Tax News: BFG zur Hauptwohnsitzbefreiung: Hauptwohnsitzaufgabe vor Verkauf
BFG zur Hauptwohnsitzbefreiung: Hauptwohnsitzaufgabe
Wird der Hauptwohnsitz verbunden mit einer raschestmöglichen beabsichtigten Veräußerung des Eigenheims aufgegeben, steht die Hauptwohnsitzbefreiung (bei Erfüllung der weiteren Voraussetzungen) zu, auch wenn sich der tatsächliche Verkauf aus unbeeinflussbaren Gründen verzögert (BFG 29.08.2019, RV/5100949/2019).
Allgemein
Grundsätzlich sieht die sog „Hauptwohnsitzbefreiung“ des § 30 Abs 2 Z 1 EStG eine Befreiung von der Immobilienertragsteuer für die Veräußerung von Eigenheimen oder Eigentumswohnungen samt Grund und Boden vor, wenn diese ab der Anschaffung bis zur Veräußerung für mindestens zwei Jahre durchgehend den Hauptwohnsitz des Veräußerers darstellten und der Hauptwohnsitz aufgegeben wird (1. Tatbestand) oder wenn das Objekt innerhalb der letzten zehn Jahre vor der Veräußerung mindestens fünf Jahre durchgehend als Hauptwohnsitz gedient hat und dieser aufgegeben wird (2. Tatbestand).
Die Finanzverwaltung sah für die Anwendung der Befreiung bisher eine Toleranzfrist von einem Jahr vor, dh der Zeitraum zwischen Veräußerung und tatsächlicher Aufgabe des „alten“ Hauptwohnsitzes darf nicht über ein Jahr hinausgehen (vgl EStR 2000 Rz 6643). Mittlerweile führen die EStR in Reaktion auf VwGH 01.06.2017, Ro 2015/15/0006 aus, dass die Toleranzfrist im Einzelfall auch über ein Jahr hinausgehen kann (zB wenn der neue Hauptwohnsitz noch nicht bezugsfertig ist. Siehe dazu unsere Tax News 10-2017).
Das BFG entschied im nachfolgend geschilderten Erkenntnis in einem umgekehrt gelagerten Fall, in dem der Hauptwohnsitz vor der Veräußerung aufgegeben wurde.
BFG 29.08.2019, RV/5100949/2019
In dem Rechtsmittelverfahren handelte es sich um den folgenden Sachverhalt:
Der Beschwerdeführer veräußerte seine Eigentumswohnung erst eineinhalb Jahre nachdem er bereits einen neuen Wohnsitz erworben hat und ausgezogen war. Die Eigentumswohnung diente ihm über zwei Jahre als Hauptwohnsitz.
Das Finanzamt versagte die Anwendung der Hauptwohnsitzbefreiung, da im vorliegenden Fall die Frist zwischen Aufgabe des Hauptwohnsitzes und nachfolgender Veräußerung über ein Jahr betrug.
Das BFG folgte dieser Ansicht nicht. Das Gesetz fordert lediglich einen sachlichen Zusammenhang zwischen Aufgabe des Hauptwohnsitzes und Veräußerung – eine Frist ist der einschlägigen Bestimmung nicht zu entnehmen. Im vorliegenden Fall konnte durch Vorlage von Inseraten glaubhaft dargelegt werden, dass eine raschestmögliche Veräußerung der Eigentumswohnung beabsichtigt war. Diese hat sich allerdings aus unbeeinflussbaren Gründen (schwierige Käufersuche aufgrund bestimmter landesgesetzlicher Vorschriften) verzögert. Die Hauptwohnsitzbefreiung war daher zu gewähren. Das Gericht hat keine ordentliche Revision zugelassen.
Zusammenfassung
Die Anwendung der Hauptwohnsitzbefreiung bei der Veräußerung von Eigenheimen fordert einen sachlichen Zusammenhang zwischen Veräußerung und tatsächlicher Aufgabe des Hauptwohnsitzes. Eine etwaige Frist, innerhalb derer Veräußerung und Aufgabe des Hauptwohnsitzes stattfinden müssen, ist dem Gesetz nicht zu entnehmen. Der VwGH hat bereits entschieden, dass die Frist im Fall Aufgabe des Hauptwohnsitzes nach Veräußerung im Einzelfall durchaus über ein Jahr hinausgehen kann (wenn sich zB der Bau des neuen Eigenheims verzögert). Nach Ansicht des BFG kann nichts anderes für den umgekehrten Fall gelten (dh Aufgabe des Hauptwohnsitzes vor Veräußerung), wenn die Veräußerung nachweislich beabsichtigt war, sich jedoch aus unbeeinflussbaren Gründen verzögert hat.