Kurzfristige Empfehlungen für Unternehmen

Orientierung und Empfehlungen für den Umgang mit dem Russland-Ukraine-Krieg

Orientierung und Empfehlungen für den Umgang mit dem Russland-Ukraine-Krieg

  • Wie erhalte ich schnellstmöglich Transparenz über den Einfluss von Sanktionen und steigenden Energiepreisen auf mein Geschäftsmodell und die Finanz-, Ertrags- und Vermögenslage?
  • Wie zeigen sich die Effekte in unterschiedlichen Szenarien und welche Gegenmaßnahmen können initiiert werden?
  • Wie steuere ich die Kommunikation mit den relevanten Stakeholdern (insbesondere Banken)?

Ihre Ansprechpersonen:

  • Auf welche Bedrohungen sollte sich Ihr Unternehmen jetzt einstellen?

Ihre Ansprechperson: Wilhelm Dolle, Partner, Consulting, Head of Cyber Security

Mehr Informationen finden sie hier

Der seit über zwei Monaten andauernde Russland-Ukraine-Krieg führt zu erheblichen Mehrkosten, welche Unternehmen verschiedener Sektoren treffen. Hervorgerufen durch deutliche Kostensteigerungen bei Vorprodukten, Transport- und Energiekosten werden Unternehmen gezwungen, umfangreiche Maßnahmen zur Kosteneinsparung zu initiieren. Zusätzlich verstärkt wird dies durch einen allgemeinen Rohstoff- und Fachkräftemangel, da die Ukraine beispielsweise als „Kornkammer Europas“ gilt, viele IT-Fachkräfte aus dem Tech-Standort Kiew kommen und auch ein Großteil an Lkw-Fahrer:innen aus der Ukraine stammen. Auch muss mit Mehraufwand rund um die Screening-Aktivitäten gerechnet werden, da die Sanktionen hier nach fortlaufender und detaillierter Prüfung aller Geschäftspartner:innen verlangen.  

Bisher lassen sich folgende Trends zu erhöhten Kosten beobachten:

  • Rohstoffe und Vorprodukte verzeichnen bereits einen enormen Preisanstieg, zusätzlich entsteht ein Mangel an vielen Produkten, die in den von dem Krieg betroffenen Ländern produziert werden.

Besonders betroffen sind folgende Rohstoffe

  • Mineralölerzeugnisse (≈70,2% Preisanstieg)
  • Erze und Metalle (≈55,8% Preisanstieg)
  • Getreide, Rohtabak, Saatgut (≈43% Preisanstieg)
  • Roh- und Schnittholz (≈42,5% Preisanstieg)
  • Chemische Produkte (≈40,1% Preisanstieg)
  • Milch, Eier, Speiseöle und Nahrungsfette (≈22,6% Preisanstieg)
  • Auch Transport- und Energiekosten steigen deutlich: Bereits bis zu 88% Steigerung bei den Energiepreisen, der Gaspreis hat sich beinahe verdreifacht. Benzin und Dieselpreise verhalten sich ähnlich, so sind die Literpreise vielerorts auf über zwei Euro angestiegen. Zusätzlich erhöhen sich Transportkosten durch den Mangel an Lkw-Fahrer:innen. Viele der Fahrer:innen auf deutschen Straßen kommen aus der Ukraine, diese fallen nun zu großen Teilen weg und vergrößern die Lücke von ohnehin fehlenden Lkw-Fahrer:innen.
  • Die Ukraine als wichtiger IT-Standort führt auch in diesem Bereich zu erheblichen Kostenerhöhungen. Zahlreiche IT-Entwickler:innen kommen aus der Region um Kiew und wichtige IT-Standorte sind dort ansässig. Auch können in offene IT-Stellen nicht besetzt werden, der Konflikt in der Ukraine wird diese Lücke durch den Wegfall weiterer Fachkräfte erhöhen.

