Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD – Steuerpolitische Vorhaben
Die Spitzen von CDU, CSU und SPD haben sich am 9. April 2025 auf einen Koalitionsvertrag geeinigt. Der Koalitionsvertrag enthält eine Vielzahl an steuerpolitischen Vorhaben.
Das Bundesfinanzministerium ist für die SPD vorgesehen.
Auch wenn sich die Parteispitzen auf einen Koalitionsvertrag geeinigt haben, ist dieser noch nicht beschlossen. Die CDU will über den Koalitionsvertrag auf einem kleinen Parteitag abstimmen lassen (möglicherweise am 28. April). Bei der CSU genügt ein Beschluss des Parteivorstands. Die SPD möchte ihre Mitglieder befragen (Ende der Abstimmung voraussichtlich am 29. April). Friedrich Merz (CDU) könnte Anfang Mai im Bundestag zum neuen Bundeskanzler gewählt werden.
Wesentliche steuerpolitische Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag:
1. Unternehmenssteuern und Internationales Steuerrecht
a. Absenkung der Körperschaftsteuer in fünf Schritten um jeweils einen Prozentpunkt, beginnend mit dem 01.01.2028 (gemeinsamer Gesetzesbeschluss mit dem Investitions-Booster)
b. Wesentliche Verbesserung des Optionsmodells nach § 1a KStG und der Thesaurierungsbegünstigung nach § 34a EStG, um eine rechtsformneutrale Besteuerung zu ermöglichen
c. Prüfung, ob ab dem Jahr 2027 gewerbliche Einkünfte neu gegründeter Unternehmen unabhängig von ihrer Rechtsform in den Geltungsbereich der Körperschaftsteuer fallen können
d. Beibehaltung des Solidaritätszuschlags in seiner jetzigen Form
e. Gewerbesteuer
i Erhöhung des Gewerbesteuer-Mindesthebesatzes von 200 auf 280 Prozent
ii Ergreifen aller zur Verfügung stehenden administrativen Maßnahmen, um Scheinsitzverlegungen in Gewerbesteuer-Oasen wirksam zu begegnen
f. Beschäftigung
i Überstunden: Steuerfreiheit von Überstundenzuschlägen, die über die tariflich vereinbarte beziehungsweise an Tarifverträgen orientierte Vollzeitarbeit hinausgehen
ii Ausweitung der Arbeitszeit: Steuerliche Begünstigung von Arbeitgeber-Prämien zur Ausweitung der Arbeitszeit von Teilzeit auf dauerhaft an Tarifverträgen orientierte Vollzeit unter Vermeidung von Fehlanreizen und Mitnahmeeffekten
iii Aktivrente: Bei freiwilligem Weiterarbeiten über das gesetzliche Rentenalter hinaus Steuerbefreiung des Gehalts bis zu 2.000 Euro im Monat unter Vermeidung von Fehlanreizen und Mitnahmeeffekten
iv Stärkung der Mitarbeiterkapitalbeteiligung durch eine praxisnahe Ausgestaltung von Steuer- und Sozialversicherungsrecht
v Stärkung der betrieblichen Altersversorgung und deren Verbreitung besonders in kleinen und mittleren Unternehmen und bei Geringverdienern
g. Deutliche Anhebung des Fördersatzes und der Bemessungsgrundlage bei der steuerlichen Forschungszulage sowie Vereinfachung des Verfahrens
h. Globale Mindeststeuer: Festhalten an der Mindeststeuer für große Konzerne und Unterstützung der Arbeiten auf internationaler Ebene für eine dauerhafte Vereinfachung; gleichzeitig Einsetzen auf europäischer Ebene dafür, dass aus den aktuellen internationalen Divergenzen keine Benachteiligung deutscher Unternehmen im internationalen Wettbewerb resultiert
i. Einsetzen für eine einheitliche Bemessungsgrundlage für die Körperschaftsteuer in der EU zur Vermeidung von Steuerdumping und unfairem Steuerwettbewerb
