US-amerikanische Konzerne schätzen grundsätzlich nach wie vor den Wirtschaftsstandort Deutschland, planen aber weniger Investitionen hierzulande. Das zeigt unsere aktuelle Umfrage von 100 CFOs der größten deutschen Tochtergesellschaften von US-Unternehmen.
Fundamentale Standortfaktoren werden sehr positiv bewertet
Insbesondere die öffentliche Sicherheit (83 Prozent), die politische Stabilität und der hohe Lebensstandard (je 81 Prozent) werden von den US-Investor:innen als sehr positive Standortfaktoren Deutschlands wahrgenommen. Auch die hohe Arbeitsproduktivität in Deutschland wird geschätzt. Insgesamt wird Deutschland in 10 der 16 erhobenen Standortfaktoren von mindestens 40 Prozent der Befragten jeweils wenigstens zu den Top 5 der EU-Länder gezählt.
Die Verfügbarkeit von qualifizierten Fachkräften hat sich hierzulande aus Sicht der US-Investor:innen deutlich verbessert: 37 Prozent sehen Deutschland bei diesem Faktor unter den Top 5 in der EU, gegenüber 26 Prozent in der Befragung vor zwei Jahren.
Die Bewertung des Forschungsstandorts ist weiterhin gut: Für 50 Prozent zählt Deutschland zu den fünf besten Forschungsstandorten in der EU. Allerdings war der Wert in unserer Umfrage vor zwei Jahren mit 61 Prozent deutlich höher.
Andreas Glunz
Bereichsvorstand International Business
KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft
Digitale Infrastruktur erhält schlechte Noten
Schwächen, die bereits in der vorherigen Studie vor zwei Jahren benannt wurden, liegen weiterhin auf schwierigem Niveau (Steuersystem, logistische Infrastruktur). Deutliche Kritik üben die Befragten an Deutschlands digitaler Infrastruktur: 36 Prozent bewerten diese als die schlechteste oder einer der fünf schlechtesten in der EU. Nur 13 Prozent bescheinigen der digitalen Infrastruktur eine fortschrittlich-überzeugende Qualität.
Zudem wird Deutschland bei zahlreichen Standortfaktoren, die für die zukünftige Wertschöpfung maßgeblich sind, zwar noch als Teil der europäischen Spitzengruppe angesehen, büßt aber substanziell an Wertschätzung ein. Dies betrifft etwa die Beurteilung der Faktoren Prozessautomatisierung und innovationsförderndes Umfeld.
In der Folge fahren US-Unternehmen ihre Investitionen in Deutschland deutlich zurück. Nur noch 18 Prozent der US-Investor:innen wollen in den kommenden fünf Jahren mindestens zehn Millionen Euro pro Jahr in Deutschland investieren. In der Befragung 2019 waren es noch 24 Prozent, vor vier Jahren sogar noch 47 Prozent.
„US-Konzerne wollen in Deutschland deutlich weniger investieren. Das ist überraschend, denn die aktuellen Megatrends wie Digitalisierung und Umweltschutz bieten große Wachstumspotenziale. Gerade in diesen Bereichen versprechen Innovationen ‚made in Germany‘ Erfolg.“
Die Lage der US-Konzerne in Deutschland ist gut, und das dürfte auf absehbare Zeit auch so bleiben: Aktuell bezeichnen 73 Prozent der deutschen US-Tochtergesellschaften ihre wirtschaftliche Situation in Deutschland als mindestens gut. 30 Prozent benennen diese sogar als sehr gut. Auch die Zukunftsperspektive zeugt von starkem Optimismus: 59 Prozent der befragten CFOs erwarten für 2022 eine weitere Verbesserung. Bezogen auf eine Fünf-Jahres-Perspektive steigt der Anteil auf 72 Prozent – ein deutliches Zeichen für das langfristig ausgerichtete Engagement von US-Konzernen in Deutschland.
Über die Studie
Die Ergebnisse in „US-Business in Germany 2022“ beruhen auf 100 Interviews mit CFOs der größten deutschen Tochtergesellschaften von US-Konzernen. Sie sind Teil der insgesamt 360 Interviews, die das Meinungsforschungsinstitut KANTAR in unserem Auftrag zwischen Mitte Juni und Mitte August 2021 mit CFOs der größten deutschen Tochtergesellschaften internationaler Konzerne aus den wichtigsten Investorenländern geführt hat.
Die Gesamtergebnisse haben wir in der Studie „Business Destination Germany 2022“ veröffentlicht. US-Konzerne sind darin am stärksten repräsentiert, da die USA bei den Direktinvestitionen in Deutschland an erster Stelle stehen. Daher haben wir die Ergebnisse aus den Interviews mit US-Investor:innen separat zusammengefasst.