BFH: Neue Gesellschafter bei einer mittelbaren Änderung des Gesellschafterbestands einer grund-besitzenden Personengesellschaft
Mit Urteil vom 21.08.2024 (II R 16/22) hat der BFH entschieden, dass bei der Verlängerung einer Beteiligungskette durch Einfügen einer an der grundbesitzenden Personengesellschaft mittelbar beteiligten Personengesellschaft in die Gesellschafterstruktur, ohne dass sich die Gesellschafter geändert haben, kein neuer Gesellschafter der grundbesitzenden Personengesellschaft im Sinne von § 1 Abs. 2a Satz 1 GrEStG hinzugekommen ist.
An einer grundbesitzenden GmbH & Co. KG (Klägerin) war die X KG mittelbar zu 100 % über eine Beteiligung an einer weiteren KG beteiligt (mittelbare Beteiligung). An der X KG waren bis einschließlich 16.12.2015 AB und CB in Höhe von jeweils 20 %, EG in Höhe von 20 %, MG in Höhe von 30 % und TG in Höhe von 10 % beteiligt.
In 2015 schenkte EG ihren Söhnen MG und TG jeweils hälftig ihren Anteil an der X KG. Danach waren MG mit 40 % und TG mit 20 % an der X KG beteiligt. Taggleich wurde vereinbart, dass MG und TG ihre Anteile an der X KG in zwei italienische Kapitalgesellschaften (Y S.r.L und Z S.r.L.) einbringen. Außerdem brachten AB und CB ihre Anteile an der X KG in Höhe von jeweils 20 % in die kurz danach neu gegründete W KG ein. Kommanditisten der W KG mit einem Anteil in Höhe jeweils von 50 % waren AB und CB.
Das Finanzamt beurteilte die Umstrukturierung als grunderwerbsteuerpflichtig nach § 1 Abs. 2a GrEStG i.d.F. des Steueränderungsgesetzes 2015 vom 02.11.2015, gewährte aber aufgrund der nunmehr über die W KG vermittelten Beteiligungen von AB und CB an der X KG eine Steuerbefreiung gemäß § 6 Abs. 3 GrEStG in Höhe von 40 %.
Der BFH sah die dagegen gerichtete Klage als begründet an. Es seien nicht innerhalb von fünf Jahren mindestens 95 % der Anteile an der grundbesitzenden Klägerin unmittelbar oder mittelbar auf neue Gesellschafter übergegangen. Die W KG sei durch die Abtretung der Anteile der AB und der CB zwar in die Beteiligungskette eingefügt worden (Verlängerung der Beteiligungskette). Neue Gesellschafter seien bei der grundbesitzenden Klägerin jedoch nicht hinzugekommen, da durch die Personengesellschaften hindurchzuschauen ist. Gesellschafter der W KG waren AB und CB, die bereits vor der Abtretung ihrer Anteile an der Klägerin mittelbar beteiligt waren. Nach der Rechtsprechung des BFH werden mittelbare Änderungen im Gesellschafterbestand von den an einer Personengesellschaft beteiligten Personengesellschaften durch Multiplikation der Vomhundertsätze der Anteile am Gesellschaftsvermögen anteilig berücksichtigt. Nach dem eindeutigen Wortlaut von § 1 Abs. 2a Satz 2 GrEStG sind Personengesellschaften danach als transparent anzusehen. Bei mehrstöckigen Personengesellschaften sei auf allen Ebenen der beteiligten Personengesellschaften durchzuschauen und seien dortige Veränderungen der jeweiligen Beteiligungsverhältnisse in die Betrachtung miteinzubeziehen. Wird eine an der grundbesitzenden Personengesellschaft mittelbar beteiligte Personengesellschaft in die Gesellschafterstruktur eingefügt, ohne dass sich die Rechtsträger, an denen keine gesellschaftsrechtlichen Beteiligungen bestehen können, geändert haben, sei kein neuer Gesellschafter der grundbesitzenden Personengesellschaft hinzugekommen. Die neu zwischengeschaltete, mittelbar an der grundbesitzenden Personengesellschaft beteiligte Personengesellschaft stellt selbst keinen „neuen Gesellschafter“ im Sinne von § 1 Abs. 2a Satz 1 GrEStG dar. Dieser Grundsatz ist entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung (vgl. Gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder zur Anwendung des § 1 Abs. 2a GrEStG vom 10.05.2022, BStBl I 2022, 801, Beispiel unter 5.3.2).
Fundstelle: BFH-Urteil II R 16/22 v. 21.08.2024 (BFH)
News-Kategorie: Rechtsprechung
Veröffentlichungsdatum: 23.01.2025
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