1. Fehlende Zielbilder bedingen unzureichende Governancemodelle & Regelwerke.
Die Entwicklung strategischer Leitplanken und die konkrete Ausgestaltung von Zielfeldern (z.B. in den Bereichen Digitalisierung, Qualitätsentwicklung in Studium und Lehre, Technologietransfer) ist in vielen Hochschulen nur rudimentär ausgeprägt. Dies impliziert auch einen damit verbundenen Mangel, die richtigen Anforderungen an Governanceprozesse und -strukturen zu definieren.
Hochschulen müssen mutig sein und konkrete (Digitalisierungs-)Strategien und Zielbilder durch das Dekanat und Präsidium entwickeln lassen. Weiterführend bedarf es der konkreten Kaskadierung dieser Zielbilder in messbare operative Ziele, Maßnahmen und Kennzahlen (z.B. OKR), um auch im Rahmen eines strategischen Berichtswesens eine Fortschrittskontrolle zu ermöglichen.
Um eine Prozessgovernance zu ermöglichen und die strategischen Zielbilder operativ umsetzen zu können, ist eine zentrale Prozessmanagement-Einheit an Hochschulen essenziell. Durch die Entwicklung von Regelwerken kann sichergestellt werden, dass die Prozessbeschreibungen eindeutig und verständlich dokumentiert werden, um unterschiedliche Interpretationen zu vermeiden.
2. Prozessmanagementprojekte sind „Inselprojekte“ ohne übergeordnete Präsidiums-Unterstützung.
Initiativen, die sich mit Prozessmanagement auseinandersetzen, sind punktuell durch einzelne Referate, Lehrstühle oder Institute getrieben, denen es an übergeordneten Vorgaben oder Strukturen fehlt. Ein systematischer, hochschulweiter Top-down-Ansatz zur Erarbeitung von Prozesslandkarten durch die Hochschulleitung bleibt vielerorts aus.
Die Einführung von Prozessmanagement funktioniert nur ganzheitlich und einheitlich von oben nach unten. Dabei bedarf es während des gesamten Prozesses die aktive Einbindung eines durch die Hochschulleitung definierten Sponsors, um stets die Relevanz und die mit den Prozessstrukturen verbundenen Nutzenvorteile klar zu kommunizieren.
3. Der Einsatz personeller Ressourcen ist limitiert, wobei jedoch auch die Nutzung prozessbasierter IT-Tools ungenutzt bleibt.
Das fachlich-inhaltliche Durchdenken von Prozessabläufen benötigt Zeit und die Einbindung unterschiedlicher Perspektiven der am Prozess beteiligten Akteure. Oft wird von Mitarbeitenden erwartet, das Prozessprojekt „nebenbei“ zu begleiten, was oft aufgrund eines Mangels an Kapazitäten oder Prozesswissen zu unzureichenden Ergebnissen führt. Für die Modellierung von Prozessen werden darüber hinaus oft keine BPMN-Tools verwendet.
Prozessbeteiligte müssen mindestens 50 % ihrer Zeit für ein Prozessprojekt zur Verfügung stehen. Darüber hinaus sollten die Vorteile der aktiven Nutzung von Prozessmodellierungstools im Vorfeld durch die Entscheidungsträger klar kommuniziert werden. Sie sind zudem dafür verantwortlich, ein einheitliches Tool zur Prozessdokumentation gemäß BPMN 2.0 auszuwählen, das den Anforderungen der Hochschule entspricht.
4. Die hohe Komplexität von Hochschulstrukturen führt zu Widerständen und Ängsten, sich mit Prozessmanagement zu beschäftigen.
Die Strukturen von Hochschulen sind komplex sowohl im Bereich der Verwaltung als auch in wissenschaftlich-forschenden Bereichen. Hochschulleitungen scheuen sich oft der Aufgabe, sich intensiv mit Wechselwirkungen von Prozessen ganzheitlich auseinanderzusetzen. Durch die initiale Erarbeitung von Prozesslandkarten kann Komplexität deutlich reduziert werden. Darüber hinaus bedarf es in Prozessworkshops der kontinuierlichen Visualisierung von Abläufen und sequenziellen Prozessketten, um Diskussionen folgen zu können und Ängste abzubauen.
Auch kann die Sorge beobachtet werden, eine vollumfängliche Prozesstransparenz führe zu unerwünschten Kontrollmechanismen. Mitarbeitende haben zudem unter Umständen bereits negative Erfahrungen mit vergleichbaren Projekten gemacht. Um diesen Unsicherheiten zu begegnen, ist eine transparente Kommunikation des Nutzens der Prozesse durch die Entscheidungsträger erforderlich.
5. Sowohl Kompetenzen und Skills als auch das Mindset der Mitarbeitenden sind im Bereich Prozessmanagement nur unzureichend ausgeprägt.
Das Mindset, in Prozessen zu denken und diese in bestehende hochschulweite Steuerungsmodelle zu integrieren, ist bei vielen Mitarbeitenden – insbesondere bei Wissenschaftler:innen – nur selten vorhanden. Modellierungskompetenzen im Rahmen der Anwendung von Notationen z.B. im Bereich BPMN sind nur bei wenigen Mitarbeitenden verankert.
Alle an Prozessmanagementprojekten Beteiligten benötigen das Grundverständnis, Prozesse strukturieren zu können und das Mindset, die Idee einer Prozessmanagement-Hochschule umsetzen zu wollen. Dabei ist ein Denken in Silos zugunsten übergreifender Ende-zu-Ende-Abläufe abzulegen. BPMN 2.0 Kompetenzen sind folglich aufzubauen, um im Ergebnis auch hochschulübergreifend, z.B. zum Zwecke des Benchmarkings, eine einheitliche Sprache zu sprechen.