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Als Erfolgsfaktoren im Projektmanagement gelten allgemein eine ausreichende Ressourcenausstattung, klar formulierte und vereinbarte Anforderungen, eindeutige Rollen und Zuständigkeiten sowie ein passgenaues Change Management.

Auch für Projekte, die an Hochschulen durchgeführt werden, sind dies wichtige Parameter. Zusätzlich gibt es jedoch mindestens drei weitere hochschulspezifische Faktoren, die entscheidend für den Projekterfolg sind: 

  • erstens die Beachtung des Prinzips der Partizipation, das die gesamte Hochschule über Hierarchien hinweg betrifft,
  •  zweitens das Verstehen der Referenzsysteme „Wissenschaft“ und „Wissenschaftsadministration“, das von zentraler Bedeutung für Projekte ist, die in einer Hochschulverwaltung durchgeführt werden,
  • drittens, und aus den ersten beiden genannten Faktoren resultierend, die Fähigkeit der Projektleitung, zwischen verschiedenen Interessen zu vermitteln um einen gangbaren Weg zu finden, der ein möglichst breites Commitment und Engagement erzeugt. 

Warum sind Erfolgsfaktoren für Projekte an Hochschulen verschieden von Projekten anderer Organisationsformen? 

Besondere Rahmenbedingungen

Begründet ist dies in den besonderen Rahmenbedingungen einer Hochschule. Die Aufgabe einer Universität besteht unter anderem in der Gewinnung wissenschaftlicher Erkenntnisse. Forschung, zumal Grundlagenforschung, ist per se ergebnisoffen. Das heißt, Kreativität, Innovation und Exploration münden nicht zwangsläufig in ein bezifferbares und verwertbares Ergebnis, sind aber gleichwohl unerlässlich für Fortschritt. Das Steuern und Messen des Erfolgs ist daher nicht unbedingt möglich – im Gegensatz etwa zu einem Industrieunternehmen, in dem die erfolgreiche Herstellung eines Produkts durchaus positiv beeinflusst und begünstigt werden kann.

Die Aufbauorganisation Universität besteht im Kern aus der Wissenschaft mit ihren Fakultäten und Fachbereichen auf der einen Seite und der Verwaltung, die eine dienstleistende Aufgabe für die Wissenschaft hat, auf der anderen Seite. Im Idealfall arbeiten beide Hand in Hand, auch wenn sie, bedingt durch unterschiedliche Aufgaben, verschiedene Prioritäten haben.  

Herausforderungen in der Zusammenarbeit von Wissenschaft und Verwaltung

Die Universitätsverwaltung soll optimale institutionelle Bedingungen für das Erfüllen der Aufgaben in Forschung, Lehre und Studium schaffen. Ihre Unterstützungsprozesse für Wissenschaft und Forschung folgen Werten wie Planbarkeit, Verlässlichkeit, Regulatorik und Gesetzestreue. Demgegenüber stehen die unverrückbaren und im Grundgesetz verankerten Werte der Autonomie und Freiheit auf Seiten der Wissenschaft.

Dieser überspitzt formulierte Dualismus löst sich gewinnbringend dort auf, wo die Verwaltung so gut aufgestellt ist, dass sie durch Effizienz, Serviceorientierung und Flexibilität die Bedarfe der Wissenschaft erfüllen kann, das heißt, möglichst viele Ressourcen zeitlicher, personaler und monetärer Natur für die Erfüllung ihrer Aufgaben zu gewinnen und zu halten. Konflikte entstehen, wenn administrative Einheiten aufgrund von Überlastung, mangelnder Standardisierung, veralteter Governance, unklarer Verantwortlichkeiten und nicht automatisierter Prozesse an ihre Grenzen kommen. Externe Faktoren, wie veränderte gesetzliche Rahmenbedingungen (beispielsweise OZG, eGovernment-Gesetz, §2b UStG) und Entwicklungen, die rasches Handeln erfordern (beispielsweise Ereignisse, die die Cyber Security betreffen, oder Anforderungen an Compliance) stellen zusätzliche Herausforderungen dar. 

Große Themenvielfalt, zahlreiche Stakeholderinteressen

Hier setzen viele Projekte, die wir bei einer Hochschulverwaltung durchgeführt haben, an. Sie nehmen die Modernisierung und Digitalisierung von administrativen Prozessen in den Blick. Denn es zeigt sich immer deutlicher: Je herausfordernder die äußeren Rahmenbedingungen für die Wissenschaft sind, desto wichtiger ist ein funktionierendes Management, das die Wissenschaft von administrativen Aufgaben entlastet.