Neben deutlichen Preiserhöhungen ist auch mit einem geringeren Absatz für viele Unternehmen zu rechnen, da die Abnehmer:innen aus Russland und der Ukraine mehr oder weniger wegfallen und auch durch Handelsembargos der Verkauf von Produkten an Russland untersagt ist. 2021 wurden laut Statistischem Bundesamt Waren im Wert von rund 26,65 Milliarden Euro nach Russland exportiert, hier gab es durch die Sanktionen bisher einen Einbruch um 57,5 Prozent. Russland rutscht demnach von Rang fünf der wichtigsten Bestimmungsländer deutscher Produkte auf Rang zwölf ab. Zusätzlich sinkt die Verbraucherstimmung in Deutschland auf ein historisches Tief.

Demnach ist mit ansteigenden Kosten bei zeitgleich fallendem Absatz/Gewinn zu rechnen. Aus diesem Grund werden Unternehmen gezwungen, ein umfangreiches Kostenmanagement und einen Einsparungskurs einzuführen.

Mit folgenden Problemstellungen sollten sich Unternehmen dabei kurzfristig befassen:

  • Transparenz über mögliche Kosteneinsparungsbereiche. Dies kann durch einen schnellen Scan und ein externes Benchmarking bereitgestellt werden.
  • Identifikation von Maßnahmen zur Hebung der Potenziale. In diesem Zusammenhang ist es entscheidend, Digitalisierungsprojekte neu zu priorisieren hinsichtlich Kosteneinsparungseffekt, Realisierungsdauer und Resilienz-Beitrag.

Ihre Ansprechperson: Georg Knöpfle, Partner, Consulting, ERP Consulting

Im Zuge des Russland-Ukraine-Konflikts müssen sich Unternehmen auf diverse Herausforderungen im Rahmen ihrer Wertschöpfung einstellen. Dazu zählen bspw. transport- und materialbedingte Lieferkettenprobleme sowie die Sanktionen bzgl. der Zusammenarbeit mit russischen Unternehmen und sanktionierten Personen. Unternehmen sollten sich mit folgenden Fragestellungen auseinandersetzen, um kurzfristig auf unterbrochene Lieferketten zu reagieren und langfristige Lösungsansätze zu erarbeiten:

  • Welche alternativen Handelsrouten können von meinem deutschen Unternehmen genutzt werden, die nicht mehr durch Russland führen?
  • Auf welche Rohstoffknappheiten muss sich mein Unternehmen im Zuge des Angriffskriegs einstellen und wie können diese abgefangen werden?
  • Welche aktuellen Ein- und Ausfuhrverbote von und nach Russland gelten für mein Unternehmen?
  • Auf welche Effekte muss sich mein Unternehmen bei einem noch länger anhaltenden Krieg einstellen und welche präventiven Maßnahmen können heute getroffen werden?
  • Inwiefern stellt Nearshoring eine geeignete Alternative zur Beschaffung dar und welche (europäischen) Länder kommen in Frage?
  • Inwiefern kann und sollte mein Unternehmen auch die Abhängigkeit zu China überdenken und möglicherweise anpassen?

Handlungsempfehlungen:

Kurzfristig:

Zunächst sollten Unternehmen sich einen Überblick darüber verschaffen, in welchem Umfang sie betroffen sind. Als ersten Handlungsschritt empfehlen wir Unternehmen, Transparenz bzgl. ihrer betroffenen Materialien und Bezugsquellen zu schaffen, um ihre Wertschöpfungsaktivitäten aufrechterhalten zu können:

  • Durchführung eines End-to-End Mappings aller Geschäftsprozesse mit Bezug zu Russland und weiteren betroffenen Staaten
  • Überprüfung der bestehenden Verträge hinsichtlich der Flexibilität zur Auflösung und Neuverhandlung
  • Aufbau von Kommunikation mit Lieferkettenpartnern 

