Im Frühjahr hat das Wachstumschancengesetz neue Steuergesetze zur Konzernfinanzierung erlassen. Mitte August hat nun das Bundesministerium der Finanzen (BMF) als Entwurf eine Verwaltungsanweisung herausgegeben. 

Teils entstehen große Fragezeichen, teils sind ein paar erfreuliche Aspekte zu finden. Wir führen Sie kurz durch die wichtigsten Punkte.

Erfreuliche Klarstellungen

Klassischer Fall ist eine inländische Darlehensnehmerin. Erkennt die Finanzverwaltung die Schuldentragfähigkeit oder die betriebliche Notwendigkeit des Darlehens nicht an, droht der Zinsaufwand steuerlich nicht anerkannt zu werden. 

Das BMF stellt klar, dass Darlehen zur Finanzierung einer Gewinnausschüttung nicht grundsätzlich fremdunüblich sind. Auch Konzerngesellschaften mit Start-up-Charakter können grundsätzlich Fremdkapital erhalten. Zudem ist ein Darlehen nicht schon deswegen fremdunüblich, weil eine Anschlussfinanzierung benötigt wird.

Das Kernproblem: Gruppen- vs. Stand-Alone-Rating

Das BMF vertritt die Auffassung, dass das Stand-Alone-Rating ‒ also die Abschätzung der Kreditausfallwahrscheinlichkeit einer Konzerngesellschaft ‒ einer inländischen Darlehensnehmerin im Konzernverbund besser sein kann als das Gruppenrating. Diese Auffassung vertritt die Finanzverwaltung bereits vehement in vielen aktuell laufenden Betriebsprüfungen. Dabei wird von der Betriebsprüfung im ersten Schritt das Rating verwendet, das aus einem Ratingtool resultiert, beispielsweise anhand der Finanzkennzahlen der Darlehensnehmerin (vgl. auch unseren Newsletter vom Juni zur Abschätzung von Kreditausfallwahrscheinlichkeiten). In einem zweiten Schritt wird es mit dem Gruppenrating verglichen: Ist das Stand-Alone-Rating besser als das Gruppenrating, wird auf ersteres abgestellt. Ist das Stand-Alone-Rating schlechter als das Gruppenrating, wird das Stand-Alone-Rating oftmals pauschal auf das Gruppenrating angehoben. 

Diese Auffassung steht im Widerspruch zur etablierten Beratungspraxis, die auf Guidance von Standard&Poor’s (S&P) verweist. S&P stellt klar, dass Konzernunternehmen maximal das Gruppenrating genießen können, sofern sie nicht rechtlich besonders isoliert sind. Dies ignoriert die Betriebsprüfung.

Ist das Stand-Alone-Rating schlechter als das Gruppenrating, kann laut S&P durch die strategische Relevanz – im Steuerjargon „Konzernrückhalt“ – das Rating verbessert werden. Sofern es sich um keine Kerngesellschaft handelt oder das Stand-Alone-Rating dem Gruppenrating entspricht, maximal nur bis zu einen Notch unter dem Gruppenrating. 

Interessanterweise orientiert sich das BMF stark am Konzept von S&P, das fünf Ratingkategorien innerhalb eines Konzerns beschreibt, und nennt ebenfalls diese Kategorien und die Kriterien dafür. Allerdings wird nicht deutlich, ob die Deckelung des Ratings der Konzerngesellschaft durch das Gruppenrating gilt oder nicht.

Hier stellen sich viele Fragezeichen. Eine erhebliche Rechtsunsicherheit entsteht. Die Branche hofft auf Klarstellungen in der finalen Fassung des BMF-Schreibens.

Nur sehr wenig großväterliche Milde

Die neuen Steuergesetze gelten grundsätzlich ab dem Wirtschaftsjahr, das ab dem 1. Januar 2024 begann. 

Für vorher bestehende Darlehen, die in diesem Jahr auslaufen und nicht verlängert werden, sollen die neuen gesetzlichen Regeln nicht gelten – es soll also nur ein sehr begrenztes „Grandfathering“ gelten. Für Cash-Pools und Finanzierungsgesellschaften gilt kein Grandfathering. 

Sprechen Sie gerne mit uns

Unsere Kolleg:innen Marc Oliver Birmans und Svetlana Kuzmina des Center of Excellence for Financial Transactions der Global Transfer Pricing Services stehen Ihnen gerne zur Verfügung.

Quelle: KPMG Corporate Treasury News, Ausgabe 148, Oktober 2024
Autoren:
Marc Oliver Birmans, Partner, Tax, Global Transfer Pricing Services
Dr. Finn Martensen, Senior Manager, Tax, Global Transfer Pricing Services