Mit zwei Generationen im Gespräch: Manuela Mayer ist seit Oktober 2021 KPMG Partnerin und damit Teil der Geschäftsführung. Diesem Aufstieg folgt ein Abschied: Georg Weinberger wird nach mehr als 30 Jahren bei KPMG Ende des Jahres in den Ruhestand treten.
Welche neuen Herausforderungen kamen aufgrund von COVID-19 auf euch und eure Teams zu? Gibt es Entwicklungen, die langfristig bestehen bleiben?
Manuela Mayer (MM): Die letzten Monate haben gezeigt, dass wir mit unseren Kunden auch hervorragend zusammenarbeiten, wenn wir nicht physisch vor Ort sein können. Unser Job lebt jedoch vom persönlichen Kontakt. Für unsere Teams ist es wichtig, die kritischen Phasen von Abschlussprüfungen vor Ort zu verbringen, um nah am Kunden und seinen Themen zu sein. Kurze, spontane Besprechungen werden jedoch zukünftig verstärkt online stattfinden.
Eine weitere Entwicklung: Durch das virtuelle Arbeiten haben unsere Kunden mehr Sicherheit gewonnen, uns direkten Systemzugriff zu gewähren und auch größere Datenmengen sicher zu transferieren. Dies ermöglicht es uns, unsere Big Data-Initiativen weiter voranzutreiben.
Georg Weinberger (GW): Ich sehe das genauso. Einerseits sparen wir Zeit, weil die An- und Abreise zu Terminen wegfällt. Dennoch ist es meiner Meinung nach wichtig – solange es die Situation zulässt – vor Ort zu sein. Gemeinsam mit unseren Kunden können wir uns dadurch viel intensiver mit dem Projekt und dem Team auseinandersetzen. Mimik und Gestik gehen bei Online-Meetings oftmals verloren.
Wir reisen in die Vergangenheit: Georg, du bist seit 1989 bei KPMG tätig und seit 2005 Teil der Geschäftsführung. Was hat sich seit deinem Start in der Versicherungsbranche am meisten verändert?
GW: Es hat mir von Anfang an sehr gut gefallen, auch wenn es damals vieles noch nicht gab, was heute selbstverständlich ist. Im Jahr 1989 hatte natürlich noch nicht jeder einen eigenen Computer. Es gab damals keine Verpflichtung, einen Konzernabschluss zu erstellen, und IFRS und Solvency II existierten noch nicht. Wir hatten viel mehr Zeit, auch wenn diese von Papierstapeln und Disketten geprägt war. Die Abschlussprüfungen haben sich bis Mai oder Juni hingezogen. Heute sind sie teilweise bereits im Jänner fertig. Der Zeitdruck für Wirtschaftsprüfer ist im Laufe der Jahre sicherlich gestiegen.
Was damals und heute gleichgeblieben ist: Die Zusammenarbeit mit unseren Kunden ist immer von Wertschätzung und konstruktivem Dialog geprägt. Wir nehmen für viele die Rolle der Expertinnen und Experten ein, auf die sie bei fachlichen Fragestellungen zukommen können.
Und wie hat sich KPMG deiner Meinung nach verändert?
GW: Der Versicherungsbereich bei KPMG hat sich in menschlicher Hinsicht wenig verändert: Wir sind immer noch neugierig, leistungsorientiert und helfen einander. Der Druck ist hoch, aber der Zusammenhalt im Team ist sehr kollegial. In fachlicher Hinsicht hat sich KPMG natürlich massiv verändert. Wir sind stark gewachsen und es sind so viele Bereiche neu dazugekommen und somit auch Expertinnen und Experten in den unterschiedlichsten Abteilungen. Wir bieten dadurch eine enorme Vielfalt von Wissen und Erfahrungen an. Der Wissensaustausch und die Vernetzung zwischen den Bereichen funktionierten – trotz der Größe – sehr gut.
Manuela, du bist seit 2009 bei KPMG. Wie war dein Einstieg damals?
MM: Bei meinem Einstieg hatte ich nur eine theoretische Vorstellung von der Tätigkeit eines Abschlussprüfers. Die wichtigste Erkenntnis für mich war, dass unsere Kunden uns nicht als Prüfer und notwendiges Übel, sondern auch als Sparringspartner wahrnehmen und aktiv mit Problemen auf uns zukommen – was auch Georg zuvor geschildert hat.
Überrascht war ich auch, wie breit das Spektrum an Themen ist, mit denen wir täglich konfrontiert sind. Beide Faktoren machen meinen Job bis heute für mich sehr spannend.
Seit Oktober 2021 bist du Teil der KPMG Geschäftsführung. Gibt es Ziele, die du dir gesetzt hast?
MM: Mich hat von Anfang an beeindruckt, wie wertschätzend und für beide Seiten gewinnbringend die Zusammenarbeit mit unseren Kunden ist. Mein Ziel ist es, diese Art und Weise, miteinander zu arbeiten, weiter aufrechtzuerhalten und zu pflegen. Dazu gehört auch, dass wir uns weiterhin als Wissensführer und Experten am Markt positionieren, um für unsere Kunden täglich neuen Mehrwert zu schaffen.
Innerhalb von KPMG wurde mir stets vermittelt, dass die Leistung jedes Einzelnen zählt und auch jeder einen Beitrag zur täglichen Verbesserung unserer Tätigkeit leisten kann und soll. Dies war für mich von Tag eins an sehr motivierend. Daher ist es mir wichtig, diese Einstellung auch täglich zu leben und an junge Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter weiterzugeben.
Welche Tipps habt ihr beide für junge Menschen, die sich für euer Tätigkeitsfeld interessieren?
MM: An den Unis eilt der Wirtschaftsprüfung ihr Ruf oft voraus – vom fachlichen Anspruch und Workload sollte sich aber niemand abschrecken lassen. Wir arbeiten im Team und auch wenn man oft ins kalte Wasser geworfen wird, ist immer jemand da, der einem hilft, darin zu schwimmen. Die fachlichen, aber auch sozialen Herausforderungen, die es täglich zu meistern gilt, machen die Erfahrung, die man in der Wirtschaftsprüfung sammelt, so wertvoll.
GW: Ich sehe die Tätigkeit bei KPMG als Chance für junge Menschen: Jeder kann Wissen einbringen, ein Netzwerk im Haus aufbauen und lernt sehr gut, wie man Probleme löst. Bewerberinnen und Bewerber sollten deshalb Neugierde, Motivation und Eigeninitiative mitbringen.
Georg, mit Ende 2021 erwartet dich der wohlverdiente Ruhestand. Was wirst du an deiner Tätigkeit vermissen – was vielleicht weniger?
GW: Unser Job in der Wirtschaftsprüfung hat eine sehr starke soziale Komponente. Wir haben nicht nur mit Zahlen zu tun, sondern sprechen mit wahnsinnig vielen Menschen und sind im ständigen Austausch im Team sowie mit unseren Kunden. Ich werde deshalb vor allem die interessanten Gespräche vermissen und die neuen Ansätze und Herangehensweisen, die aus diesen Dialogen entstehen. Aber natürlich freue ich mich auf viel Ruhe und Entspannung.