In Zeiten sinkender Grundfinanzierung, steigender Relevanz von Drittmitteln, dem internationalen Wettbewerb um die besten Köpfe, und der Zunahme an administrativen Tätigkeiten steigt der Modernisierungsdruck spürbar. Die kontinuierlich wachsenden Anforderungen fordern die Organisation in ihrer Anpassungsfähigkeit heraus und bedingen, dass sich eine Kultur entwickelt, die schneller und flexibler agieren kann.

Die Fähigkeit, in kurzer Zeit adäquat und in hoher Qualität zu reagieren, gilt es für die Hochschulverwaltung oftmals noch zu erlangen. Darum drehen sich letztlich die meisten Modernisierungs- und Digitalisierungsprojekte. Bei diesen ist nicht nur die Themenvielfalt groß. Auch die Stakeholder sind zahlreich: Forschende, Lehrende, Studierende und solche, die es werden möchten, sowie Beschäftigte aus Fachbereichen und Verwaltungseinheiten, Hochschulleitung, Gremien, Interessensvertretungen, Ministerien und Drittmittelgeber.

So komplex das Gefüge aus Stakeholdern mit unterschiedlichen Interessen, Ansprüchen, Rechten und Bedarfen ist, so divers sind auch die individuellen Ziele, die die Akteure in ihren jeweiligen Funktionen verfolgen. Der Zugriff auf Ressourcen (Zeit, Personal, finanzielle Mittel) birgt naturgemäß Interessenskonflikte. Macht, Einfluss und Erfolg hängen nicht in erster Linie von monetären Faktoren ab. Entsprechend ausgeprägt ist der Grad an Mikropolitik in einer Hochschule. 

Herausforderungen beim Hochschulprojektmanagement

Was Hochschulen von anderen Organisationen abhebt, ist des Weiteren die Tatsache, dass sie Hybride aus Selbstverwaltung und Management sind: Gremien sind zu beteiligen, Partizipation ist gefordert. Das macht Entscheidungsprozesse diskussionsreich und mitunter auch langwierig und zäh.

In der komplexen Organisationsform Hochschule gibt es umfangreiche Herausforderungen an ein systematisches und nachhaltiges Projektmanagement: Sie liegen zum einen darin, in einem Spagat zwischen häufig abstrakten, dafür aber konsensfähigen Zielformulierungen und konkreten, realistischen, messbaren, aber meist kontroversen Zielen einen gangbaren Weg zu finden, der es erlaubt, Projekte gewinnbringend zu bearbeiten und erfolgreich abzuschließen.

Dabei darf nicht aus den Augen verloren werden, dass das übergeordnete Ziel von Projekten in verwaltenden Einheiten einer Hochschule letztlich in der Optimierung von Unterstützungsprozessen besteht, um Wissenschaft und Forschung bestmöglich aufzustellen. Das ist der gemeinsame Nenner, der die Akteur:innen in ihrem Handeln eint.

Ein erfolgreiches Projektmanagement erfordert also empathische Übersetzungsarbeit zwischen verschiedenen Referenzsystemen. Es gilt, die Denkweisen und das daraus resultierende Handeln von Wissenschaft und Verwaltung zu verstehen und anzuerkennen. Strukturen und Prozesse haben meist eine Geschichte, einen Grund und einen Zweck. Darauf aufbauend können Handlungsspielräume ermittelt werden, mit dem Ziel, eine Veränderung zum Besten der Hochschule herbeizuführen. 

Hochschulen als Orte der Diskussion und Partizipation

Unerlässlich in der Projektarbeit sind daher das Commitment der Hochschulleitung, ein passgenaues Stakeholdermanagement, eine projektbegleitende kontinuierliche und zielgruppenspezifische Kommunikation, sowie Formate, die Partizipation ermöglichen und fördern. Nicht zu vergessen ein durchdachtes und bedürfnisorientiertes Change Management. Denn die Organisationsstruktur einer Hochschule unterliegt nicht in gleichem Maße regelmäßiger organisatorischer Anpassung wie dies etwa in Industrieunternehmen der Fall ist. In diesen finden aufgrund notwendiger Anpassungen an sich verändernde Rahmenbedingungen eher turnusmäßige Reorganisationsprozesse statt.

Wer die skizzierten Spezifika von Hochschulen schlichtweg als Hemmnis für die erfolgreiche Bearbeitung von Projekten versteht, das es möglichst zu umschiffen gilt, irrt. Es gilt vielmehr wertzuschätzen, dass sich hier das zeigt, was Universitäten im Kern ausmacht: Es sind Orte der Diskussion, der Partizipation, der Perspektivenvielfalt, der Aushandlung, der kritischen Auseinandersetzung und der Erkenntnissuche.