Highlights:

  • Seit Anfang 2023 haben Unternehmen die Möglichkeit, im Zusammenhang mit einem wirksamen Tax Compliance Management-System (Tax CMS) Erleichterungen in der steuerlichen Außenprüfung zu erhalten.
  • Mit zunehmend erhöhten Anforderungen an die steuerliche Compliance nimmt die Bedeutung eines wirksamen Tax CMS weiter zu. 
  • Unternehmen sollten jetzt ihren Handlungsbedarf definieren.

Mit Beginn des Jahres 2023 hat auch der deutsche Gesetzgeber erstmals Möglichkeiten zur Erleichte-rung in der steuerlichen Außenprüfung im Zusammenhang mit Tax Compliance Management-Systemen geschaffen. Entsprechende Regelungen sind mit dem Gesetz zur Umsetzung der DAC 7-Richtlinie und zur Modernisierung des Steuerverfahrensrechts in Kraft getreten. Im Vordergrund steht laut Gesetzesbegründung eine kooperative Tax Compliance, also die Kooperation zwischen Finanzverwaltung und Unternehmen. Resultiert hieraus für Unternehmen die faktische Verpflichtung zur Einführung eines steuerlichen Compliance Management-Systems?

Zunehmend erhöhte Anforderungen an die steuerliche Compliance-Organisation von Unternehmen

Infolge des in 2016 ergangenen Anwendungserlasses des Bundesfinanzministeriums zu § 153 AO und dem in diesem Kontext in 2017 veröffentlichten IDW-Praxishinweis 1/2016zur Ausgestaltung steuerlicher Compliance Management-Systeme haben bereits zahlreiche Unternehmen Tax-CMS-Maßnahmen entwickelt und umgesetzt. 

Während Betriebsprüfungen vermehrt Anfragen zu steuerlichen Compliance-Management-Systemen stellen und Strafgerichte einem eingerichteten und wirksamen Tax CMS strafmildernde Wirkung beimessen, unternimmt nun auch der deutsche Gesetzgeber wesentliche Schritte zur Ausweitung der kooperativen Tax Compliance. 

Ferner wirken sich auch außerhalb der steuerlichen Gesetzgebung getroffene Maßnahmen, beispielsweise die im Zuge der Wirecard-Gesetzgebung eingeführte Verpflichtung zur Einführung eines angemessenen und wirksamen internen Kontroll- und Risikomanagementsystems (§ 91 Abs. 3 AktG), auf die Einführung von und die Sensibilisierung für (steuerliche) Compliance Management-Systeme aus. Leitungs- und Aufsichtsorgane stellen infolgedessen zunehmend höhere Anforderungen an die steuerliche Compliance-Organisation ihres Unternehmens.

Finanzverwaltung schafft weitere Möglichkeit, um steuerliche Kontrollsysteme zu zertifizieren

Während die Rechtsprechung stets auf das Tax Compliance Management-System als Ganzes abstellt, hat die Finanzverwaltung dem Vorhandensein eines solchen bislang nur Indizwirkung zur Entkräftung von Vorsatz oder Leichtfertigkeit beigemessen  - bei gleichzeitiger Prüfung des steuerlichen Einzelfalls.

Zur Absicherung der eingeführten Tax CMS-Maßnahmen haben sich eine Vielzahl von Unternehmen Zertifizierungen im Rahmen von Angemessenheits- und Wirksamkeitsprüfungen nach IDW PS 980 durch Wirtschaftsprüfungsgesellschaften unterzogen.

Die nunmehr eingeführte Neuregelung zur Erprobung alternativer Prüfungsmethoden ermöglicht es den Finanzbehörden, Beschränkungen von Art und Umfang der Ermittlungen für die nächste Außenprüfung verbindlich zuzusagen. Voraussetzung für die Erlangung von Prüfungserleichterungen ist eine Überprüfung der Wirksamkeit des vom Steuerpflichtigen eingesetzten „Steuerkontrollsystems“ (Tax CMS) durch die Finanzverwaltung. 

Steuerpflichtige, die künftig von ihrem freiwilligen Antragsrecht Gebrauch machen und im Gegenzug entsprechende Prüfungserleichterungen erhalten, müssen Veränderungen ihres steuerlichen Kontrollsystems dokumentieren und unverzüglich gegenüber der Finanzverwaltung melden sowie steuerliche Risiken laufend abbilden. 

Die Finanzverwaltung schafft damit eine neue, zusätzliche Form der Zertifizierung für steuerliche Compliance Management-Systeme. Art und Umfang der Meldepflichten sowie damit einhergehende Praxis-probleme bleiben abzuwarten. Offen ist derzeit auch, welche Kriterien die Finanzverwaltung bei der Wirksamkeitsprüfung anwenden wird.

Bedeutung von Tax Compliance Management-Systemen nimmt weiter zu

Die Anforderungen an die steuerliche Compliance-Organisation von Unternehmen steigen damit weiter. Künftig wird sich der Fokus insbesondere auf den operativen Regelbetrieb und die damit einhergehenden Dokumentationspflichten richten. Eine revisionssichere Inventarisierung und Dokumentation des steuerlichen Kontrollsystems wird viele Unternehmen vor neue Herausforderungen stellen, die insbesondere bei größeren Unternehmen ohne technologische Unterstützung in der Regel nicht gemeistert werden können.

Unternehmen, die ihr Tax CMS bislang noch nicht oder nicht vollständig in den Regelbetrieb überführt haben, sollten zeitnah ihren Handlungsbedarf ermitteln und etwaige Lücken schließen.

 

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