Ihre Ansprechperson: Julia Ruf, Partner, Value Chain Transformation

  • Unter welchen Voraussetzungen dürfen Mitarbeiter:innen, die aus der Ukraine flüchten, in Deutschland oder anderen Ländern für einen begrenzten Zeitraum arbeiten?
  • Gibt es Länder in der EU, in denen es erleichterte Verfahren für Aufenthalts-/Arbeitstitel bzw. Visa gibt (z.B. Remote Working Visa, Digital Nomad Visa, oder Ähnliches)?
  • Wie ist der Versicherungsstatus von ukrainischen Staatsbürger:innen, wenn diese sich in Deutschland oder anderen EU-Ländern vorrübergehend aufhalten beziehungsweise dort arbeiten?
  • Mit welchen Ländern hat die Ukraine ein Sozialversicherungsabkommen?
  • Welche steuerlichen Folgen ergeben sich, wenn aus der Ukraine geflüchtete Mitarbeiter:innen in Deutschland arbeiten?
  • Können ukrainische Mitarbeiter:innen in Deutschland oder anderen EU-Ländern arbeiten, auch wenn der Arbeitgeber dort keine Niederlassung hat?

Ihre Ansprechperson: Dr. Tobias Preising, Partner, Tax, Global Mobility Services

Problemstellungen:

  • Welche Auswirkungen hat das Ereignis „Ukraine-Krieg“ auf die Berichterstattung?
  • Sind Schätzungsänderungen oder Bewertungsanpassungen notwendig?
  • Welche Auswirkungen ergeben sich im Zusammenhang mit Unternehmensbewertungen oder der Going Concern Prämisse?
  • Welchen Einfluss kann der Ukraine-Krieg bei Konzernabschlüssen haben?

Handlungsempfehlungen:

  • Berücksichtigung der gesetzlichen Vorschriften hinsichtlich der Berichterstattung eines „Vorgangs von besonderer Bedeutung“ (§ 285 Nr. 33 bzw. § 314 Abs. 1 Nr. 25 HGB) bzw. eines wesentlichen Ereignisses (IAS 10.21) sowie Überprüfung von bestehenden länderbezogenen Angaben oder Angaben zu Kundenkonzentrationsrisiken (IFRS 8.33-34)
  • Evaluation der Berichtspflicht im Risikobericht sowie Änderungen der Prognoseberichterstattung
  • Überprüfung der für einen Abschluss getroffenen Schätzungen oder Ermessensentscheidungen hinsichtlich eines Einflusses des Ukraine-Krieges und detaillierte Dokumentation der Entscheidungsgrundlagen (siehe auch Guide - Jahresabschluss: Die Vorteile einer aussagefähigen Dokumentation - KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft)
  • Überprüfung der Planannahmen sowie Parameter für Unternehmensbewertungen und Berücksichtigung des Stichtagsprinzips
  • Detaillierte Analyse relevanter Mutter-Tochter-Verhältnisse hinsichtlich Beherrschung über das Tochterunternehmen und ggf. notwendiger Änderungen in der Konsolidierung.
  • Erfahren Sie mehr auf unserem Financial Reporting Resource Centre: Uncertain Times oder unserem Bilanzportal.

Ihre Ansprechperson: Johann Schnabel, Partner, Audit, Head of Accounting & Process Advisory in Germany

Weiterführende Informationen zu den rechtlichen Fragestellungen finden Sie hier.

Ihre Ansprechpersonen:

Industrieunternehmen sollten kurzfristig

  • Geschäfte mit Russland beziehungsweise russischen Geschäftspartnern identifizieren, gegen die Wirtschaftssanktionen verhängt worden sind;
  • evaluieren, ob Sanktionen für konkrete Geschäftstransaktionen beziehungsweise -beziehungen einschlägig sind;
  • zügig Handeln und entsprechende Maßnahmen einleiten, wie etwa eine Antragstellung beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) oder die Beendigung der Geschäftsbeziehung (individuelle Einzelfall-Entscheidung).

