EuGH: Produktionsverlagerung zur Umgehung einer handelspolitischen Maßnahme begründet nicht den nichtpräferenziellen Ursprung
Der EuGH hat mit Urteil vom 21. November 2024 in der Rechtssache C-297/23 P (Harley-Davidson-Case) letztinstanzlich entschieden, dass eine Produktionsverlagerung zur Umgehung einer handelspolitischen Maßnahme den nichtpräferenziellen Ursprung nicht begründet und verbindliche Ursprungsauskünfte entsprechend widerrufen werden können.
Als Gegenmaßnahme zu den im Juni 2018 von der US-Regierung eingeführten Zöllen in Höhe von 25 % bzw. 10 % auf die Einfuhr von Stahl und Aluminium erließ die Europäische Kommission die Durchführungsverordnung 2018/886 zur Anwendung zusätzlicher Zölle auf die Einfuhr bestimmter Waren mit Ursprung in den Vereinigten Staaten von Amerika. Betroffen von dieser Maßnahme waren unter anderem auch bestimmte Motorräder.
Da die zusätzlichen Zölle an den handelsrechtlichen Ursprung geknüpft sind und dieser grundsätzlich dort begründet wird, wo die letzte wesentliche, wirtschaftlich gerechtfertigte Be- oder Verarbeitung von Waren stattfindet, verlegte Harley-Davidson die Produktion der für den EU-Markt bestimmten Motorräder nach Thailand. Auf dieser Basis erteilte die belgische Zollverwaltung verbindliche Ursprungsauskünfte, welche den thailändischen nichtpräferenziellen Ursprung bescheinigten. Somit wären die zusätzlichen Zölle nicht angefallen, da unstreitig eine wesentliche Be- oder Verarbeitung in Thailand stattgefunden hat.
Nach Art. 33 UZK-DA (Delegiere Verordnung (EU) 2015/2446) gilt eine in einem anderen Land vorgenommene Be- oder Verarbeitung jedoch als wirtschaftlich nicht gerechtfertigt, wenn auf der Grundlage der verfügbaren Tatsachen feststeht, dass der Zweck dieser Be- oder Verarbeitung darin bestand, die Anwendung von unter anderem handelspolitischen Maßnahmen zu umgehen. Dementsprechend kann eine solche Be- oder Verarbeitung den nichtpräferenziellen Ursprung nicht begründen.
Der EuGH hat in der oben genannten Rechtssache die Auffassung des Europäischen Gerichts in der Vorinstanz bestätigt, dass die vorliegende Produktionsverlagerung hauptsächlich zur Umgehung von handelspolitischen Maßnahmen erfolgt war und die Be- oder Verarbeitung in Thailand damit keinen thailändischen nichtpräferenziellen Ursprung begründen konnte. Auf dieser Basis war auch der Widerruf der verbindlichen Ursprungsauskünfte gerechtfertigt.
Dieses Urteil ist angesichts der aktuell zu erwartenden handelspolitischen Maßnahmen zwischen den Vereinigten Staaten und der EU von weitreichender Bedeutung, stellt es doch fest, dass eine Produktionsverlagerung gegebenenfalls nicht ausreicht, um zusätzliche Zölle zu vermeiden.
Fundstelle: EuGH-Urteil C-297/23 P
News-Kategorie: Rechtsprechung
Veröffentlichungsdatum: 05.03.2025
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