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Die kürzlich verabschiedete EU-Verordnung über eine entwaldungsfreie Lieferkette – European Union (EU) Deforestation-free Regulation (EUDR), Verordnung (EU) 2023/1115 – markiert einen bedeutenden Schritt in globalen Bemühungen, die verheerenden Folgen der Entwaldung einzudämmen. Die von dem Europäischen Parlament und dem Rat angenommene Verordnung legt strenge Sorgfaltspflichten für Unternehmen fest, die bestimmte Rohstoffe und daraus hergestellte Produkte auf dem europäischen Markt in Verkehr bringen oder ausführen. Die Umsetzungsfrist hat bereits begonnen. 

Hintergrund

Im Verlauf der letzten drei Jahrzehnte wurde weltweit eine Fläche abgeholzt, die in ihrer Ausdehnung größer ist als die Europäische Union.1 Zudem ist die Land- und Forstwirtschaft für 23 Prozent der anthropogenen Treibhausgase im Zeitraum von 2007 bis 2016 verantwortlich.2 Angesichts dieser Fakten wurde die EU-Verordnung über eine entwaldungsfreie Lieferkette (EUDR) verabschiedet.

Sie ist nicht nur ein fundamentales Element des EU Green Deal, sondern auch integraler Bestandteil einer umfassenden Strategie zum Schutz der Wälder. Ihr übergeordnetes Ziel ist es, den verheerenden Einfluss von Entwaldung und Waldschäden einzudämmen, um somit die Emissionen von Treibhausgasen zu reduzieren und die erhaltenswerte biologische Vielfalt zu bewahren.

Konkret fokussiert sich die EUDR darauf, die Ausdehnung landwirtschaftlicher Flächen zu beschränken, die zur Produktion von Rohstoffen wie Rinder, Kakao, Kaffee, Ölpalme, Kautschuk, Soja und Holzgenutzt werden. Die Liste der betroffenen Rohstoffe wird regelmäßig aktualisiert, um sich ändernde Entwaldungsmuster zu berücksichtigen.

Die Pflichten dieser Verordnung sind spätestens 18 Monate nach Inkrafttreten umzusetzen.

Die EUDR im Detail

Die Verordnung betrifft

  • Marktteilnehmer (natürliche und juristische Personen), die relevante Erzeugnisse in der EU gewerblich verkaufen oder aus der EU ausführen, und
  • Händler, die diese Erzeugnisse in der Lieferkette bereitstellen.


Die Anwendung der Pflichten ist unabhängig von Rechtsform und Größe der Personen.

Für KMU und Kleinstunternehmen gelten beschränkte Pflichten und längere Umsetzungsfristen.

Die Verordnung verbietet den Handel und die Vermarktung von Rohstoffen und Produkten wie Rinder, Kakao, Kaffee, Ölpalme, Kautschuk, Soja und Holz in der EU, es sei denn, sie erfüllen folgende Bedingungen:

  • Entwaldungsfreiheit seit 2020
  • Einhaltung der Rechtsvorschriften des Ursprungslandes
  • Vorliegen einer Sorgfaltserklärung

Die Umsetzung erfolgt durch die Erfüllung von drei aufeinander aufbauenden Schritten: 

1. Informationsanforderungen

Unternehmen müssen detaillierte Angaben zu den Rohstoffen, Mengen, Ursprungsländern und Lieferanten bereitstellen. Eine Geolokalisierung der Anbaugebiete sowie Nachweise zur Entwaldungsfreiheit und Einhaltung von Rechtsvorschriften sind unerlässlich.

2. Risikobewertung

In einer umfassenden Risikobewertung sind eine Reihe von Kriterien wie Herkunftsland, Waldbestände, indigene Gemeinschaften, Entwaldungsverbreitung und mehr zu berücksichtigen. Auch Komplexitäten der Lieferkette und Verarbeitung spielen eine Rolle.

3. Risikominderungsmaßnahmen

Unternehmen müssen angemessene Strategien, Kontrollen und Verfahren entwickeln, um das Risiko von Nichtkonformität zu verringern. Die dokumentierte jährliche Überprüfung gewährleistet die Anpassung an neue Entwicklungen.

Zusätzlich unterliegen Unternehmen einer Berichtspflicht. Die Regelungen zur Konformität müssen jährlich überprüft und aktualisiert werden. Unternehmen, die nicht als KMUs eingestuft werden, sind verpflichtet, öffentlich über ihre Sorgfaltspflichtregelungen, inkl. Risikobewertungen und ergriffenen Maßnahmen zu berichten. Alle relevanten Unterlagen müssen für einen Zeitraum von fünf Jahren aufbewahrt und bei Bedarf den Behörden vorgelegt werden.

Trotz des Geltungsbeginns Ende Dezember 2024 müssen Unternehmen rückwirkend bis zum 31. Dezember 2020 Nachweise für die Entwaldungsfreiheit ihrer Rohstoffe erbringen. 

Sanktionen

Die Verordnung sieht klare Sanktionen für Verstöße vor, darunter Gewinnabschöpfung und Bußgelder von bis zu 4 % des Jahresumsatzes. Auch die Beschlagnahme der daraus hergestellten Erzeugnisse und der damit erzielten Einnahmen sowie ein vorübergehendes Verbot der Einfuhr von Rohstoffen in die EU sind möglich. Darüber hinaus kann das Unternehmen bei Verstößen vorübergehend von der Vergabe öffentlicher Aufträge ausgeschlossen werden.

Herausforderungen

Mit den neuen Vorschriften stehen Unternehmen vor vielfältigen Herausforderungen.

  • Das Beschaffen von Rohstoffen könnte aufgrund der gestiegenen Anforderungen an Lieferanten komplexer und aufwendiger werden.
  • Die Kostenstruktur und die Margen von Endprodukten könnten durch die gesteigerte Stock-Keeping-Unit-Komplexität undurchsichtiger werden.
  • Unternehmen sind gefordert, anpassungsfähige Pläne und Sorgfaltspflichtverfahren zu entwickeln, um Produkte und Rohstoffe mit starker Umweltauswirkung zu identifizieren und sich den regelmäßigen Vorschriftenänderungen anzupassen.
  • Es ist unerlässlich, die Lieferantenbasis zu überprüfen und den Lieferantenverhaltenskodex zu überarbeiten, um Unternehmensrichtlinien den Auswirkungen der neuen Verordnung anzupassen. Schlüsseltechnologien wie Satellitenbildern und die Auswahl geeigneter Partner sind grundlegend für eine faktenbasierte Rückverfolgbarkeit.
  • Lieferanten-Audits gewinnen an Bedeutung. Dies umfasst auch den Einsatz von Satellitenbildern zur Nachweisführung bei mehreren Lieferanten oder verstreuten Produktionsstandorten.

Unsere Lösung für Sie

Die Teams von KPMG im Bereich Nachhaltigkeit, Beschaffung & Lieferkette sowie Risiko & Regulierung stehen Ihnen zur Seite, um die Herausforderungen der EUDR zu bewältigen. Unsere Fachleute unterstützen Sie dabei, potenzielle Auswirkungen zu verstehen und sich vorzubereiten. Gemeinsam erarbeiten wir maßgeschneiderte Strategien und Roadmaps, um gezielte Maßnahmen zu ergreifen, Partner zu identifizieren und Technologien einzusetzen, um die Transparenz und Rückverfolgbarkeit Ihrer Unternehmensgüter zu erhöhen.

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1  ca9825en.pdf (fao.org)

SPM_Updated-Jan20.pdf (ipcc.ch)