Tax News: Steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung beim Reihengeschäft

Steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung

Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) hat in seinem Erkenntnis vom 3. April 2019 (Ra 2018/15/0125) entschieden, dass es für die Beurteilung, ob durch die Übermittlung von Ladennummern bereits eine Übertragung der Befugnis, wie ein Eigentümer über einen Gegenstand zu verfügen, an den Endabnehmer erfolgte oder ob diese Befugnis beim Veräußerer verbleibt, erheblich ist, für welche Partei der Transporteur tätig wird.

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Für den Inhalt verantwortlich

Esther Freitag

Partnerin, Tax

KPMG Austria

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Ein Unternehmer (AT) bezog im Jahr 2009 Treibstoffe von einem anderen österreichischen Unternehmer (M KG). Zum Zeitpunkt der Veräußerung an AT befand sich der Treibstoff im Tanklager N in Deutschland. Die Rechnungslegung an AT erfolgte dabei mit Hinweis auf Steuerfreiheit der innergemeinschaftlichen Lieferung von Deutschland nach Österreich. Dabei trat die M KG mit ihrer deutschen UID-Nummer und AT mit seiner österreichischen UID-Nummer auf. AT besteuerte in Österreich diesen innergemeinschaftlichen Erwerb. Nach erfolgter Bezahlung des Rechnungsbetrages gab die M KG die Ladennummer an AT bekannt. AT fakturierte die Treibstoffe an eine tschechische Gesellschaft (CZ) als innergemeinschaftliche Lieferung. Dabei legte der Revisionswerber im Jahr 2011 eine korrigierte Ausgangsrechnung mit einem nachträglich hinzugefügten Bestätigungsvermerk des CZ vor, wonach die Waren tatsächlich ins EU-Ausland – aber anstatt nach Tschechien nach Ungarn – verbracht wurden. Hierzu gab es jedoch keine Frachtbriefe. CZ verrechnete in weiterer Folge die Treibstoffe an eine ungarische Gesellschaft (HU), wobei es sich dabei um eine Schein- bzw. Briefkastenfirma handelte. Ein diesbezüglicher innergemeinschaftlicher Erwerb wurde nicht gemeldet. Zudem wurden keine Nachweise erbracht, dass der Treibstoff tatsächlich physisch nach Ungarn oder nach Tschechien gelangt sei. Der Transport des Treibstoffes endete tatsächlich in Salzburg. Bezüglich der Bezahlung der Frachtkosten steht lediglich fest, dass diese nicht von AT erfolgte.

Das Finanzamt versagte AT nachträglich die Steuerfreiheit für die als innergemeinschaftliche Lieferung behandelten Umsätze. AT erhob dagegen Beschwerde, welche vom Bundesfinanzgericht als unbegründet abgewiesen wurde. Es führt in der Begründung aus, dass zwar die Lieferung der M KG an AT eine steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung sei, bei der die Verfügungsmacht durch Bekanntgabe der Ladennummer an den Revisionswerber erfolgte. Der Liefergegenstand sei zudem tatsächlich aus Deutschland nach Österreich gelangt. Da sich der Treibstoff am Ende der Versendung in Österreich befunden habe und AT zudem unter seiner österreichischen UID-Nummer aufgetreten ist, sei der innergemeinschaftliche Erwerb (nur) in Österreich bewirkt worden. AT habe daher auch zu Recht den Vorsteuerabzug für den innergemeinschaftlichen Erwerb vorgenommen. Andererseits hat AT aber keine Belege vorgelegt, dass der Treibstoff tatsächlich ins (EU-)Ausland gelangt sei. Er habe auch den Frächter nicht nennen können, welcher den Treibstoff nach Tschechien oder Ungarn versendet haben soll. Er habe sich also nicht wie ein sorgfältiger und gewissenhafter Kaufmann verhalten und ist auch bei dieser ungewöhnlichen Ausgestaltung nicht misstrauisch geworden. Daher versagt das BFG AT auch den Vertrauensschutz nach Art 7 Abs 4 UStG.

Der VwGH (Ra 2018/15/0125) führt in seinen Entscheidungsgründen aus, dass im streitgegenständlichen Sachverhalt ein Reihengeschäft vorliegt, bei dem es nach ständiger Rechtsprechung nur eine bewegte Lieferung geben kann und alle anderen Liefergeschäfte in der Reihe ruhende Lieferungen sind. Zur Bestimmung der bewegten Lieferung ist eine umfassende Würdigung aller besonderen Umstände des Einzelfalls vorzunehmen. Entscheidend dabei ist, zu welchem Zeitpunkt dem Abnehmer die Verfügungsmacht über den Gegenstand verschafft wurde. Dabei kommt es auf den Zeitpunkt an, zu dem die Voraussetzungen in Bezug auf die innergemeinschaftliche Beförderung einerseits und die Übertragung der Befähigung wie Eigentümer über den Gegenstand zu verfügen, jeweils erfüllt sind. Der VwGH stellt zum Sachverhalt fest, dass AT nach Zahlung des Rechnungsbetrages an die M KG von dieser die Ladennummer erhalten hat. Die Abholung des Diesels von Deutschland hat sodann ein nachgelagerter Unternehmer vorgenommen. Dazu gab AT diesem die ihm von der M KG übermittelte Ladennummer bekannt.

Der VwGH kommt zum Ergebnis, dass diese Feststellungen für eine abschließende rechtliche Beurteilung nicht ausreichen. Im Hinblick auf die vorzunehmende Gesamtwürdigung der Umstände ist es von erheblicher Bedeutung, für welche der Parteien der Transporteur tatsächlich tätig wurde. Das angefochtene Erkenntnis wurde daher wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Anmerkung:

Zur Bestimmung des Lieferortes in einem Reihengeschäft ist es entscheidend, ob die Befähigung wie ein Eigentümer über die Waren zu verfügen, vom Veräußerer bereits vor dem Zeitpunkt der Beförderer der Ware an den Endabnehmer übertragen wird oder nicht. Dabei ist es von erheblicher Bedeutung, für welche der Parteien der Transporteur tätig wird. Die Definition der Übertragung der Befugnis, wie ein Eigentümer über den Gegenstand zu verfügen, und damit die bewegte Lieferung zu determinieren, wird für die Beurteilung immer wichtiger. In der Praxis gilt es daher diese Übertragung der Befugnis jedenfalls zu dokumentieren.

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