In Zeiten geopolitischer Spannungen und der Fokussierung auf befreundete Geschäftspartner - dem sogenannten „Friend-Shoring“ - richten deutsche Unternehmen ihren Blick vermehrt auch auf Japan. Das zeigt die aktuelle und bereits zum sechsten Mal durchgeführte Geschäftsklima-Umfrage “Economic Outlook - German Business in Japan 2023“, eine gemeinsame Umfrage der Deutschen Industrie- und Handelskammer in Japan (AHK Japan) und KPMG in Deutschland. Teilgenommen haben 113 Tochtergesellschaften deutscher Unternehmen in Japan. Die wichtigsten Erkenntnisse im Überblick:
Japan ist „Garant für stabile Geschäftsbeziehungen“
Die Wertepartnerschaft zwischen Deutschland und Japan hat in den Konzernzentralen von mehr als jedem dritten deutschen Unternehmen (36 Prozent) zu einem wachsenden Interesse an Japan geführt. Die größten Vorteile Japans sind den Befragten zufolge seine wirtschaftliche Stabilität (97 Prozent), die Stabilität und Vertrauenswürdigkeit der Geschäftsbeziehungen (96 Prozent) sowie die Sicherheit und soziale Stabilität (95 Prozent). „Die Zahlen unterstreichen eindrucksvoll Japans Rolle als Garant für stabile Geschäftsbeziehungen. In den aktuellen unsicheren Zeiten ist das ein umso größerer Vorteil. So zeigt mehr als jede dritte deutsche Konzernzentrale wachsendes Interesse an Japan als Wertepartner“, sagt Marcus Schürmann, Geschäftsführer der AHK Japan.
Andreas Glunz
Bereichsvorstand International Business
KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft
Lage deutscher Unternehmen erstmals wieder besser als vor der Corona-Pandemie
Die Fundamentaldaten für deutsche Unternehmen in Japan stimmen wieder: 2022 haben 93 Prozent von ihnen Gewinne vor Steuern erzielt, erstmals wieder mehr als 2019. Dies ist ein Anstieg um elf Prozentpunkte im Vergleich zu 2021. Zudem konnte die Profitabilität deutlich gesteigert werden: Der Anteil der Unternehmen mit einer Gewinnmarge vor Steuern von mehr als zehn Prozent nahm gegenüber dem Vorjahr um sechs Prozentpunkte zu. Auch mit Blick auf 2023 und 2024 ist die Mehrheit der deutschen Unternehmen in Japan zuversichtlich: Dreiviertel erwarten weiterhin steigende Umsätze und mehr als sechs von zehn Unternehmen wachsende Gewinne.
Japan ist nicht nur ein Absatzmarkt: Sourcing und Beschaffung werden wichtiger
Das Absatzpotenzial im japanischen Markt mit rund 125 Millionen Menschen ist für die Unternehmen besonders relevant - neu ist, dass deutsche Unternehmen verstärkt vor Ort einkaufen: Für jedes zweite deutsche Unternehmen in dem Inselstaat (51 Prozent) ist der direkte Zugang zu innovativen und hochspezialisierten Lieferanten entscheidend. „Um resilienter zu werden und die Abhängigkeit von China zu reduzieren, diversifizieren deutsche Unternehmen ihre Beschaffung. Die Qualität ,Made in Japan` schätzen sie sehr. Zudem macht der seit drei Jahren stetig schwächer werdende Yen den Einkauf in Japan attraktiv“, sagt Andreas Glunz, Bereichsvorstand International Business bei KPMG in Deutschland.
Kooperationen mit japanischen Unternehmen in Drittländern nehmen zu
Da japanische Unternehmen oft zu den Weltmarktführern in ihren Branchen zählen, spielen Wettbewerbsbeobachtung und Trendscouting eine große Rolle. Zudem nehmen Kooperationen mit japanischen Unternehmen in Drittländern zu. „Japanische Konzerne sind seit Jahrzehnten auf allen Kontinenten regional verankert und in Deutschland seit den frühen 1960er-Jahren präsent. Sie haben überall exzellente und häufig zu deutschen Unternehmen komplementäre Geschäftskontakte aufgebaut. Diese lassen sich in gemeinsamen Projekten nutzen“, so Andreas Glunz.
Rekrutierung von Fachkräften ist die größte Herausforderung
Es gibt allerdings auch Problemfelder. Die größte Herausforderung ist laut 84 Prozent der Befragten die Rekrutierung von qualifiziertem Personal. Die Situation hat sich um zwölf Prozentpunkte verschlechtert. Deutlich sorgenvoller als noch im Vorjahr blicken die Führungskräfte zudem auf die Inflation: 67 Prozent der Befragten halten sie für die größte Herausforderung - 23 Prozentpunkte mehr als ein Jahr zuvor. Die Inflationsrate lag in Japan jüngst bei vier Prozent. Das ist der höchste Stand seit vier Jahrzehnten.
Mit 4% erreichte die Inflation in Japan im Dezember 2022 den Höchststand seit vier Jahrzehnten. Im internationalen Vergleich ist das immer noch auf einem vergleichsweise niedrigen Niveau. Ursächlich für den Anstieg sind u.a. die indirekten Auswirkungen des Russland-Ukraine-Kriegs. Diese sind für 47% der Befragten (im Vorjahr 35%) signifikant spürbar.
Methodik
Die AHK Japan und die KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft in Deutschland haben für die Geschäftsklima-Umfrage „German Business in Japan 2023“ die Antworten von 113 Unternehmen ausgewertet. Der Durchführungszeitraum lag zwischen dem 27. Januar und dem 6. Februar 2023. Veröffentlichung der Studienergebnisse am 13. März 2023, fünf Tage vor Beginn der von Bundeskanzler Olaf Scholz und Premierminister Fumio Kishida geleiteten deutsch-japanischen Regierungskonsultationen in Tokio.