j. Unterstützung einer Finanztransaktionsteuer auf europäischer Ebene
k. Reduzierung luftverkehrsspezifischer Steuern, Gebühren und Abgaben und Rücknahme der Erhöhung der Luftverkehrsteuer
l. Einsetzen für eine einheitliche Tonnagesteuer für die Hochseeschifffahrt in der EU
m. Schaffung einer steuerlichen Risikoausgleichsrücklage für Landwirte
n. Anpassung des steuerlichen Rechtsrahmen für den Querverbund
o. Gemeinnützigkeit
i Anhebung der Freigrenze aus wirtschaftlichem Geschäftsbetrieb für gemeinnützige Vereine auf 50.000 Euro
ii Modernisierung des Katalogs der gemeinnützigen Zwecke
iii Vereinfachung des Gemeinnützigkeitsrechts
iv Vereinfachung der Gemeinnützigkeitsprüfung für kleine Vereine
v Weitgehende Umsatzsteuerbefreiung von Sachspenden an gemeinnützige Organisationen
vi Ausnahme vom Erfordernis der zeitnahen Mittelverwendung für gemeinnützige Organisationen mit Einnahmen bis 100.000 Euro
vii Keine Sphärenaufteilung (Zweckbetrieb oder wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb) für gemeinnützige Körperschaften, die aus wirtschaftlichen Tätigkeiten weniger als 50.000 Euro Einnahmen im Jahr erzielen
p. Stärkung der Kreativwirtschaft und Verbesserung der Filmförderung u.a. durch Steueranreize
q. Förderung des Gamestandorts durch steuerliche Anreize
r. Einführung einer neuen Rechtsform „Gesellschaft mit gebundenem Vermögen“ ohne steuerliche Privilegierungen oder Diskriminierungen
2. Steuerliche Investitionsanreize
a. Einführung eines Investitions-Boosters in Form einer degressiven Abschreibung auf Ausrüstungsinvestitionen von 30 Prozent (jährlich) in den Jahren 2025, 2026 und 2027
b. Förderung der E-Mobilität mit Kaufanreizen und u. a. folgenden steuerlichen Maßnahmen:
i Steuerliche Begünstigung von Dienstwagen durch eine Erhöhung der Bruttopreisgrenze bei der steuerlichen Förderung von E-Fahrzeugen auf 100.000 Euro
ii Sonderabschreibung für E-Fahrzeuge
iii Kfz-Steuerbefreiung für Elektroautos bis zum Jahr 2035
c. Schaffung eines wettbewerbsfähigen Rahmens für Investitionen von Fonds in Infrastruktur und Erneuerbare Energien auch durch zielgerichtete Anpassung steuerrechtlicher Regelungen
d. Weitere Verbesserung der Rahmenbedingungen für Start-ups insbesondere durch Erhöhung der Verfügbarkeit von Wagniskapital durch bessere Beteiligungsmöglichkeiten institutioneller Investoren
e. Einbringung der sogenannten Altmittel aus der früheren Bankenabgabe (2 Mrd. Euro) gemeinsam mit der deutschen Kreditwirtschaft in einen Mittelstand-Fonds, der gehebelt bis zu 10 Mrd. Euro Eigen- und Fremdkapital für die digitale und klimaneutrale Transformation großer deutscher Mittelständler mit begrenztem Zugang zum Kapitalmarkt bereitstellt
3. Energie
a. Stromsteuer: in einem ersten Schritt Absenkung der Stromsteuer für alle so schnell wie möglich auf das Europäische Mindestmaß und Reduzierung der Übertragungsnetzentgelte
b. Möglichst weitgehende Abschaffung der Mehrfachbelastung von Energiespeichern durch Steuern, Abgaben und Entgelte
c. Stärkung von Energieeffizienz durch steuerliche Anreize
d. Vollständige Wiedereinführung der Agrardiesel-Rückvergütung
e. Befreiung alternativer Kraftstoffe in der Land- und Forstwirtschaft von der Energiesteuer
