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OZG-Entwicklungsrückstände spürbar in der Covid-19-Pandemie

Der gravierende Entwicklungsrückstand bei den digitalen Zugangswegen zu Leistungen der öffentlichen Verwaltung wurde für viele mit der Covid-19-Pandemie spürbar. Plötzlich waren Behördengänge aufgrund des hohen Infektionsrisikos versperrt und fehlende digitale Zugangswege rückten damit in den Fokus der Öffentlichkeit. Die Notwendigkeit einer nutzerfreundlichen digitalen, barrierefreien sowie medienbruchfreien Verwaltung, die auch in Krisenzeiten die Erbringung staatlicher Leistungen sicherstellt und den Bürgern eine zufriedenstellende Inanspruchnahme von Verwaltungsleistungen ermöglicht, wurde umso deutlicher. 

Zwar hat die Covid-19-Pandemie in vielen Fällen als Digitalisierungstreiber gewirkt und entsprechende Impulse gesetzt. Aber auch drei Jahre nach Inkrafttreten des Onlinezugangsgesetzes (OZG), ehrgeizigem politischen Willen und zusätzlichen bereitgestellten Mitteln in Höhe von 3 Milliarden Euro im Rahmen des Corona-Konjunkturpakets für die beschleunigte OZG-Umsetzung, fällt die aktuelle Bilanz trotzdem ernüchternd aus: Im Durchschnitt sind bundesweit nur 2,5 von 10 Leistungen in den Kommunen vollständig digitalisiert (Deutschland-Index der Digitalisierung 2021, S. 45). Obwohl sie bereits an die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit gestoßen sind, müssen nun vor allem die Kommunen in den kommenden Monaten große Anstrengungen unternehmen.

Ziel des OZG ist es, dass alle OZG-Verwaltungsdienste bis Ende 2022 den Reifegrad 3 erreichen, ab welchem die Beantragung der Verwaltungsleistung inklusive aller Nachweise online abgewickelt werden kann. Erst mit Reifegrad 4 wird das Once-Only-Prinzip erfüllt sein, wonach Daten und Nachweise aus Verwaltungsregistern abgerufen werden können. Der Reifegrad 4 kann jedoch erst mit der bundesweiten Umsetzung des Registermodernisierungsgesetzes erreicht werden, Teile des Gesetzes sind am 7. April 2021 in Kraft getreten. Derzeit sind etwa mehr als die Hälfte aller OZG-Leistungen mit mindestens einer zugehörigen Verwaltungsleistung online verfügbar (Reifegrad 2). Aber nur bei einem Viertel der online verfügbaren OZG-Leistungen kann die Online-Leistung inklusive aller Nachweise vollständig digital abgewickelt werden (Reifegrad 3) (OZG-Umsetzungskatalog vom 13.08.2021).

Den Kommunen kommt nun eine zentrale Rolle zu

Ob das Ziel einer flächendeckend digitalisierten Verwaltung bis Ende 2022 erreicht und der digitale Entwicklungsrückstand in deutschen Behörden zügig aufgeholt werden kann, hängt in den letzten Phasen der OZG-Umsetzung maßgeblich von den Kommunen ab. Von den 575 zu digitalisierenden Verwaltungsleistungen fallen 460 Leistungen in den Zuständigkeitsbereich der Länder und Kommunen. Dabei tragen die Kommunen die größte Last. Immerhin entfallen 80 Prozent der digitalen Verwaltungskontakte auf die Kommunen (Deutschland-Index der Digitalisierung 2021, S. 33).

Welche besonderen Herausforderungen bestehen für Kommunen?

Veraltete IT-Strategien, fehlendes Serviceportfoliomanagement und zu wenig Kapazität für das Management der IT-Anwendungslandschaft in den Kommunen sind wesentliche Gründe für die Herausforderungen der Kommunen bei der Umsetzung des OZG und grundsätzlich bei der Digitalisierung.

Die Kommunen sind unter anderem für die Anbindung der Fachverfahren und für die interne Bearbeitung eingehender Anträge und Aufgaben zuständig. In vielen Kommunen herrscht dabei insbesondere bei der Umsetzung der Fachverfahrensanbindung, der Backend-Integration  dem Aufbau durchgängiger digitaler Prozesse und der Anpassung der verwaltungsinternen Strukturen große Unsicherheit, während gleichzeitig ein großer Mangel an IT-Fachkräften existiert, die für die Umsetzung des OZG benötigt werden (KPMG berichtete).

