Tax News: VwGH: Offenlegung des Sachverhaltes zur Vermeidung finanzstrafrechtlicher Konsequenzen

VwGH: Offenlegung des Sachverhaltes

Eine völlig verfehlte, aber in den Beilagen zur jeweiligen Steuererklärung offengelegte Berechnung der AfA kann keine finanzstrafrechtlichen Konsequenzen nach sich ziehen.

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Für den Inhalt verantwortlich

Fritz Fraberger

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KPMG Austria

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1. Sachverhalt

  • Der Abgabepflichtige war Eigentümer mehrere Grundstücke. Im Feber 2004 schloss er mit einem Unternehmer einen Abbau- und Bestandsvertrag und räumte unter anderem ein Kiesabbau- und ein Deponierecht ein.
  • Im Jahr 2005 übermittelte der Abgabepflichtige dem Finanzamt eine Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung für 2004. Es erfolgte eine erklärungsgemäße Veranlagung. Die Nicht-Erklärung der Verpachtungseinkünfte hatte eine rechtskräftige Verurteilung wegen fahrlässiger Abgabenverkürzung (§ 34 FinStrG) zur Folge.
  • Im Jahr 2006 wurde die ESt-Erklärung für 2005 eingereicht. Im Rahmen der Verpachtungseinkünfte setzte der Abgabepflichtigen eine pauschale Absetzung für Substanzverringerung („AfA“) in Höhe von 50 % der Bruttoeinnahmen an.
  • Nach Einreichung der ESt-Erklärung für 2005 wurden im Jahr 2006 die Veranlagungsjahre 2004 und 2005 geprüft. Dabei ermittelte der Prüfer die aus dem Vertrag resultierenden Verpachtungseinkünfte unter Ansatz einer pauschalen 40%igen AfA.
  • Die ESt-Erklärungen für 2006 und 2007 wurden fristgerecht eingebracht. In den Beilagen wurde explizit auf bereits zuvor eingebrachte Anbringen verwiesen, wonach die AfA in Höhe des Barwertes der Pachtzahlungen ermittelt wurde. Das Finanzamt berücksichtigte wiederum eine geringere AfA in Höhe von lediglich 40 % der Nettoeinnahmen.
  • 2014 kam es zur Wiederaufnahme der Jahre 2004 - 2007 und zu einer abermaligen Kürzung der AfA durch das Finanzamt für diese Veranlagungsjahre. Nach Ansicht des Finanzamts waren neue Tatsachen hervorgekommen und eine vorsätzliche Verkürzung der Einkommensteuer gegeben.

2. VwGH 03.09.2019, Ra 2018/15/0035

Die Wiederaufnahme bereits veranlagter Jahre ist so lange möglich, als diese noch nicht verjährt sind. Die Verjährungsfrist beträgt bei Veranlagungsabgaben grundsätzlich 6 Jahre (5+1-Regel). Wurden Abgaben hinterzogen, beträgt die Frist 10 Jahre. Die Wiederaufnahme der Jahre 2004 - 2007 ist daher nur im Falle vorsätzlicher Abgabenhinterziehung möglich.

Nach der Ansicht des BFG (19.01.2018, RV/1100416/2015) liegt im konkreten Sachverhalt KEINE vorsätzliche Abgabenverkürzung vor, da die aus dem Vertragsinhalt hervorgehende Sachlage dem Finanzamt bereits seit der abgabenbehördlichen Prüfung im Jahr 2006 bekannt ist.

In der Revision an den VwGH (03.09.2019, Ra 2018/15/0035) begründet das Finanzamt das Vorliegen einer vorsätzlichen Abgabenverkürzung damit, dass sich aus der in den Beilagen zu den Steuererklärungen dargelegten Methode der AfA-Berechnung die Absicht des Abgabepflichtigen ergebe, die Höhe der Verpachtungseinkünfte reduzieren zu wollen.

Der VwGH vertritt die gegenteilige Ansicht: Eine solche Darlegung der AfA-Berechnung kann keine finanzstrafrechtlichen Konsequenzen nach sich ziehen. Auf Basis des Vorbringens des Finanzamts und der Sachverhaltsfeststellungen des BFG geht der VwGH davon aus, dass in den Beilagen zu den Steuererklärungen die Art und Weise der AfA-Ermittlung vollständig und damit ordnungsgemäß offengelegt wurde. Auch wenn die vom Abgabepflichtigen offengelegte Methode der AfA-Berechnung rechtlich verfehlt ist, stellt sie kein Vorbringen eines „wahrheitswidrigen Sachverhalts“ dar, sondern bewirkt vielmehr die Erfüllung sämtlicher abgabenrechtlichen Offenlegungs- und Wahrheitspflichten durch den Abgabepflichtigen.

3. Anmerkungen

Veranlagung 2006 und 2007: Der Sachverhalt zu den Veranlagungsjahren 2006 und 2007 wurde im Zeitpunkt der Einreichung der Steuererklärungen für 2006 und 2007 unstrittig vollständig offengelegt. Auch wenn eine noch so abstruse Rechtsmeinung in Bezug auf die AfA-Berechnung vertreten wird, bewirkt die Erläuterung der Methode der AfA-Ermittlung in den Beilagen zu den Steuererklärungen, dass finanzstrafrechtliche Konsequenzen dem Grunde nach ausgeschlossen sind. Dafür ist es ausreichend, wenn in den Beilagen auf amtsbekannte Schriftstücke verwiesen wird.

Veranlagung 2005: Aufgrund des im VwGH-Beschluss und BFG-Erkenntnis dargelegten Sachverhaltes kann nicht eindeutig festgestellt werden, ob im Zeitpunkt der Abgabe der Steuererklärung für 2005 eine ordnungsgemäße Offenlegung des Sachverhaltes gegenüber dem Finanzamt gegeben war. Da der VwGH allerdings in seinem Erkenntnis für sämtliche streitgegenständlichen Jahre davon ausgeht, dass die „Art und Weise der AfA-Ermittlung offengelegt wurde“, und im Gegensatz zur Veranlagung 2004 auch keine Verurteilung wegen fahrlässiger Abgabenverkürzung erfolgt war, ist von einer ordnungsgemäßen Offenlegung des Sachverhaltes auch hinsichtlich des Veranlagungsjahres 2005 auszugehen.

Veranlagung 2004: Im Zeitpunkt der Einreichung der Arbeitnehmerveranlagung für 2004 war weder aufgrund einer vorangegangenen Außenprüfung noch aufgrund ausreichender Sachverhaltsangaben zu den Verpachtungseinkünften in den Beilagen zur Steuererklärung eine ordnungsgemäße Offenlegung des Sachverhaltes erfolgt.

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