Tax News: BMF zur Auslegung und Anwendung von Doppelbesteuerungsabkommen in Zeiten von COVID-19
BMF zur Auslegung und Anwendung von Doppelbesteuerungsa
Die COVID-19 Pandemie bringt unterschiedliche Auswirkungen im Bereich des internationalen Steuerrechts mit sich. Insbesondere ergeben sich dadurch Fragestellungen zur Auslegung der Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) im Zusammenhang mit grenzüberschreitenden Sachverhalten betreffend Homeoffice-Tätigkeiten, Kurzarbeit sowie der Betriebsstättenthematik. Neben der OECD hat sich damit nun auch das Bundesministerium für Finanzen („BMF“) in einem Infoschreiben vom 22. Mai 2020 diesen Themen gewidmet.
Arbeitnehmertätigkeiten im Homeoffice
Grenzüberschreitend tätige Arbeitnehmer werden grundsätzlich (dh vorbehaltlich spezifischer Sonderregelungen wie zB Grenzgängerregelungen oder der 183-Tage-Regel) am Arbeitsort besteuert. Insoweit ist zunächst entscheidend, wo sich Arbeitnehmer bei Ausübung ihrer Tätigkeit physisch aufhalten. Wird die Arbeit in unterschiedlichen Staaten ausgeübt, sind die Bezüge daher für steuerliche Zwecke nach Arbeitstagen aufzuteilen. An der grundsätzlichen Relevanz des Arbeitsortprinzips ändert auch die COVID-19 Pandemie nichts. Werden daher Arbeitnehmer während des Lockdowns im Homeoffice tätig, gilt deren Arbeit auch für steuerliche Zwecke als dort ausgeübt. Etwas anderes kann aber insoweit gelten, als mit einzelnen DBA-Partnerstaaten ausdrücklich Abweichendes vereinbart wurde. In diesem Sinne besteht etwa mit Deutschland eine bilaterale Konsultationsvereinbarung, welche den tatsächlichen durch einen fiktiven Arbeitsort ersetzt. Dementsprechend gelten im Verhältnis zu Deutschland Arbeitstage, die nur wegen COVID-19 im Homeoffice verbracht werden, als in jenem Staat erbracht, wo die Tätigkeit ohne Maßnahmen zur Bekämpfung ausgeübt worden wäre.
Grenzgängerregelungen
Einige DBA mit österreichischen Nachbarstaaten sehen besondere Grenzgängerregelungen vor, wonach die Besteuerung nicht (primär) am Arbeitsort, sondern im Ansässigkeitsstaat der betroffenen Arbeitnehmer erfolgt. Voraussetzung dafür ist idR eine (im Wesentlichen) arbeitstägliche Rückkehr. Soweit aber wegen COVID-19 ein arbeitstägliches Pendeln nicht möglich ist, werden nun teilweise Sonderregelungen bilateral vereinbart. So wurde etwa mit Deutschland festgelegt, dass Arbeitstage, die nur aufgrund der Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19 Pandemie im Homeoffice verbracht werden, nicht als schädliche Tage der Nichtrückkehr gelten. Damit können im bilateralen Verhältnis zwischen Österreich und Deutschland Arbeitnehmer ihren Grenzgängerstatus trotz vorübergehender Tätigkeit im Homeoffice behalten. Eine ähnliche Vereinbarung wurde mit Liechtenstein getroffen bzw wird eine solche mit Italien angestrebt.
Entgeltentschädigungen bei Kurzarbeit
Die durch Arbeitgeber ausbezahlte Kurzarbeitsunterstützung soll aufgrund des im Anwendungsbereich des Art 15 OECD-MA geltenden Kausalitätsprinzips grundsätzlich in jenem Staat besteuert werden, in dem die Tätigkeit des Arbeitnehmers ausgeübt worden wäre. In den meisten Fällen wird dies jener Staat sein, in dem der Arbeitnehmer vor der COVID-19 Pandemie gearbeitet hat. Soweit aber einzelne DBA besondere Verteilungsnormen für Einkünfte aus der gesetzlichen Sozialversicherung vorsehen, soll diese spezifische Regelung vorgehen. In diesem Sinne obliegt etwa die Besteuerung der Kurzarbeitsunterstützung im Verhältnis zu Deutschland dem Kassenstaat, also jenem Staat, der dem Arbeitgeber die Entgeltzahlung erstattet. Im Ergebnis sind damit im Verhältnis zu Deutschland Arbeitnehmereinkünfte auf Aktiveinkünfte (Art 15 DBA Deutschland) einerseits und KUA-Unterstützungseinkünfte (Art 18 Abs 2 DBA Deutschland) andererseits aufzuteilen.
Keine Betriebsstättenbegründung bei Homeoffice-Tätigkeiten
Wird ein in Österreich ansässiger Arbeitnehmer eines ausländischen Unternehmens COVID-19 bedingt in seinem österreichischen Homeoffice tätig, wird in Österreich grundsätzlich keine abkommensrechtliche Betriebsstätte gem Art 5 OECD-MA begründet. Dies soll jedenfalls so lange gelten, als die Arbeit im Homeoffice nicht zum Regelfall wird.
COVID-19 bedingte Unterbrechungen einer Bauausführung
Wird die Arbeit einer Bauausführung oder Montage aufgrund der COVID-19 Pandemie vorübergehend unterbrochen, führt dies nicht zur Hemmung der Frist für die Berechnung der Betriebsstätte. Die Dauer dieser Unterbrechungen ist daher grundsätzlich in die Fristenberechnung zur Bestimmung, ob die Bauausführung eine Betriebsstätte begründet, miteinzubeziehen. Insoweit ist es laut BMF durchaus denkmöglich, dass zunächst kurzfristig geplante Projekte wegen COVID-19 die nach dem jeweiligen DBA maßgebende Frist (idR 12 Monate) doch überschreiten und damit eine projektbezogene Betriebsstätte begründet wird. Ob im Verhältnis zu Deutschland allenfalls eine für die Steuerpflichtigen günstigere Vereinbarung im Konsultationsweg getroffen werden kann, bleibt abzuwarten.