Tax News: „Taktiererzuschlag“ bei Selbstanzeigen: Tatsächliche Kenntnisnahme von bevorstehender steu-er- oder zollrechtlicher Überprüfung entscheidend

„Taktiererzuschlag“ bei Selbstanzeigen

Wird eine Selbstanzeige nach der „Anmeldung oder sonstigen Bekanntgabe“ einer abgabenbehördlichen Prüfung erstattet, ist zusätzlich zur Abgabenachzahlung binnen Monatsfrist ein Taktiererzuschlag von bis zu 30 % zu entrichten, um Straffreiheit zu erlangen. Nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofs reicht es aus, wenn der Abgabepflichtige tatsächlich Kenntnis von einer anstehenden Maßnahme gem § 29 Abs 6 FinStrG (Betriebsprüfung, Nachschau, Beschau, Abfertigung) erlangt und daher mit einer erhöhten Wahrscheinlichkeit der Tatentdeckung gerechnet werden muss. Auf die Form der Kenntnisnahme soll es dabei nicht angekommen; auch Telefonate und E-Mails sind daher geeignet den „Taktiererzuschlag“ auszulösen.

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Fritz Fraberger

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1. BFG: „Taktiererzuschlag“ bei telefonischer Ankündigung einer Betriebsprüfung

Nach einer im Herbst vergangenen Jahres ergangenen Rechtsprechung des Bundesfinanzgerichts (BFG) kann auch eine telefonische Ankündigung der abgabenbehördlichen Prüfung den „Taktiererzuschlag“ auslösen (BFG 30.09.2019, RV/7104207/2019; Tax News 11-12/2019). Ob eine bloße Ankündigung per E-Mail (als „sonstige Bekanntgabe“) ebenso ausreicht, ließ das BFG damals explizit offen.

2. VwGH 30.01.2020, Ra 2018/16/0205: Kenntnisnahme ausreichend – keine bestimmte Form erforderlich

In der gegen obige BFG-Entscheidung erhobenen Revision wurde unter Bezugnahme auf Bundesabgabenordnung (BAO) und Zustellgesetz vorgebracht, dass eine „Anmeldung oder sonstige Bekanntgabe“ nur mündlich (face to face) oder schriftlich erfolgen dürfte; Telefon oder E-Mail kämen daher nicht in Betracht.

Nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofs (VwGH) handelt es sich jedoch bei der „Anmeldung oder sonstigen Bekanntgabe“ in § 29 Abs 6 FinStrG um einen eigenen Begriff des Finanzstrafgesetzes. Dieser ist nach dem Gesetzeszweck des § 29 Abs 6 FinStrG auszulegen (Tz 20): Demnach soll es zu einer „Verteuerung“ von im „letzten Moment“ eingebrachten Selbstanzeige kommen, wenn bei verständiger Würdigung der Sachlage mit der Tatentdeckung gerechnet werden muss.

Unter der „Anmeldung oder sonstigen Bekanntgabe“ sind daher tatsächliche Vorgänge zu verstehen, aufgrund derer der Selbstanzeiger in Kenntnis der Sachlage und bei verständiger Würdigung mit der Tatentdeckung rechnen muss (Tz 21). Maßgeblich ist somit der Empfängerhorizont: Der Selbstanzeiger muss Kenntnis von einer bevorstehenden, in § 29 Abs 6 FinStrG genannten Maßnahme (Betriebsprüfung, Nachschau, Beschau, Abfertigung) haben, die Anlass zur Selbstanzeige bietet, weil mit einer erhöhten Wahrscheinlichkeit der Tatentdeckung gerechnet werden muss (Tz 21 und Tz 24).

Hingegen ist es nicht entscheidend, in welcher Form (schriftlich, mündlich, telefonisch, per E-Mail) der Selbstanzeiger durch die Behörde in Kenntnis gesetzt wurde. Ein Abstellen auf Kenntnisnahme in einer bestimmten Form (zB schriftlich oder mündlich) würde nach Ansicht des VwGH nicht nur dem Gesetzeszweck widersprechen, sondern andere Arten der Kenntnisnahme privilegieren und damit diese einfachgesetzliche Regelung als unsachlich erscheinen lassen (Tz 23).

3. Conclusio

Der VwGH bestätigt die Rechtsprechung des BFG, wonach die telefonische Anmeldung einer anstehenden Maßnahme iSd § 29 Abs 6 FinStrG (Betriebsprüfung, Nachschau, Beschau, Abfertigung) den „Taktiererzuschlag“ auslöst. Nach Ansicht des VwGH bestehen keinerlei Formerfordernisse an eine „Anmeldung oder sonstige Bekanntgabe“. Entscheidend ist, dass der Abgabepflichtige tatsächlich Kenntnis von einer anstehenden steuer- oder zollrechtlichen Überprüfung erlangt und daher mit einer erhöhten Wahrscheinlichkeit der Tatentdeckung gerechnet werden muss. Auch E-Mails sind daher geeignet den „Taktiererzuschlag“ auszulösen.

4. Anmerkung – Straffreiheit trotz Aussetzungsantrages

Abweichend von der bisherigen BFG-Rechtsprechung entschied das BFG in seiner Entscheidung 30.9.2019, RV/7104207/2019 (Tax News 11-12/2019), dass die Schadensgutmachung aufgrund der tatsächlichen Entrichtung der Nachzahlungsbeträge nach Ansicht des BFG rechtzeitig erfolgte, obwohl im Beschwerdeverfahren ein Aussetzungsantrag gestellt wurde. Dieser Umstand war nicht Gegenstand der Revision und wurde vom VwGH daher auch nicht geprüft.

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