Eine erfolgreiche Energiewende beruht auf dem Ausbau von Netzen, die selbst auch klimaneutral betrieben werden. In einem gemeinsam mit Netzbetreibern erstellten Whitepaper wird erläutert, wie dieser Sektor seine Treibhausgasemissionen bilanzieren und reduzieren kann.
Zur Begrenzung der Klimaerwärmung strebt Deutschland an, seine CO2-Emissionen bis zum Jahr 2030 um 65 Prozent im Vergleich zu 1990 zu verringern und bis 2045 Klimaneutralität zu erreichen. Hierbei kommt der Energiewirtschaft eine bedeutende Rolle zu.
Entscheidend für den Erfolg der Energiewende ist der Ausbau von stabilen Strom- und Gasnetzen, die zugleich selbst klimaneutral betrieben werden. Das bedeutet, die Verteilnetzbetreiber haben eine Doppelrolle inne: Einerseits sind sie Unternehmen mit eigenem CO2-Fußabdruck und andererseits haben sie den Auftrag, die Infrastruktur zu schaffen und zu betreiben, die für die Energiewende mittels dezentraler, regenerativer Energieerzeugung notwendig ist.
Bilanzierung der Emissionen wird immer wichtiger
Vor diesem Hintergrund verlangen der Gesetzgeber und die ausschreibenden Kommunen, aber auch Investor:innen und Netzkund:innen sowie die breite Öffentlichkeit Informationen über die Treibhausgas (THG)-Emissionen der Netzbetreiber. Auch für die Unternehmen selbst sind diese Daten relevant, um mit Blick auf die Unternehmens- bzw. Risikosteuerung passende Maßnahmen zur THG-Reduktion einleiten zu können.
Die sachgerechte und verifizierbare Bilanzierung der THG-Emissionen sowie deren Reduzierung werden für Verteilnetzbetreiber in den kommenden Jahren somit deutlich an Bedeutung gewinnen.
Gemeinsam mit den Unternehmen Netze BW, Netzgesellschaft Düsseldorf, ED Netze, Netze-Gesellschaft Südwest, Stuttgart Netze, Netze ODR, NHF Netzgesellschaft Heilbronn-Franken und dem tschechischen Netzbetreiber PREdistribuce haben wir eine Empfehlung zur THG-Bilanzierung von Verteilnetzbetreibern erarbeitet. Diese erläutern wir im gemeinsamen Whitepaper „Klimaneutralität in Verteilnetzen“.
Grundlage: das Greenhouse Gas Protocol
Mit dem Greenhouse Gas Protocol (GHGP) steht ein weltweit anerkanntes Verfahren zur Verfügung, das bereits seit 1997 existiert. Im Whitepaper wird beschrieben, wie sich das GHGP für die Umsetzung im Netzbetrieb auslegen lässt. KPMG als Mitwirkende an den GHGP-Standards hat hierbei seine Expertise eingebracht und die Diskussionen begleitet.
Das GHGP unterteilt für die Bilanzierung die THG-Emissionen bzw. die Emissionsquellen in drei Gruppen: direkte Emissionen (Scope 1), indirekte Emissionen (Scope 2) sowie vor- und nachgelagerte Emissionen aus der Wertschöpfungskette (Scope 3). Für jeden der drei Scopes definiert das GHGP verschiedene Emissionskategorien. Diese wurden an die Spezifika von Verteilnetzbetreibern angepasst, um zu einer Standardbilanz für diese Unternehmen zu kommen. Das Whitepaper geht in Kapitel 4 ausführlich auf die Scopes und die Emissionskategorien ein.
Die THG-Bilanz eines Verteilnetzbetreibers sollte mindestens die vom Unternehmen direkt beeinflussbaren Emissionen (Scope 1 und Scope 2) umfassen. Hier sind bereits teils sehr komplexe, aufwendige Analysen und Erhebungen durchzuführen. Noch anspruchsvoller ist die Bilanzierung von Scope-3-Emissionen.
Weitere Vorgaben ergeben sich aus bestehenden internationalen und nationalen Standards, deren Besonderheiten auf den Verteilnetzbetrieb zu übertragen sind. Neben dem Rechtsrahmen ist außerdem der Regulierungsrahmen zu berücksichtigen und in der Bilanzierung abzubilden.
Orientierungshilfe für Verteilnetzbetreiber
Die Erstellung einer THG-Bilanz ist kein Selbstzweck, sondern dient dazu, die Emissionen systematisch zu erfassen, um sie strukturiert reduzieren zu können. Im Whitepaper ist deshalb eine Übersicht über das Reduktionspotenzial von verschiedenen Maßnahmen im Tätigkeitsbereich eines Verteilnetzbetreibers zu finden.
Die Publikation kann und soll anderen Verteilnetzbetreibern als Blaupause dienen, sowohl für den Erstellungsprozess einer THG-Bilanz als auch für die zu berücksichtigenden Emissionsquellen.
Darüber hinaus gibt die Publikation Empfehlungen für sinnvolle - teils dringend notwendige - Anpassungen im europäischen und nationalen Rechtsrahmen, um bislang bestehende rechtliche Hemmnisse oder sogar Barrieren für die THG-Reduktion bei Verteilnetzbetreibern aufzulösen.
Michael Salcher
Regionalvorstand Ost, Head of Energy & Natural Resources
KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft
Gerd Krause
Partner, Audit, Sustainability Reporting & Governance
KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft