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BMF: Aussetzung der Vollziehung bei § 8c KStG

Das BMF reagiert mit einem Nichtanwendungserlass auf den AdV-Beschluss des BFH v. 12.04.2023 (I B 74/22) in einem Fall (Streitjahr 2016), in dem der persönliche Anwendungsbereich von § 8d KStG nicht eröffnet war.

Der BFH hatte mit Beschluss vom 12. April 2023, I B 74/22 (AdV) entschieden, die Vollziehung von auf § 8c Absatz 1 Satz 1 KStG bzw. § 8c Absatz 1 Satz 2 KStG a.F. (schädlicher Beteiligungserwerb von mehr als 50 %) gestützten Bescheiden sei wegen ernstlicher Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Norm auszusetzen. In dem entschiedenen Fall (Streitjahr 2016) war die Anwendung des fortführungsgebundenen Verlustvortrags gem. § 8d KStG aufgrund von § 8d Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 KStG (Stellung als Organträger oder Mitunternehmer) ausgeschlossen. 

Der BFH hatte dem besonderen berechtigten Interesses des Antragstellers an der Aussetzung der Vollziehung den Vorrang vor den öffentlichen Interessen eingeräumt. Dieser Vorrang sei schon deshalb zu bejahen, weil das Bundesverfassungsgericht (Beschluss vom 29. März 2017, 2 BvL 6/11) den § 8c (später: Absatz 1) Satz 1 KStG a.F. (schädlicher Beteiligungserwerb von mehr als 25 % bis 50 %) als mit dem Grundgesetz unvereinbar eingestuft hat und es sich bei § 8c Absatz 1 Satz 1 KStG (schädlicher Beteiligungserwerb von mehr als 50 %) um eine ähnliche Regelung handele.

Die Finanzverwaltung wendet den Beschluss des BFH insoweit nicht über den entschiedenen Fall hinaus an. In Rechtsbehelfsverfahren betreffend Veranlagungs- bzw. Erhebungszeiträume, in denen nicht genutzte Verluste bzw. Fehlbeträge wegen eines nach dem 31. Dezember 2015 erfolgten schädlichen Beteiligungserwerbs von mehr als 50 % auf der Grundlage von § 8c Absatz 1 Satz 1 KStG bzw. § 8c Absatz 1 Satz 2 KStG a.F. als nicht abziehbar qualifiziert worden sind, auch dann keine Aussetzung bzw. Aufhebung der Vollziehung zu gewähren, wenn die Anwendung von § 8d KStG gemäß § 8d Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 KStG ausgeschlossen ist.

Aus Sicht der Finanzverwaltung bestünden unter anderem aufgrund des mit Wirkung vom 1. Januar 2016 eingeführten fortführungsgebundenen Verlustvortrags nach § 8d KStG bereits keine ernstlichen Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des § 8c Absatz 1 Satz 1 KStG bzw. § 8c Absatz 1 Satz 2 KStG a.F. (schädlicher Beteiligungserwerb von mehr als 50 %). Die Einschränkung des persönlichen Anwendungsbereichs in § 8d Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 KStG richte sich gegen die Möglichkeit zur missbräuchlichen Verlustnutzung (vgl. BT-Drucks. 18/10348 S. 1), lasse jedoch das grundlegende Regelungsanliegen des § 8d KStG, wonach für den Verlustabzug (zusätzlich) die Fortführung desselben Geschäftsbetriebs maßgeblich von Bedeutung ist, unberührt.

In Rechtsbehelfsverfahren betreffend Veranlagungs- bzw. Erhebungszeiträume, in denen nicht genutzte Verluste bzw. Fehlbeträge wegen eines vor dem 1. Januar 2016 erfolgten schädlichen Beteiligungserwerbs von mehr als 50 % auf Grundlage von § 8c (später: Absatz 1) Satz 2 KStG a.F. als nicht abziehbar qualifiziert worden sind, ist im Hinblick auf den Vorlagebeschluss des Finanzgerichts Hamburg vom 29. August 2017, 2 K 245/17 (Streitjahr 2008) auf Antrag Aussetzung bzw. Aufhebung der Vollziehung zu gewähren, wenn der Antragsteller ein besonderes berechtigtes Interesse an der Aussetzung bzw. Aufhebung der Vollziehung darlegt und glaubhaft macht, dem Vorrang vor dem öffentlichen Vollzugsinteresse einzuräumen ist. Im Rahmen der vorzunehmenden Interessenabwägung sei aufgrund der wesentlich höheren Erwerbsschwelle - entgegen der Auffassung des Bundesfinanzhofs - nicht davon auszugehen, dass es sich bei § 8c Absatz 1 Satz 1 KStG bzw. § 8c (später: Absatz 1) Satz 2 KStG a.F. (schädlicher Beteiligungserwerb von mehr als 50 %) um eine dem § 8c (später: Absatz 1) Satz 1 KStG a.F. (schädlicher Beteiligungserwerb von mehr als 25 % bis 50 %) ähnliche Normen handelt, infolgedessen dem Aussetzungsinteresse des Antragstellers der Vorrang vor dem öffentlichen Vollzugsinteresse einzuräumen wäre.

Fundstelle: BMF-Schreiben v. 20.11.2024 (BMF)

News-Kategorie: Finanzverwaltung