4. Umsatzsteuer, Zölle, Außenwirtschaftsrecht
a. Dauerhafte Reduzierung der Umsatzsteuer für Speisen in der Gastronomie zum 01.01.2026 auf 7 %
b. Weitgehende Umsatzsteuerbefreiung von Sachspenden an gemeinnützige Organisationen
c. Schaffung von Bereichsausnahmen für Forschung unter anderem im Umsatzsteuergesetz
d. Umstellung der Einfuhrumsatzsteuer auf ein Verrechnungsmodell, um Unternehmen von Bürokratie zu entlasten
e. Unterstützung der Pläne der EU zur Erhebung von Zöllen auf den Import von Düngemitteln aus Russland und Weißrussland
f. Vermeidung eines Handelskonflikts mit den USA und Reduzierung von Einfuhrzöllen auf beiden Seiten des Atlantiks (kurzfristig); Freihandelsabkommen mit den USA (mittelfristig)
g. Zeitnahes Vorlegen eines novellierten Außenwirtschaftsgesetzes, u. a. Beschleunigung, Vereinfachung und bessere Anwendbarkeit von Prüfverfahren, Verhinderung ausländischer Investitionen in kritische Infrastruktur und in strategisch relevante Bereiche, die nationalen Interessen widersprechen
h. Vereinfachung und Beschleunigung von Ausfuhrgenehmigungsprozesse
i. Maßnahmen zur Eindämmung von Umsatzsteuerbetrug
j. Unterstützung der Vorschläge der EU-Kommission zur Vereinfachung des CBAM (unbürokratischer und effizienter)
5. Arbeitnehmer, Natürliche Personen, Altersvorsorge
a. Absenkung der Einkommensteuer für kleine und mittlere Einkommen zur Mitte der Legislatur
b. Beibehaltung des Solidaritätszuschlags in seiner jetzigen Form
c. Überstunden: Steuerfreiheit von Überstundenzuschlägen, die über die tariflich vereinbarte beziehungsweise an Tarifverträgen orientierte Vollzeitarbeit hinausgehen
d. Ausweitung der Arbeitszeit: Steuerliche Begünstigung von Arbeitgeber-Prämien zur Ausweitung der Arbeitszeit von Teilzeit auf dauerhaft an Tarifverträgen orientierte Vollzeit unter Vermeidung von Fehlanreizen und Mitnahmeeffekten
e. Aktivrente: Bei freiwilligem Weiterarbeiten über das gesetzliche Rentenalter hinaus Steuerbefreiung des Gehalts bis zu 2.000 Euro im Monat unter Vermeidung von Fehlanreizen und Mitnahmeeffekten
f. Dauerhafte Erhöhung der Pendlerpauschale zum 01.01.2026 auf 38 Cent ab dem ersten Kilometer
g. Prüfung einer Arbeitstagepauschale (Zusammenfassung von Werbungskosten für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer
h. Erhöhung der Attraktivität der Mitgliedschaft in Gewerkschaften durch steuerliche Anreize für Mitglieder
i. Einführung einer Frühstart-Rente zum 01.01.2026 (staatliche Bezuschussung kapitalgedeckter Altersvorsorgedepots für jedes Kind vom sechsten bis zum 18. Lebensjahr) mit Steuerfreiheit der Erträge aus dem Frühstart-Rente-Depot bis zum Renteneintritt
j. Überführung der Riester-Rente in ein neues Vorsorgeprodukt; Prüfung der Ausweitung des Kreises der Förderberechtigten
k. Stärkung der betrieblichen Altersversorgung und deren Verbreitung besonders in kleinen und mittleren Unternehmen und bei Geringverdienern
l. Schrittweise Verringerung der Schere zwischen der Entlastungswirkung der Kinderfreibeträge und dem Kindergeld; Sicherstellung, dass bei einer Erhöhung des Kinderfreibetrags auch eine adäquate Anhebung des Kindergelds erfolgt
m. Anhebung oder Weiterentwicklung des Alleinerziehenden-Entlastungsbetrags