Unternehmen des Finanzsektors sollten folgende kurzfristige Maßnahmen ergreifen

  • Eine Impact-Analyse zur Feststellung der betroffenen Geschäftsbereiche und der Intensität der Auswirkungen durchführen;
  • die Einstellungen im Sanktionsfilter sowie im Transaktionsmonitoring überprüfen;
  • bestehende Kundenbeziehungen überprüfen, insbesondere Korrespondenzkundenbeziehungen sowie Wertpapier-Exposures;
  • einschlägige Dokumentengeschäfte überprüfen;
  • die bisherige Geschäftspolitik überarbeiten.

Ihre Ansprechpersonen:

Sanktionen im Überblick finden Sie hier

Zollrecht/Außenwirtschaftsrecht

Im Zuge des Russland-Ukraine-Krieges hat die Europäische Union verschiedene Sanktionspakete gegenüber der Russischen Föderation und Belarus verhängt.

Diese Sanktionen zielen auf Verkäufe, Exporte und verschiedene weitere Transaktionen inklusive Serviceleistungen und Finanzdienstleistungen im Zusammenhang mit bestimmten Gütern ab, sofern diese entweder direkt nach Russland oder Belarus geliefert werden sollen oder dort Verwendung finden sollen.

Darüber hinaus wurde eine Vielzahl von Personen, Organisationen und Einrichtungen auf sogenannte Sanktionslisten aufgenommen, deren Vermögenswerte somit eingefroren werden und gegenüber diesen die Bereitstellung jeglicher wirtschaftlicher Ressourcen untersagt ist. Dies wirkt sich nicht nur unmittelbar auf Geschäftspartner aus, die direkt von diesen Listen umfasst sind, sondern betrifft mittelbar auch solche Geschäftspartner, welche im Eigentum oder unter der Kontrolle solch gelisteter Personen stehen.

Im Rahmen der zollrechtlichen Abwicklung von Exporten Richtung Russland oder mit Russland-Bezug sind verschiedene Prüfungen intern durchzuführen und entsprechende Maßnahmen zu ergreifen. Insbesondere sind die Informationen in allen relevanten Systemen zu pflegen.  

Kurzfristige und mittelfristige Auswirkungen

Die nunmehr geltenden Sanktionen wirken sich unmittelbar im Geschäftsverkehr mit Russland und Belarus aus. Dies führt dazu, dass kurzfristig sämtliche Transaktionen mit Bezug zu Russland, Belarus und auch der Ukraine im Detail zu prüfen und die Einhaltung der bestehenden Sanktionen sicherzustellen ist. Mittelfristig und langfristig bleibt abzuwarten, wie sich die bestehenden Sanktionen weiterentwickeln. Weitere Sanktionsmaßnahmen wurden bereits in Aussicht gestellt. Insgesamt ist jedoch anzumerken, dass das Thema Exportkontroll-Compliance stärker in den Fokus der Unternehmen gerät.  

Kurzfristige Fragestellungen

  • Beinhaltet mein Artikel- oder Materialstamm solche Güter, die von den Sanktionen gegenüber Russland umfasst sind?
  • Ermöglicht mein interner „Know-Your-Customer”-Prozess auch die Identifizierung lediglich mittelbar verbotener Transaktionen aufgrund der Eigentümer- oder Kontrollstellung gelisteter Personen hinsichtlich nicht gelisteter Geschäftspartner?
  • Wie kann die zollrechtliche Abwicklung für Transaktionen mit Bezug zu Russland und Belarus sichergestellt werden?

Kurzfristige Handlungsempfehlungen

  • Prüfung des Material- und Artikelstamms im Hinblick auf die güterbezogenen Verbote und Genehmigungspflichten gegenüber Russland und Belarus
  • Identifizierung sämtlicher Transaktionen mit Bezug zu Russland und Belarus und Implementierung länderbezogener (systemseitiger) Sperren
  • Detaillierte Geschäftspartnerprüfung und Überprüfung der zollrechtlichen Abwicklung

Ihre Ansprechpersonen:

Hier geht es zu den mittelfristigen Handlungempfehlungen.

*Die Rechtsdienstleistungen werden durch die KPMG Law Rechtsanwaltsgesellschaft mbH erbracht.