszahlungen notwendig sind und sich daher liquiditätsmäßig sofort auswirken können. Die Ermittlung des voraussichtlichen Betrages muss dem Antrag angeschlossen werden.
G. Tatsächlicher Verlustrücktrag nach COVID-19-Rücklage in das Jahr 2019
Verbleiben nach Hinzurechnung nach der COVID-19-Rücklage im Jahr 2020 noch weitere betriebliche Verluste, können diese insoweit als („tatsächlicher“) Verlustrücktrag in das Jahr 2019 rückgetragen werden. Der Unterschied zur COVID-19-Rücklage besteht darin, dass der „tatsächliche“ Verlustrücktrag erst nach Durchführung der Veranlagung 2020, die COVID-19-Rücklage hingegen bereits vor Durchführung der Veranlagung 2020 erfolgen kann. Darüber hinaus unterliegt der „tatsächliche“ Verlustrücktrag lediglich einer betraglichen, nicht aber – wie die COVID-19-Rücklage – einer prozentuellen Grenze.
H. Tatsächlicher Verlustrücktrag in das Jahr 2018
Jener Teil des (tatsächlichen) Verlustrücktrags, der im Jahr 2019 nicht genutzt werden kann, ist in das Jahr 2018 rücktragsfähig. Abweichend von der betraglichen Grenze von EUR 5.000.000,00 für Verlust-rückträge in das Jahr 2019 gilt dabei jedoch eine betragliche Grenze von EUR 2.000.000,00. Dies gilt sinngemäß für einen (zusätzlichen) Verlustrücktrag in das Jahr 2019, wenn bei abweichenden Wirtschaftsjahren von der Möglichkeit Gebrauch gemacht wird, den Verlust des Jahres 2021 in das Jahr 2020 rückzutragen.
I. Übergang von Verlustrückträgen
Eine steuersubjektübergreifende Berücksichtigung der COVID-19-Rücklage ist (aus Vereinfachungsgründen) grundsätzlich nicht vorgesehen. Erfolgte daher im Jahr 2019 eine Betriebsübertragung, können der ursprüngliche und der neue Betriebsinhaber nur für die ihnen jeweils zurechenbaren (anteiligen) Betriebseinkünfte des Jahres 2019 eine COVID-19-Rücklage bilden. Beim ursprünglichen Betriebsinhaber setzt dies voraus, dass im Jahr 2020 (andere) betrieblichen Einkünfte vorliegen, die zu einem rücktragsfähigen Verlust führen. Bei einer Betriebsübertragung im Jahr 2020 kann hingegen der neue Betriebsinhaber nur für die ihm/ihr (anteilig) zurechenbaren Verluste eine COVID-19-Rücklage bilden, sofern er/sie auch im Jahr 2019 (andere) betriebliche (insgesamt positive) Einkünfte erzielte.
Bei Umgründungen ist eine Verlustrücktragsübertragung (auf den Rechtsvorgänger) generell ausgeschlossen. Dies kann dazu führen, dass weder der Rechtsvorgänger noch der Rechtsnachfolger eine COVID-19-Rücklage bilden können. Wird zB eine GmbH rückwirkend zum 31.12.2019 auf eine natürliche Person umgewandelt, fehlt es der GmbH im Jahr 2020 an rücktragsfähigen Verlusten und der natürlichen Person (sofern im Vorjahr kein anderer Betrieb vorlag) an betrieblichen Einkünften 2019. Sowohl bei Umgründungen unter Einzel-(zB rückwirkende Einbringung eines erst im Jahr 2020 verlustverursachenden Betriebes) als auch unter Gesamtrechtsnachfolge (zB rückwirkende Verschmelzung einer im Jahr 2019 positive Einkünfte erwirtschaftenden GmbH) kann daher im Einzelfall eine andernfalls mögliche Berücksichtigung der COVID-19-Rücklage (ganz oder teilweise) ausgeschlossen sein.
Abgesehen von Umgründungen gelten für die Übertragung von Verlustrückträgen auf einen anderen Steuerpflichtigen aber die für den Verlustabzug geltenden Grundsätze. Daher kommt zB bei unentgeltlichen Übertragungen von Todes wegen – analog zum Übergang eines Verlustabzugs vom Erblasser auf den Rechtsnachfolger – ein Übergang des Verlustrücktrags vom Rechtsnachfolger auf den Erblasser in Betracht.
Den Text des Begutachtungsentwurfs sowie die dazu ergangenen Erläuterungen finden sich unter diesem Link.
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