Die Interoperabilität der kommunalen Portale, also inwieweit die IT-Infrastrukturen für OZG-Dienste auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene miteinander verknüpft werden können, sind ein entscheidendes Kriterium für den Umsetzungserfolg. Die Anbindung der kommunalen Portale mit ihren Komponenten, wie zum Beispiel dem Benutzerkonto, an die Online-Portale des Bundes und der Länder hat sich jedoch aufgrund fehlender Schnittstellen als große Schwierigkeit erwiesen. Fehlende Schnittstellen stellen auch eine Hürde für die technisch reibungslose Erfüllung des Einer-für-Alle/Viele-Prinzips dar, wonach die Kommunen über standardisierte Schnittstellen an bereits entwickelte digitale Lösungen von Land und Bund mit ihren jeweiligen Fachverfahren anknüpfen können und diese somit nicht erneut selbst entwickeln müssen. So müssen Online-Dienste von EfA-Lösungen mangels standardisierter Schnittstellen, die eine Anbindung an die kommunalen Fachverfahren und Basiskomponenten ermöglichen würden, teilweise individuell implementiert werden.
Die Onlineportale des Bundes, der Länder und der Kommunen müssen daher offene Schnittstellen besitzen und interoperabel miteinander agieren können. Bestehende XÖV-Standards, welche den elektronischen interkommunalen Datenaustausch ermöglichen, können für die Anbindung der OZG-Dienste an die Fachverfahren genutzt werden.

Bestehende isolierte Einzellösungen resultieren nicht zuletzt aus dem Umstand, dass derzeit bundesweit viele unterschiedliche Akteure (Bund, Länder, Kommunen, politische Gremien, IT-Dienstleister, privatwirtschaftliche Akteure...) in vielen nicht ausreichend miteinander vernetzten Projekten an der OZG-Umsetzung arbeiten, deren Ergebnis eine zu differenzierte IT-Gesamtarchitektur sein dürfte. Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken und die Bemühungen der Kommunen überhaupt erst fruchtbar zu machen, ist ein stärkeres ebenen übergreifendes Programmmanagement erforderlich.

Darüber hinaus ist die anfängliche stärkere Fokussierung des OZG auf Online-Dienste und Frontend-fixierte Lösungsansätze für eine moderne digitale Verwaltung zudem zu kurzsichtig. Der Verwaltungsprozess muss ganzheitlich betrachtet werden, das heißt vom Antrag, den der Bürger von zu Hause stellt bis zur Genehmigung in der Verwaltung. Erst wenn auch Backend-Lösungen implementiert sind, können Verwaltungsprozesse effizienter gestaltet und Nutzen für die Mitarbeitenden in den Kommunen generiert werden. Dies führt zu neuen Fragestellungen, nämlich wie verwaltungsinterne Strukturen und Prozesse angepasst und optimiert werden können. 

Das OZG Transformation-Framework von KPMG bietet Lösungsansätze

Zur erfolgreichen Umsetzung der OZG-Anforderungen auf Bundes-, Landes u. Kommunalebene und der Begleitung über die Einführung hinaus liefert das von KPMG eigens entwickelte OZG Transformation-Framework mit spezifischen Leistungsbausteinen ein vollumfängliches Paket (s. Abb. 1). Die Leistungsbausteine beinhalten spezifische Einzelleistungen und können je nach Bedarf, einzeln genutzt oder beliebig kombiniert werden. Insbesondere Länder, Kommunen oder IT-Dienstleister können damit über den gesamten OZG-Umsetzungszyklus unterstützt werden, von der Projektinitiierung und Strategieentwicklung bis zur Lösungsimplementierung digitaler Verwaltungsleistungen. 

KPMG OZG

Mit unserem Leistungsbaustein Digital Transformation & OZG Public Sector Assessment kann in einem ersten Schritt der digitale Reifegrad Ihrer Organisation, sowohl auf fachlicher als auch auf technischer Ebene, ermittelt und bewertet werden. Hieraus können Handlungsempfehlungen abgeleitet und weitergehende Maßnahmen geplant werden. 

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Mitautoren des Beitrags sind Gerhard Rempp, Senior Manager, Consulting, Public Sector, KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft und Dominika Zedler, Managerin, Consulting, Public Sector, KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft.

Quellen

Deutschland-Index der Digitalisierung 2021
Zuletzt aufgerufen am 31.08.2021.

DESI 2020
Zuletzt aufgerufen am 31.08.2021.