Tax News: BFG: EuGH-Vorlage (C-593/19) – Roaminggebühren betreffend Drittlandanbieter

BFG: EuGH-Vorlage (C-593/19) – Roaminggebühren

Das BFG hat mit Beschluss vom 29. Juli 2019 (RE/2100001/2019) dem EuGH Fragen zur Nutzung und Auswertung von Dienstleistungen gem Art 59a lit b MwStSyst-RL und Verlagerung des Leistungsortes aus dem Drittland in die EU, wenn sowohl der Leistende als auch der nichtsteuerpflichtige Leistungsempfänger im Drittland ansässig ist, vorgelegt.

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Für den Inhalt verantwortlich

Esther Freitag

Partnerin, Tax

KPMG Austria

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Eine im Drittland ansässige Mobilfunkgesellschaft erbrachte an ihre im Drittland ansässigen Kunden Telekommunikationsdienstleistungen in Form von Roamingleistungen für die Nutzung eines österreichischen Netzes. Der österreichische Netzbetreiber stellte der Mobilfunkgesellschaft Benützungsgebühren in Rechnung, die ihren eigenen Kunden Roaminggebühren verrechnete.  Die Telekom stellte einen Antrag auf Vorsteuerrückerstattung, welcher versagt wurde, da die verrechneten Roaminggebühren laut Finanzbehörde gem VO BGBl II Nr 383/2003 idF BGBl II Nr 221/2009 in Österreich steuerbar und steuerpflichtig sind, weil die Nutzung und Auswertung in Österreich erfolgt und die erbrachten Dienstleistungen keiner der inländischen Umsatzsteuer vergleichbaren Steuerbelastung im Drittland unterliegen.

Das BFG (RE/2100001/2019) bezweifelt dieses auf VO BGBl II Nr 383/2003 idF BGBl II Nr 221/2009 gestützte Auslegungsergebnis der Finanzbehörde und stellt zum einen die Frage, ob die Nutzung von Roaming in einem Mitgliedstaat durch nichtsteuerpflichtigen Kunden, die sich vorübergehend in dem Mitgliedstaat aufhalten, ein „Nutzen und Verwerten“ in diesem Mitgliedstaat darstellt und dies dazu führt, dass der Leistungsort aus dem Drittland in die EU verlagert werden kann, obwohl der Leistende und Endkunde im Drittland ansässig sind. Zum anderen möchte das BFG wissen, ob bei Bejahen der Frage 1 die Verlagerung des Leistungsortes erfolgen kann, nur weil die Dienstleistungen im Drittland keiner der Umsatzsteuer vergleichbaren Steuerbelastung unterliegen.

Basierend auf dem Zweck der Bestimmung, nämlich der Vermeidung von Steuerumgehungen im Gemeinschaftsgebiet, kommt das BFG zum Ergebnis, dass die tatsächliche Nutzung oder Auswertung von Telekommunikationsdienstleistungen in jenem Mitgliedstaat vorliegt, in dem der Kunde ansässig ist. Folglich kann auch der Leistungsort für im Drittland ansässige die Leistung empfangende Nichtsteuerpflichtige nicht aufgrund der VO BGBl II Nr 383/2003 idF BGBl II Nr 221/2009 unionsrechtskonform nach Österreich verlagert werden. Sofern eine Leistungsortverlagerung in diesem Fall zulässig ist, bleibt aber dennoch die Frage offen, wann eine vergleichbare Besteuerung im Drittland vorliegt. Das BFG gibt hier zu bedenken, dass eine nicht ausreichende Besteuerung im Drittland (hier: 10 %) und eine Besteuerung im Inland, zur Doppelbesteuerung bzw exzessiven Besteuerung führt. Zudem wäre dann die Besteuerung im Inland bzw Gemeinschaftsgebiet von dem im Drittland geltenden Recht abhängig.

Anmerkung:

Der EuGH kann sich nun erstmals mit der Frage der Bedeutung des Begriffes der „tatsächlichen Nutzung und Auswertung“ von Telekommunikationsdienstleistungen beschäftigen. Die Ausführungen dazu dürften nicht ausschließlich für Roamingleistungen, sondern auch für andere Sachverhalte von Bedeutung sein. Es bleibt jedenfalls mit Spannung abzuwarten, ob der EuGH dem BFG folgt und die Unionsrechtskonformität der VO BGBl II Nr 383/2003 idF BGBl II Nr 221/2009 bzw deren Interpretation durch die Finanzverwaltung verneint.

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