Tax News: BFG zu nicht erklärten Auslandseinkünften: Keine vorsätzliche Abgabenverkürzung bei ausländischem Lohnsteuerabzug
BFG zu nicht erklärten Auslandseinkünften
Nach Ansicht des BFG liegt keine vorsätzliche Abgabenverkürzung vor, wenn der Abgabenpflichtige aufgrund des erfolgten Lohnsteuerabzuges im Ausland davon ausgegangen ist seine steuerlichen Pflichten dadurch bereits erfüllt zu haben. Der für eine Abgabenhinterziehung notwendige Vorsatz ist nicht erwiesen, wenn sich der diesbezügliche Vorwurf nur auf Vermutungen stützt. Dies gilt selbst dann, wenn eine Abgabenverkürzung durch die Inanspruchnahme einer steuerlichen Beratung hätte vermieden werden können.
1. Ausgangslage: Lange Verjährungsfrist bei Abgabenhinterziehung
Einer Abgabenhinterziehung macht sich schuldig, wer vorsätzlich unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- oder Wahrheitspflicht eine Abgabenverkürzung bewirkt (§ 33 Abs 1 FinStrG). Wird eine Abgabe, wie zB die Einkommensteuer, hinterzogen, beträgt die abgabenrechtliche Verjährungsfrist nicht nur fünf, sondern zehn Jahre (§ 207 Abs 2 BAO).
2. Entschiedener Sachverhalt
Ein Abgabenpflichtiger (steueransässig in Österreich) wurde von seinem österreichischen Arbeitgeber ab 1. April 2006 als Vorstandmitglied nach Mazedonien entsandt. Der Abgabepflichtige war Techniker und kein Steuerexperte. Er nahm irrtümlich an, dass ihn durch den in beiden Ländern erfolgten Lohnsteuerabzug keine weiteren abgabenrechtlichen Pflichten in Österreich mehr treffen würden. Daher wurden in Österreich keine Steuererklärungen für die Jahre 2006 und 2007 abgegeben und die mazedonischen Einkünfte in Österreich nicht der Besteuerung unterzogen. Dem Abgabepflichtigen war nicht bewusst, dass zwei Staaten ein Besteuerungsrecht auf ein und dieselbe Einkunftsquelle erheben können.
Die Abgabenbehörde unterstellte dem Abgabenpflichtigen eine vorsätzliche Abgabenhinterziehung und brachte die verlängerte Verjährungsfrist von 10 Jahren zur Anwendung. Nach Ansicht des Finanzamtes sei es unglaubwürdig, dass der Abgabenpflichtige sich bei seinem „allgemeinen Bildungsstand und seiner Intelligenz“ keine Gedanken über die Besteuerung seiner mazedonischen Einkünfte in Österreich gemacht hätte. Da es der Abgabenpflichtige unterlassen habe, sich bei einem Steuerberater oder der Abgabenbehörde über seine abgabenrechtlichen Verpflichtungen zu informieren, habe er es nach Ansicht des Finanzamtes „ernstlich für möglich gehalten und sich damit abgefunden“ eine Abgabenverkürzung zu bewirken.
3. BFG 09.10.2018, RV/7101179/2015
- Die Beurteilung, ob eine Abgabenhinterziehung vorliegt und dadurch die verlängerte Verjährungsfrist zur Anwendung kommt, setzt konkrete und nachprüfbare Feststellungen über die Abgabenhinterziehung voraus. Dabei führt eine Abgabenverkürzung für sich alleine noch nicht zu einer Abgabenhinterziehung, sondern es muss zusätzlich Vorsatz als Schuldform vorliegen.
- Ein bloßer Verdacht, der sich lediglich auf Vermutungen stützt, ist für die Annahme eines Vorsatzes nicht ausreichend. So ist es keinesfalls ausreichend, auf die „Intelligenz oder mangelnde Intelligenz“ eines Abgabenpflichtigen abzustellen.
- Im konkreten Fall wurde die Versteuerung der inländischen Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit seit dem Jahr 2000 ohne Erklärungsabgabe und demnach ausschließlich im Wege des Lohnsteuerabzuges vorgenommen. Wenn ein Abgabepflichtiger jahrelang keine Abgabenerklärungen abgegeben hat, sondern seine Steuerpflicht ausschließlich im Wege des Lohnsteuerabzuges durch seinen Dienstgebers erfüllt wurde, konnte der Abgabenpflichtige nach Ansicht des BFG (09.10.2018, RV/7101179/2015) glaubwürdiger Weise davon ausgehen, dass er über den erfolgten Lohnsteuerabzug hinaus keine weiteren steuerlichen Verpflichtungen zu erfüllen habe.
- Dass der aufgetretene Sorgfaltsmangel durch Inanspruchnahme steuerlicher Beratung hätte vermieden werden können, bedeutet nach Ansicht des BFG nicht, dass ein über den vorliegenden „Rechtsirrtum“ hinausgehender „Vorsatz“ erwiesen ist.
4. Conclusio
Für das Vorliegen von Vorsatz als Schuldform muss die Abgabenbehörde eindeutige und konkret nachprüfbare Nachweise erbringen. Die bloße Feststellung, dass dem Abgabenpflichtigen die Abgabenhinterziehung „aufgrund seiner Intelligenz“ bewusst sein hätte müssen, ist jedenfalls nicht ausreichend.
Nach Ansicht des BFG ist es glaubwürdig, dass ein Abgabenpflichtiger, der aufgrund eines erfolgten Lohnsteuerabzuges niemals Abgabenerklärungen abgegeben hat, sich keiner weiteren steuerlichen Verpflichtungen bewusst gewesen ist. Dies gilt insb dann, wenn das Finanzamt in der Vergangenheit niemals Beanstandungen irgendwelcher Art getroffen hat. Da der Abgabenpflichtige im konkreten Fall über keine besonderen Kenntnisse im internationalen Steuerrecht verfügte, war nach Ansicht des BFG ob des in beiden Ländern erfolgten Lohnsteuerabzuges kein Vorsatz gegeben.