Tax News: VwGH zur Immo-ESt: Option plus Mietvertrag ersetzt nicht Kaufvertrag

Option plus Mietvertrag ersetzt nicht Kaufvertrag

Der VwGH stellte für den Bereich der Immobilienertragsteuer unlängst klar, dass mit dem Abschluss eines Mietvertrages samt vereinbarter Kaufoption über ein Grundstück (noch) kein wirtschaftliches Eigentum übertragen wird und somit keine Anschaffung vorliegt. Der Anschaffungszeitpunkt eines Grundstücks ist etwa im Veräußerungsfall uU für die Höhe der Steuer maßgeblich, da das Gesetz zwischen Alt- und Neuvermögen unterscheidet.

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Für den Inhalt verantwortlich

Markus Vaishor

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Seit 01.04.2012 unterliegen private Grundstücksveräußerungen grundsätzlich zeitlich unbegrenzt der Immobilienertragsteuer („Immo-ESt“, 30 % seit 01.01.2016). Davor waren solche Veräußerungsgeschäfte im Allgemeinen nur innerhalb einer 10-jährigen Spekulationsfrist steuerpflichtig. Bei der Berechnung der Bemessungsgrundlage für die Immo-ESt ist u.a. wesentlich, ob es sich bei der veräußerten Liegenschaft um Alt- oder Neuvermögen handelt. Altvermögen liegt vor, wenn die Liegenschaft zum 31.03.2012 nicht mehr steuerverfangen war (dh wenn die Anschaffung vor dem 01.04.2002 erfolgte, und daher die 10-jährige Spekulationsfrist bereits abgelaufen ist). In diesem Fall sind die Einkünfte im Allgemeinen pauschal mit 14 % des Veräußerungserlöses anzusetzen. Ansonsten (dh für Neuvermögen) ergibt sich die Bemessungsrundlage grundsätzlich aus dem Veräußerungserlös abzüglich der Anschaffungskosten.

Der VwGH beschäftigte sich in dem nachfolgend geschilderten Erkenntnis mit der Frage, ob bereits durch den Abschluss eines Mietvertrages samt Kaufoption vor dem 01.04.2002 das wirtschaftliche Eigentum auf den künftigen Grundstückserwerber übergegangen ist, und daher noch Altvermögen anzunehmen war.

Sachverhalt / Ansicht Finanzamt & BFG

Der Steuerpflichtige hat im Oktober 2001 einen Mietvertrag über ein Seegrundstück abgeschlossen (mit Kündigungsverzicht der vermietenden Grundstückseigentümerin). Am selben Tag wurde dem Steuerpflichtigen und seiner Frau die Option zum Kauf des Grundstücks von der Grundstückseigentümerin eingeräumt. Wegen eines damals aufrechten Veräußerungs- und Belastungsverbotes zugunsten eines Dritten habe ein Kaufvertrag noch nicht abgeschlossen werden können.

Im Juli 2002 hat der Steuerpflichtige (nach Wegfall des Veräußerungsverbotes) die Option ausgeübt und das Grundstück mit Kaufvertrag vom November 2002 erworben. Mit Kaufvertrag vom Juli 2015 verkaufte er das Grundstück schließlich wieder.

Der Steuerpflichtige vertrat die Meinung, es liege Altvermögen iSd § 10 Abs 4 EStG vor (dh er habe das wirtschaftliche Eigentum über das Grundstück durch den Abschluss des Mietvertrages samt Kaufoption bereits vor dem 01.04.2002 erlangt).

Finanzamt und BFG gingen von Neuvermögen aus, weil die gegenständliche vertragliche Gestaltung dem Steuerpflichtigen nicht vor dem 01.04.2002 wirtschaftliches Eigentum verschafft habe.

VwGH 24.10.2019, Ro 2019/15/0177

Der VwGH wies die gegen die Entscheidung des BFG eingebrachte ordentliche Revision als unbegründet ab, und führt zunächst allgemein aus:

  • Unter Anschaffung und Veräußerung iSd § 30 EStG (idF vor dem 1. StabG 2012) sind bei der privaten Grundstücksveräußerung die schuldrechtlichen, auf die Eigentumsübertragung ausgerichteten Rechtsgeschäfte zu verstehen. Für die Berechnung der Spekulationsfrist sind daher insb Kaufverträge maßgeblich.
  • Ausnahmsweise kommt es nicht auf den Zeitpunkt eines solchen Rechtsgeschäftes an, wenn die Vertragsparteien bereits vorher eine Vereinbarung geschlossen haben, aufgrund derer das wirtschaftliche Eigentum übergegangen ist.

Auch nach Ansicht des VwGH überträgt die im vorliegenden Fall getroffene Vereinbarung vom Oktober 2001 (Mietvertrag samt Kaufoption) keinesfalls wirtschaftliches Eigentum:

  • Der Revisionswerber konnte die Liegenschaft zu einem bereits im Optionsvertrag vereinbarten Kaufpreis erwerben, wodurch ihm grundsätzlich die Chancen der Wertsteigerung zukamen. Allerdings musste er die Option nicht ausüben, sodass er nicht das Risiko einer Wertminderung trug. Zudem war im Optionsvertrag nicht festgelegt, wer die Liegenschaft erwerben würde (der Steuerpflichtige oder seine Ehefrau). Insoweit stand nicht fest, in wessen Vermögen es zu einer Wertsteigerung (oder allenfalls Wertminderung) kommen würde.
  • Es ist somit offenkundig, dass eine derartige Vereinbarung (Mietvertrag samt Optionsvertrag) nicht jene Vereinbarung ist, die die Übertragung (zumindest) des wirtschaftlichen Eigentums an der Liegenschaft bewirke.

Im Ergebnis fand im gegenständlichen Fall die Anschaffung der Liegenschaft nach dem Stichtag 01.04.2002 statt, sodass für die Berechnung der Immo-ESt Neuvermögen vorlag.

Zusammenfassung & Conclusio

Im Bereich der Immobilienertragsteuer sind für die Auslegung der Begriffe Anschaffung und Veräußerung von Liegenschaften (§ 30 EStG) insbesondere Kaufverträge maßgeblich. Bei Übergang des wirtschaftlichen Eigentums zu einem früheren Zeitpunkt aufgrund bestimmter abgeschlossener Vereinbarungen kommt es ausnahmsweise nicht auf den Zeitpunkt der schuldrechtlichen, auf die Eigentumsübertragung ausgerichteten Rechtsgeschäfte an.

Der VwGH hat kürzlich in Bestätigung von Finanzverwaltung und BFG klargestellt, dass der Abschluss eines Mietvertrages samt gleichzeitiger Optionseinräumung über den Erwerb der gemieteten Liegenschaft noch kein wirtschaftliches Eigentum begründet.

Unseres Erachtens bleibt es daher auch weiterhin bei der langjährigen hM, dass auch bei Vorliegen von gekreuzten Optionen nicht automatisch ein Übergang des wirtschaftlichen Eigentums vorliegt.

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