BFH: Antragstellung für steuerfreie Sanierungsertäge als rückwirkendes Ereignis
Die Stellung eines Antrags zur Steuerfreistellung von Sanierungserträgen ist ein rückwirkendes Ereignis. So entschied der BFH (IV R 1/22).
Im vom BFH entschiedenen Fall war streitig, ob die auf Steuerfreistellung eines Sanierungsertrags gerichteten Anträge nach § 52 Abs. 4a Satz 3 EStG bzw. § 36 Abs. 2c Satz 3 GewStG (jeweils in der Fassung des Gesetzes zur Vermeidung von Umsatzsteuerausfällen beim Handel mit Waren im Internet und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften vom 11.12.2018) als rückwirkende Ereignisse im Sinne des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO zu beurteilen sind.
Im Streitfall vereinbarte die Klägerin als Schuldnerin mit ihrer Bank als Gläubigerin einen Forderungsverzicht gegen Besserungsschein im Streitjahr 2010. Sie behandelte den sich daraus ergebenden bilanziellen Ertrag als Sanierungsgewinn im Sinne des BMF-Schreibens vom 27.03.2003 (Sanierungserlass). Im Laufe der Zeit war zwischen der Klägerin und dem Finanzamt im Rahmen von Einspruchs- und Klageverfahren streitig, wie der Sanierungsertrag zu behandeln ist. Zwischenzeitlich traten gesetzliche Neuregelungen zur Steuerfreiheit von Sanierungserträgen in Kraft (§ 3a EStG und § 7b GewStG).
Die Klägerin beantragte sodann in 2019 die Berücksichtigung eines steuerfreien Sanierungsertrags für 2010 gemäß § 3a EStG bzw. § 7b GewStG. Das Finanzamt lehnte beide Anträge ab. Die Vorinstanz bestätigte die Rechtsauffassung des Finanzamts. Die Festsetzungsfristen für 2010 seien bereits abgelaufen gewesen.
Der BFH gab hingegen der Klägerin Recht. Bei den Anträgen der Klägerin handele es sich um rückwirkende Ereignisse mit der Folge, dass für die von der Klägerin begehrten Bescheide die Festsetzungsfrist noch nicht abgelaufen sei. Nach § 52 Abs. 4a Satz 1 EStG sei § 3a EStG nur in den Fällen anzuwenden, in denen die Schulden ganz oder teilweise nach dem 08.02.2017 erlassen wurden. Auf Antrag des Steuerpflichtigen sei gemäß § 52 Abs. 4a Satz 3 EStG die Vorschrift des § 3a EStG jedoch auch in den Fällen anzuwenden, in denen die Schulden, wie im Streitfall, vor dem 09.02.2017 erlassen wurden. Gleiches gelte für § 7b GewStG.
Fundstelle: BFH-Urteil IV R 1/22
News-Kategorie: Rechtsprechung
Veröffentlichungsdatum: 09.02.2025
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