n. Anhebung der Übungsleiterpauschale auf 3.300 Euro und der Ehrenamtspauschale auf 960 Euro
o. Spitzensportförderung: Steuerfreistellung von Prämien für gewonnene Medaillen
6. Immobilien
a. Ankurbeln des Wohnungsbaus und der Eigentumsbildung durch eine Investitions-, Steuerentlastungs- und Entbürokratisierungsoffensive
b. Verbesserung u.a. steuerlicher Maßnahmen zur Wohneigentumsbildung für Familien („Starthilfe Wohneigentum“), zur Neubauförderung und zur Sanierung bestehenden Wohnraums
c. Steuerliche „Belohnung“ für günstige Vermietung
d. Steuerliche Absetzbarkeit von Kosten für energetische Sanierungen ererbter Immobilien
7. Steuerverfahren, Bürokratieentlastung, Bekämpfung von Steuerhinterziehung und -vermeidung
a. Corona-Hilfen: Zeitnahes Abschließen der Überprüfungen der ausgezahlten Corona-Hilfen, um Verwaltung und Wirtschaft zu entlasten (insb. durch Möglichkeit zur Festlegung eines Schwellenwerts, unterhalb dessen Stichproben genügen)
b. Nationales „Sofortprogramm für den Bürokratierückbau“ (im Kern nicht-steuerliche Maßnahmen); mindestens ein Bürokratierückbaugesetz pro Jahr; Reduzierung der Bürokratiekosten für die Wirtschaft um 25 % (rund 16 Mrd. Euro) und des Erfüllungsaufwands für Unternehmen, Bürgerinnen und Bürger sowie Verwaltung um mindestens 10 Mrd. Euro
c. Abschaffung der Kassenbonpflicht
d. Evaluation der bestehenden Registrierkassenpflichten
e. Einführung einer Registrierkassenpflicht für Geschäfte mit einem jährlichen Umsatz von über 100.000 Euro ab dem 01.01.2027
f. Einsetzen für eine Steuervereinfachung durch Typisierungen, Vereinfachungen und Pauschalierungen; Entlastung von Erklärungspflichten von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie von Rentnerinnen und Rentnern; Prüfung einer Arbeitstagepauschale (Zusammenfassung von Werbungskosten für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer)
g. Schrittweise Verpflichtung zur digitalen Abgabe von Steuererklärungen
h. Sukzessive Ausweitung der vorausgefüllten und automatisierten Steuererklärung für einfache Steuerfälle
i. Bei jedem steuerrelevanten Gesetzgebungsverfahren achten auf Vereinfachung und Digitalisierbarkeit
j. Stärkung der Finanzverwaltung durch stärkere Digitalisierung und Künstliche Intelligenz
k. Sukzessive Umstellung von Körperschaften und Personengesellschaften auf die Selbstveranlagung
l. Prüfung notwendiger weiterer gesetzlicher Maßnahmen zur Bekämpfung von Steuerhinterziehung und für einen wirksamen Steuervollzug
m. Prüfung weiterer Maßnahmen zur Vermeidung etwaiger unberechtigter Vergünstigungen bei der Dividendenbesteuerung („Cum-Cum-Geschäfte“)
n. Einsetzen für eine konsequente Aufnahme unkooperativer Steuerhoheitsgebiete in die „Schwarze Liste“ der EU, um gegen Steueroasen wirksam vorgehen zu können
o. Einstellung weiterer Betriebsprüfer beim Bund
p. Maßnahmen zur Eindämmung von Umsatzsteuerbetrug
q. Erweiterung der Möglichkeiten zur Telefonüberwachung bei besonders schweren Fällen der bandenmäßigen Steuerhinterziehung
r. Stärkung der Finanzkontrolle Schwarzarbeit
s. Schließen von Lücken im Transparenzregister
News-Kategorie: Steuerpolitik
Veröffentlichungsdatum: 09.04.2025
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