Hintergrund
Nach der Veröffentlichung des EZB-Leitfadens zu Klima- und Umweltrisiken in Europa im Jahr 2020 haben sowohl die aufsichtsrechtliche Aufmerksamkeit als auch die Anforderungen zur Berücksichtigung dieser Risiken zugenommen, insbesondere durch den überarbeiteten EZB-Leitfaden zu internen Modellen (2024), die Änderungen der CRR III und CRD VI sowie die schrittweise Ausweitung der CSRD-Anwendung. Angesichts der beobachteten und prognostizierten wirtschaftlichen Verluste aufgrund von Umweltgefahren, wie beispielsweise den schweren Überschwemmungen und Stürmen in Deutschland, Italien, Frankreich, Spanien sowie Mittel- und Osteuropa allein im Jahr 2024, ist davon auszugehen, dass diese Aufmerksamkeit weiter anhalten wird.
Vor diesem Hintergrund haben wir eine Umfrage durchgeführt, um zu analysieren, wo Banken auf ihrem Weg zur Integration von Klima- und Umweltrisiken (Climate and Environmental Risks, CER) in ihre Risikoklassifizierung und in ihre Kreditrisikomodelle stehen. Der Fokus lag dabei auf Portfolien mit Großunternehmen, Wohnimmobilien (Residential Real Estate, RRE) und gewerblichen Immobilien (Commercial Real Estate, CRE).
Banken arbeiten an der Integration von CER in Kreditrisikomodelle
Viele Banken haben auf ihrem Weg erhebliche Fortschritte gemacht und verfolgen heute bereits bessere Ansätze als noch vor einigen Jahren. So zeigen die Umfrageergebnisse, dass 50 Prozent der bedeutenden Institute (Signifikant Instituts, SIs) bereits die aufsichtliche Erwartung 8.2 erfüllen, in der es um die Anpassung der Risikoklassifizierungsverfahren im Kreditrisikomanagement für das Großkundenportfolio geht. Weitere 30 Prozent planen bis Ende 2025 aufzuholen.
Aus der Selbsteinschätzung der Teilnehmer lassen sich auch noch weitere Trends ableiten. Es können Erkenntnisse zu Organisationsstrukturen sowie zu aktuellen und geplanten Ansätzen für CER in der Risikoklassifizierung, in der Ratingvergabe, in den IFRS9-Bestimmungen sowie im ökonomischen Kapital identifiziert werden.
Dr. Jürgen Ringschmidt
Partner, Financial Services, Head of Credit Risk Management & Validation
KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft
Nächste Schritte für Banken
Um Klima- und Umweltrisiken nachhaltig und erfolgreich in ihre Kreditrisikomodelle zu integrieren, sollten Banken einen strategischen und proaktiven Ansatz verfolgen. Ein solcher Ansatz erfordert die folgenden Schritte:
- Compliance-Lücken in Bezug auf die aufsichtsrechtlichen Erwartungen hinsichtlich interner Ratings, des ökonomischen Kapitals und der IFRS 9-Rückstellungen für Kreditausfälle identifizieren.
- Modellierungs- und Ratingteams mit dem notwendigen regulatorischen und technischen Fachwissen ausstatten, um Klima- und Umweltrisiken zu bewerten.
- Richtlinien und Verfahren für das Zuordnen von Ratings sowie für die Entwicklung, Überwachung und Validierung von Modellen überarbeiten und aktualisieren.
- Eine konsistente und integrierte Datenlandschaft aufbauen, die eine effiziente Einbindung von CER-Daten in die Kreditrisikomodelle ermöglicht.
- Einen klaren, von der Unternehmensführung unterstützten Aktionsplan aufstellen, um die aufsichtlichen Erwartungen zu erfüllen, Mängel zu beheben und eine abteilungsübergreifende Koordination zu gewährleisten.
Über die Umfrage
An der Umfrage haben von der EZB beaufsichtigte bedeutende Institute (SI), ausgewählte SI-äquivalente Institute sowie Anbieter von Ratinglösungen in Europa und anderen ausgewählten Ländern teilgenommen. Insgesamt gab es 47 Teilnehmer, darunter 30 bedeutende Institute. Die Antworten und Selbsteinschätzungen wurden hauptsächlich von den für die praktische Modellierung des Kreditrisikos in den Instituten verantwortlichen Stellen geliefert.
Im Whitepaper "Klima- und Umweltrisiken in Kreditrisikomodellen“, das Sie jetzt herunterladen können, werden die identifizierten Trends, die zugrundeliegenden Beobachtungen sowie die Implikationen und Aussichten für die Institute ausführlich erörtert.